Handyman Jack 01 - Die Gruft
Klimaanlage, ohne Fliegen und ohne Zigarettenqualm. An den Tischen in der Nähe sah er niemanden, der seinem Bild von Kolabati entsprach. Jeder hier wirkte vermögend und lässig. Er fühlte sich völlig deplatziert. Dies war nicht seine Welt. Er hatte das Gefühl, jeder starre ihn an. Vielleicht war es doch keine gute Idee gewesen …
»Einen Tisch, der Herr?«
Ein Hotelmanager in mittleren Jahren stand neben ihm und sah ihn erwartungsvoll an. Er hatte einen französischen Akzent, in dem aber vielleicht noch ein Fünkchen Brooklyn mitschwang.
»Ich glaube, ja. Ich bin mir nicht sicher. Ich bin mit jemandem verabredet. Sie trägt ein weißes Kleid und …«
Der Mann nickte. »Sie wartet bereits! Kommen Sie!«
Jack folgte ihm in den hinteren Teil und fragte sich, wie der Mann sich so sicher sein konnte, dass sie beide von der gleichen Frau sprachen. Sie kamen an einer Reihe von Nischen vorbei, in der immer ein Sofa und Sessel um einen Cocktailtisch gruppiert waren, so wie eine Ansammlung kleiner Wohnzimmer. An den Wänden hingen Bilder und trugen zu der warmen, heimeligen Atmosphäre bei. Sie bogen in einen Nebengang ab und waren schon fast am Ende angelangt, als Jack sie sah.
Und da wusste er, warum der Manager keinen Moment gezögert hatte, warum es keinen Zweifel geben konnte. Dies war die Frau-in-dem-weißen-Kleid. Sie hätte genauso gut die einzige Frau im ganzen Hotel sein können.
Sie saß allein auf einem Diwan an der rückwärtigen Seite. Sie hatte die Schuhe ausgezogen und die Füße auf das Sofa gelegt, als säße sie zu Hause und lausche der Musik. Klassischer Musik oder vielleicht einem Raga. Sie hielt ein halb gefülltes Weinglas in der Hand, in dem eine hellrote Flüssigkeit kreiste. Es gab eine starke Familienähnlichkeit zu Kusum, aber Kolabati war deutlich jünger, vielleicht Ende zwanzig. Sie hatte strahlende dunkle Mandelaugen, breite Wangenknochen, eine elegante Nase mit einer kleinen Einbuchtung im linken Nasenflügel, wo sie vielleicht durchstochen war, um einen Edelstein zu tragen, und fehlerlos glatte mokkabraune Haut. Ihr Haar war ebenfalls dunkel, fast schon schwarz und mit einem Mittelscheitel geteilt. Es wellte sich um ihre Ohren und am Nackenansatz. Eine altmodische Frisur, aber merkwürdigerweise für sie genau das Richtige. Sie hatte volle, leuchtend rot geschminkte Lippen. Und alles Dunkle an ihr schien noch dunkler durch den Kontrast zum Weiß ihres Kleides.
Die Halskette war dann noch das i-Tüpfelchen. Hätte Jack den geringsten Zweifel an ihrer Identität gehabt, wäre der durch die silbrige Eisenkette mit den beiden gelben Steinen sofort zerstreut worden.
Sie streckte ihm die Hand entgegen, ohne sich von der Couch zu erheben. »Es freut mich, Sie kennenzulernen, Jack.« Ihre Stimme war dunkel und gehaltvoll, ganz so wie sie, und das weiße, ebenmäßige Lächeln war atemberaubend. Sie beugte sich vor und ihre Brüste pressten sich gegen den dünnen Stoff ihres Kleides, der sich um die winzigen Brustwarzen spannte. Sie schien nicht den geringsten Zweifel zu haben, wer er war.
»Miss Bahkti«, sagte er und nahm ihre Hand. Ihre Fingernägel hatten das gleiche Dunkelrot wie ihre Lippen, ihre dunkle Haut war so weich und glatt wie poliertes Elfenbein. Ihm fehlten die Worte. Aber irgendetwas musste er sagen. »Es freut mich, dass sie nicht auch Ihre Halskette verloren haben.« Das war kein guter Spruch, oder?
»Oh nein. Meine bleibt genau da, wo sie ist.« Sie ließ seine Hand los und klopfte neben sich auf das Kissen. »Kommen Sie, setzen Sie sich. Wir haben uns viel zu erzählen.«
Aus der Nähe gesehen waren ihre Augen weise und wissend, als habe sie all die Wunder ihres Volkes und seiner uralten Kultur eingesogen.
Der Hotelmanager rief keinen Kellner herbei, sondern wartete ab, während Jack neben Kolabati Platz nahm. Vielleicht war er ja ein sehr geduldiger Mann, aber Jack bemerkte, dass er seinen Blick nicht von Kolabati wandte.
»Kann ich dem Herrn etwas zu trinken bringen?«, fragte er, als Jack es sich bequem gemacht hatte.
Jack blickte auf Kolabatis Glas. »Was ist das?«
»Kir.«
Er wollte ein Bier, aber er war hier im Waldorf. »Ich nehme auch so etwas.«
Sie lachte. »Seien Sie nicht albern! Bringen Sie ihm ein Bier. Es gibt hier sehr gutes Ale.«
»Ich mag Ale nicht besonders. Aber ich nehme ein Beck’s Light, wenn Sie das haben.« Das war wenigstens noch ein Importbier. Seine Hausmarke wäre ihm lieber gewesen.
»Sehr gut.« Schließlich ging der
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