Handyman Jack 07 - Todessumpf
gewollt, dass du den Rest deines Lebens allein verbringst.«
»Ich bin auch nicht vollkommen allein gewesen. Ich habe einige kürzere Beziehungen gehabt und sie auch genossen und ausgekostet. Aber eine langfristige Beziehung … das wäre genauso gewesen, als hätte ich deiner Mutter gezeigt, dass sie ersetzt werden kann. Und genau das ist nicht möglich.«
Da hatte Jack ein heikles Thema angeschnitten. Er leerte sein Weinglas und schenkte nach. Dabei suchte er krampfhaft nach einer angemessenen Erwiderung.
Sein Dad rettete ihn, indem er die Spitze des Fleischmessers auf Jacks Brust richtete.
»Deine Mutter«, meinte er. »Das ist es, nicht wahr? Ich habe schon immer vermutet, dass dich diese Angelegenheit ein wenig aus der Bahn geworfen hat, aber jetzt möchte ich es von dir direkt wissen. Ich erinnere mich, wie du an der Totenwache und der Beerdigung teilgenommen hast. Du warst wie ein Zombie, hast mit kaum jemandem geredet. Dabei bist du eigentlich nie ein ausgesprochenes Mutterkind gewesen. Nein, du hast immer an Kates Rockzipfel gehangen. Aber mitzuerleben, wie deine Mutter durch Gewalt ums Leben kommt, sie blutend und sterbend in den Armen gehalten zu haben … es ist keine Schande, nach dem, was geschehen ist, total zusammenzubrechen. Niemand sollte so etwas in seinem Leben durchmachen müssen. Niemand.«
Jack trank wieder von seinem Wein. Er spürte, wie sich seine Wirkung entfaltete. Er hatte seit dem Frühstück nichts gegessen, und der Alkohol schien direkt in seinen Kreislauf zu fließen. Na und? Warum nicht?
»Ich gebe dir Recht, dass niemand so etwas durchmachen sollte. Aber es war nicht Moms Tod, der mich aus dem Haus getrieben hat.«
»Was dann? Es hat mich während der letzten fünfzehn Jahre geradezu verrückt gemacht. Was hat dich dazu gebracht zu verschwinden?«
»Nicht ihr Tod. Der Tod eines anderen.«
»Wessen Tod?«
»Damals war ich wütend auf die ganze Welt, weil der Kerl nicht gefunden wurde, der diesen Betonklotz von der Brücke geworfen hatte. Die Staatspolizei redete dauernd davon, ein wachsames Auge auf die Highwayüberführungen zu haben, aber es kostet verdammt viel Mühe, jemanden zu finden, der sich an wahllos ausgeführten Gewaltakten berauscht. Außerdem hatten sie wichtigere Dinge zu tun – wie zum Beispiel, irgendwelchen Rasern auf dem Turnpike Strafzettel zu verpassen. Es gibt ja auch nichts Schlimmeres, als zu schnell zu fahren. Und du, du hast nichts anderes getan, als dauernd zu erzählen, was mit dem Schwein passieren solle, wenn sie es schnappen. Nur war es kein ›Wenn‹, sondern es war ein ›Falls‹ – ein ›Falls‹, zu dem es niemals kommen würde.«
Jack leerte sein Glas und leerte auch die Flasche, indem er sich sofort nachschenkte.
Dad blickte von seinem Schinken hoch. »Was zur Hölle hätte ich denn tun sollen?«
»Irgendetwas.«
»Zum Beispiel was? Losziehen und den Kerl auf eigene Faust suchen?«
»Warum nicht?«, sagte Jack. »Ich hab’s getan.«
Oh, Scheiße, dachte er. Habe ich das gerade wirklich gesagt?
»Du hast was?«
Jack ging im Kopf rasend schnell seine Möglichkeiten durch. Sollte er »vergiss es« antworten und das Thema wechseln? Oder sollte er alles erzählen? Abe war der einzige andere Mensch auf der ganzen Welt, der Bescheid wusste.
Aber jetzt sorgten der Wein und seine Pfeif-drauf-Stimmung dafür, dass er einfach weitermachte. Er atmete tief ein.
Auf geht’s.
»Ich habe ihn gesucht und gefunden und auch zur Rechenschaft gezogen.«
Jack glaubte erkennen zu können, dass die Hand seines Vaters zu zittern begann, während er das Fleischmesser sinken ließ und hinlegte. Seine Miene war angespannt, die Augen hinter seinen Brillengläsern funkelten und waren weit aufgerissen.
»Aber wie … ich bin mir nicht sicher, ob ich das überhaupt hören will … aber wie hast du ihn zur Rechenschaft gezogen?«
»Ich habe dafür gesorgt, dass er so etwas nie wieder tun würde.«
Dad schloss die Augen. »Erzähl mir bloß, du hast ihm die Arme gebrochen oder seine Ellbogen zerschmettert.«
Jack sagte nichts.
Dad hatte die Augen für einen kurzen Moment geschlossen, schlug sie wieder auf und starrte Jack an. Seine Stimme sank zu einem Flüstern herab.
»Jack … Jack, du hast ihn doch nicht …«
Jack nickte.
Dad schob sich nach links zu einem der Küchenhocker und ließ sich schwer darauf fallen. Er barg den Kopf in den Händen und starrte blicklos auf die in Scheiben geschnittenen Schalotten.
»Oh mein Gott.« Seine Stimme
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