Handyman Jack 05 - Todesfrequenz
Licht von der Straße, während er sie aufmerksam musterte, doch es lag nichts Feindseliges in seinem Blick.
»Sie haben mich erschreckt«, stotterte Kate und hatte keine Idee, wie sie ihre Anwesenheit an diesem Ort begründen sollte. »Ich… ich wollte nur ...«
»Sie glauben sicher, es wäre eine religiöse Vereinigung, nicht wahr? Schlimmstenfalls eine Sekte, hm?« Ihre dunklen Augen blitzten, ihr geschminkter Mund presste sich zu einer dünnen Linie zusammen, während sie warnend einen Zeigefinger hob. Sie unterstrich jedes ihrer Worte, indem sie ihn in Kates Richtung stieß, als wollte sie sie damit aufspießen. »Keine Sekte. Schlimmer als eine Sekte. Viel schlimmer. Wenn Sie Ihre liebsten Menschen retten wollen, müssen Sie diese Leute aufhalten.«
»Was?«, fragte Kate verblüfft. Wovon sprach sie? »Ich kann nicht ...«
»Natürlich nicht. Sie werden Hilfe brauchen. Da ist die Telefonnummer, die Sie anrufen müssen.« Ihre andere Hand tauchte aus dem Cape auf und hielt eine Visitenkarte hoch.
Kate zögerte. Sie hatte keine Ahnung, wie sie diese Frau einschätzen sollte. Sie schien ausgeglichen, gesammelt zu sein, doch ihr Gerede hatte etwas Paranoides. Und dennoch… sie schien über sie Bescheid zu wissen… und über Jeanette.
»Nehmen Sie das«, sagte die Frau und hielt ihr auffordernd die Karte hin. »Und warten Sie nicht. Die Zeit wird knapp. Rufen Sie ihn noch heute an. Niemand anderen… nur ihn.«
Kate warf im matten Licht einen Blick auf die Visitenkarte. In letzter Zeit fiel ihr das Lesen zunehmend schwer – der Preis dafür, die Vierzig überschritten zu haben – und ihre Lesebrille steckte in ihrer Handtasche. Sie hielt die Karte auf Armeslänge vor sich und kippte sie, um besser lesen zu können. Eine Telefonnummer und ein Name, in altmodischer, leicht schräger Handschrift. Die Nummer konnte sie nicht genau erkennen, aber den Namen, der ein wenig größer geschrieben war,
Jack.
Mehr nicht – kein Nachname, keine Adresse, nur… Jack.
»Wer ...?«
Sie blickte auf und – war allein. Sie eilte hinunter auf den Bürgersteig, doch die Frau und ihr Hund waren nirgendwo zu sehen. Sie waren verschwunden, als hätten sie nie existiert.
Verliere ich allmählich den Verstand, fragte sie sich. Aber die Visitenkarte in ihrer Hand war echt.
Die Worte der Frau hallten in ihrem Bewusstsein nach:
Wenn Sie Ihre liebsten Menschen retten wollen…
Sie hatte von
Menschen
gesprochen, hatte das Wort im Plural gebraucht, oder nicht? Ja, Kate war sich dessen sicher. Kate kannte nur drei Menschen, die zu ihrem Leben gehörten: Jeanette, natürlich, aber noch vor ihr kamen Kevin und Elizabeth.
Etwas in Kates Brust krampfte sich bei der Vorstellung zusammen, dass ihre Kinder in irgendeiner Gefahr schweben könnten… dass sie
gerettet
werden müssten.
Aber wie konnte das sein? Kevin und Lizzie waren bei ihrem Vater in Trenton absolut sicher. Und welche Gefahr konnte schon von diesen Händchen haltenden, völlig durchschnittlichen mittelalten Leuten im Wohnzimmer des Holdstock-Hauses für ihre Kinder ausgehen?
Trotzdem brachte allein schon der vage Hinweis von jemandem, selbst einer verwirrten Fremden, dass ihnen eine Gefahr drohe, Kates Nerven zum Vibrieren. Gefahr in welcher Form? In der eines Angriffs auf ihre Leben? Sie waren beide Teenager, doch das hieß nicht, dass ihnen nichts zustoßen konnte.
Sie blickte zurück zum Haus und glaubte zu erkennen, wie sich hinter einem der vorderen Fenster der Vorhang bewegte. Hatte einer der Betenden oder was immer sie waren sie etwa beobachtet?
Das war zu unheimlich. Während sie kehrtmachte und zu ihrem wartenden Taxi zurückeilte, gingen ihr weitere Worte der alten Frau durch den Kopf.
Und warten Sie nicht. Die Zeit wird knapp. Rufen Sie ihn noch heute an.
Kate schaute auf die Visitenkarte.
Jack.
Wer war das? Und wo war er?
2
Unterwegs mit der Neun.
Sandy Palmer überlegte, wie viel Zeit seiner fünfundzwanzig Jahre er sich auf dieser speziellen U-Bahn-Linie während unzähligen Fahrten von und nach Morningside Heights hatte durchschütteln lassen. Und stets im letzten Wagen, da er dort seiner Wohnung immer ein paar Schritte näher war.
Diese Schritte musste er unbedingt sparen. Er war der Überzeugung, dass jedem Menschen nur eine ganz bestimmte Anzahl zugestanden wurde, und dass, wenn man sie zu schnell aufbrauchte, man mit einem frühen Tod oder einem Dasein im Rollstuhl rechnen müsste. Offensichtlich waren Marathonläufer und die
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