Handyman Jack 04 - Tollwütig
abgestoßenen Arbeitsstiefel waren immer noch um einige Grade besser als das, was alle anderen hier trugen.
»Kann ich Ihnen helfen?«
»Ich möchte zu Dr. Radzminsky. Sie erwartet mich.«
Die Krankenschwester blätterte einige Papiere auf ihrem Schreibtisch durch und fand eine gelbe Haftnotiz. »Ja. Sind Sie Jack? Sie sagte, ich soll Sie gleich reinbringen.«
Sie führte ihn durch einen Türvorhang, vorbei an zwei durch Vorhänge abgetrennten Untersuchungszimmern – aus einem drang der Geruch von Reinigungsalkohol an seine Nase – zu einem winzigen Büro im hinteren Teil des Gebäudes. Eine junge Frau mit glattem dunklem Haar, das sie in einer Bubikopffrisur trug, saß hinter dem Schreibtisch. Sie schaute hoch und lächelte, als Jack und die Krankenschwester eintraten. Sie sah sehr jung aus – sie konnte keinen Tag älter als zwanzig sein. Eigentlich viel zu jung für eine Ärztin.
»Sie müssen Jack sein«, sagte sie und streckte ihm die Hand entgegen. Sie maß etwa eins sechzig und hatte eine kompakte, stämmige Statur – kräftig, jedoch nicht übergewichtig.
»Und Sie müssen demnach Dr. Radzminsky sein.«
»Sagen Sie bitte Nadia«, meinte sie und sprach ihren Namen ›Nahd-ja‹ aus. »Nur meine Patienten reden mich mit Doktor an.« Sie hatte ein offenes Gesicht, ein freundliches Lächeln und wache dunkle Augen. Jack mochte sie auf Anhieb. »Danke, Jasmine«, sagte sie zur Krankenschwester gewandt.
Jasmine schloss die Tür hinter sich.
Nadia deutete auf einen der mit einem Papierstapel besetzten Stühle. »Räumen Sie die Papiere einfach auf den Fußboden und setzen Sie sich.«
Sie bot ihm Kaffee an und füllte einen Pappbecher aus einer Mr.-Coffee-Kanne aus dem Wandregal.
»Es gibt Zucker und Cremora.«
»Zwei Stücke Zucker reichen völlig.«
»Mein einziges Laster«, sagte sie und trank aus einer übergroßen Porzellantasse, die mit NADJ in großen weißen Lettern bedruckt war. »Eine unerlässliche Gewohnheit, die man während seiner Assistentenzeit im Krankenhaus automatisch übernimmt.«
»Darf ich Ihnen eine ganz offene Frage stellen?«, sagte Jack.
»Gerne.«
»Nehmen Sie es mir nicht übel, aber sind Sie überhaupt alt genug, um Ärztin zu sein?«
Sie lächelte ihn verständnisvoll an. »Das fragt mich praktisch jeder. Ich bin mit einem Kindergesicht geschlagen. Ein Segen, wenn man Fotomodell oder Schauspielerin ist, aber nicht wenn man als Ärztin arbeitet und bei seinen Patienten Achtung und Vertrauen erzeugen will. Trotzdem – glauben Sie mir, ich bin eine vollständig ausgebildete und staatlich zugelassene Endokrinologin.«
»Das sind doch Hormone, nicht wahr?«
»Richtig. Ich beschäftige mich mit Drüsen – Schilddrüse, Nebenschilddrüse, Nebenniere, Hypophyse, Pankreas und so weiter. Diabetes ist eine der Hauptstützen der Endokrinologie, weshalb ich hier bin, aber mein eigentliches Interesse gilt den Steroiden.«
»Muskelpräparaten?«
Ein weiteres Lächeln. »Anabole Steroide sind nur eine spezielle Art. Kortison ist eine andere, desgleichen Ostrogen. Erinnern Sie sich noch, was dieser Typ Dustin Hoffman in Die Reifeprüfung zuflüsterte, als er überlegte, in welcher Branche er sich beruflich betätigen sollte?«
»Klar. ›Plastik.‹«
»Richtig. Einer meiner Professoren hat das Gleiche früher bei mir getan. Er sagte: ›Steroide… Steroide sind die Zukunft.‹ Und im Laufe der Jahre gelangte ich zu der Überzeugung, dass er Recht hatte. Ich konnte sogar einiges an eigenen Forschungsergebnissen auf diesem Gebiet beitragen. Aber genug von mir, was ist mit Ihnen? Was haben Sie für Alicia Clayton getan, dass sie Sie in den höchsten Tönen lobt?«
Jack hatte nicht vor, diese Frage zu beantworten. »Woher kennen Sie Alicia?«
»Von der Highschool. Wir waren nicht richtig befreundet, aber wir waren beide Einser-Schülerinnen und besuchten gemeinsam bestimmte Fortgeschrittenenkurse. Sie ging danach aufs College, aber jetzt ist sie zurück, und wir laufen uns ständig über den Weg. Wir haben uns sogar angefreundet. Ich erzählte ihr von einem Problem, das ich habe, und sie gab mir Ihre Telefonnummer.« Nadia legte den Kopf leicht schief und musterte Jack mit einem skeptischen Gesichtsausdruck. »Sie sagte, ich könnte Ihnen mein Leben anvertrauen.«
Hoffentlich hat sie sich nicht darüber ausgelassen, was das im Einzelnen bedeutet, dachte er.
»Ist Ihr Leben denn in Gefahr?«
»Nein. Aber so wie sie es sagte – was um alles in der Welt haben Sie für sie
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