Hanibal
getroffen oder unter verwundeten und toten Pferden. Ein Kappadokier hockte blutüberströmt in einer Furche; der Helm hatte den Hieb abgelenkt, die Klinge war tief in die Schulter gefahren. Ein zweiter Bogenschütze lag mit dem Gesicht im Staub des Fahrwegs; zwischen den Schultern steckte ein zerbrochener Speerschaft.
Iolaos und drei seiner Männer hielten rote Messer in den Händen; sie kümmerten sich um die Numider und ihre Pferde. Einer der Steppenreiter kroch durchs Feld, so schnell er konnte; sein linkes Bein schleifte nach. Iolaos erreichte ihn, packte mit der Linken die Haare, riß den Kopf zurück. Das Messer schien die Kehle des Numiders kaum zu berühren.
Ich wandte mich ab, immer noch atemlos, und taumelte zum Wagen. Auf dem Sitzbrett lag der Kopf des schwarzen Sklaven, der den Karren gelenkt hatte; der Rumpf war unter dem Kadaver eines der beiden Zugpferde begraben. Das zweite hatte sich losreißen können und stand etwa fünfzig Schritt entfernt an einem verkrüppelten Strauch, dessen Blätter es beschnupperte.
Bomilkar saß neben dem linken Vorderrad; er hielt den Kopf seines Vaters im Schoß. Ich kniete bei ihnen nieder. Ein abwärts gerichteter Speerstoß hatte Bostars Schlüsselbein getroffen. Unterhalb der rechten Brustwarze lag der weiße Umhang über der klaffenden Wunde; er färbte sich schnell rot.
Der alte Mann atmete schwach; die Augen waren geschlossen, und die Haut des Gesichts wurde zusehends fahl. Ich legte eine Hand an die rechte Wange. Kaltes Pergament.
»Alter Freund, hörst du mich?«
Bomilkar hielt die Hände seines Vaters fest, die sich immer wieder zum Bauch tasteten. Er starrte in den Himmel, mit blinden nassen Augen.
»Bostar, kannst du mich hören? Antigonos…«
Plötzlich blinzelte der Sterbende. »Ho, Tiggo«, murmelte er.
Er brachte sogar ein kleines Lächeln zustande. »Keine Bäder mehr vor Kap Kamart. Aber alles ist auf dem Wagen.« Er keuchte; etwas rasselte in dem zerschlitzten Leib. »Besser so als krank im Bett.« Dann suchte er mit den Augen das Gesicht seines Sohnes. Ich berührte Bomilkar an der Schulter; er riß sich von der Betrachtung des Himmels los. Ein paar Tropfen fielen auf Bostars Stirn.
»Bring mich ins Wasser.« Die Worte waren kaum noch zu verstehen. »Söhnchen, ich gehe. Mutt…«
Bomilkar drückte ihm die Augen zu. Den letzten Ruf an Tanit – »Mutter von Qart Hadasht, ich gebe meine Ruder zurück« – hatte Bostar nicht mehr vollenden können.
Gegen Sonnenuntergang war alles an Bord gebracht. Die zehn schweren Holzkisten mit Eisenbeschlägen enthielten goldene Schekel; insgesamt etwa zwanzig Talente. Das kleine Lederpäckchen nahm ich an mich; die Glasarbeit, die ich durch einen Mittelsmann in Auftrag gegeben hatte, war unversehrt. Mit den Talenten besaß ich nun alles, was Bostar vom Rest meines und des barkidischen Vermögens hatte retten können. Ein gewaltiger Betrag von geringer Bedeutung; den größten Teil der Geschäfte hatte ich schon vor der Vertreibung Hannibals außerhalb von Qart Hadasht abgewickelt. Nun waren die letzten Verbindungen zur punischen Metropole gekappt.
Als die Kisten verstaut waren, kam Bomilkar wieder an Land. Ich legte den Arm um seine Schulter.
»Hör zu, Freund. Ich weiß nicht, wieviel davon deinem Vater gehört hat, aber ohne ihn wäre nichts davon hier. Nimm die Hälfte – als Erbe von Bostar.«
»Was ist in den Kisten?«
»Shiqlu – Gold. Dein Anteil sind zehn Talente.«
Er zuckte zusammen. »Du bist wahnsinnig.«
Ich klopfte ihm auf den Rücken und ging zu Iolaos, der oben auf einem Felsen hockte und kleine Steine ins Meer zu werfen versuchte. Er traf immer nur den Strand; das Wasser war zu weit.
»Was geschieht jetzt mit dir und deinen Männern?« Iolaos kratzte sich den Bart. »Was rätst du uns?«
Ich blickte zu den Bogenschützen. Sie hatten das Zugpferd eingefangen und zusammen mit einem unverletzten Numiderhengst angespannt. Ihre Beutel, die Bogen und die Köcher lagen bereits auf dem Karren. Die Kappadokier, die für Sparta irgendwelche Hinterland-Scharmützel bestritten, hatte ich im Hafen von Pylos gefunden und in Sold genommen – eine Maßnahme, die mir selbst zunächst als überflüssig erschienen war.
Der Verwundete war verbunden; den toten Schützen hatten sie ohne große Zeremonien mit den Numidern in eine Grube geworfen. Vom Landgut her näherten sich ein paar Leute; einer kam zu Pferd, vermutlich der Verwalter oder der Besitzer. Die übrigen waren Arbeiter, die vor
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