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Hannah, Mari

Hannah, Mari

Titel: Hannah, Mari Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sein Zorn komme uber uns
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die die Polizei von Northumbria je erlebt hatte. Sie wollte direkter einbezogen sein und wäre es wohl auch gewesen, hätte Daniels nicht darauf bestanden, dass sie das TSG-Team überwachte und ein bisschen Druck machte, auch wenn der Ausgang ihrer Suche ungewiss war.
    Ken Carruthers schlenderte zu ihr herüber und stellte sich neben sie. Er trug einen knielangen Schaffellmantel, Handschuhe und eine Mütze mit Ohrenklappen. Gute Idee, dachte Carmichael und nahm sich vor, sich morgen etwas passender anzuziehen.
    Und es würde ein Morgen geben …
    Und ein Übermorgen …
    Und ein Überübermorgen …
    Da war sich Carmichael sicher.
    »Immer noch nichts?«, fragte Carruthers.
    »Ich fürchte nein.« Carmichael blies in ihre Hände und stampfte mit den Füßen, die inzwischen taub vor Kälte waren. »Wir wussten, dass es ein riskantes Spiel werden würde, ein teures, aber immer noch riskantes.«
    »Wie lange suchen die noch weiter?«
    »So lange es sein muss.«
    »Möchten Sie einen Kaffee oder so was?« Er zeigte nach oben auf ein Büro in einer Ecke des Lagerhauses. »Da ist es ein bisschen gemütlicher.«
    »Wenn es Ihnen nichts ausmacht, trinke ich meinen mit den Jungs zusammen. Das motiviert das Team.« Sie zeigte auf eine grüne Waitrose-Tasche zu ihren Füßen. »Hab meine Tante dazu überreden können, einen schönen Zitronenkuchen zu backen. Geheimes Familienrezept. Das sollte mir ein paar Bonuspunkte einbringen. Ich hebe Ihnen ein Stückchen auf, wenn Sie mögen.«
    Carruthers lächelte und klopfte sich auf den Bauch. »Ich freu mich schon darauf«, sagte er.
    Carmichael sah ihm nach, als er zu seinem Büro zurückging, das sich auf einer Galerie auf halber Höhe befand und über eine Stahltreppe zu erreichen war. Ein Glaskasten auf Stelzen, von dem aus man einen guten Überblick über das Lagerhaus hatte. Eine warme Heizung. Kaffee. Vielleicht sogar Plätzchen.
    In dem Augenblick hörte Carmichael einen lauten Ausruf. Sie sah in die Richtung, aus der er gekommen sein musste, und erblickte etwas entfernt einen TSG-Mann, der die linke Hand hochhielt.
    Das Signal konnte nur eins bedeuten …
    Sein Vorgesetzter eilte zu ihm, um den gefundenen Mantel zu begutachten. Carmichael folgte, doch bevor sie nahe genug dran war, um sich selbst ein Bild zu machen, schüttelte der Vorgesetzte enttäuscht den Kopf. Es war nicht der Mantel, nach dem sie suchten.
    Er schlief …
    Nicht gut. In seinem Unterbewusstsein zog sie wieder einmal gegen ihn zu Felde, schrie, als sei sie vom Teufel besessen, ihr Gesicht war verzerrt vor Hass. Sie ragte drohend über ihm auf, befahl ihm, sich auf den Boden zu knien, seine Gebete zu sprechen und den Herrn um Vergebung anzuflehen.
    Er weinte …
    Sie ließ den Stock auf seine Schultern herabsausen, auf dieselbe Stelle wie gestern, der Knebel in seinem Mund erstickte seine Schreie. Er wandte das Gesicht ab, sah zu der abgeschlossenen Tür hin. Jetzt hörte sie auf zu schreien. Ein schlechtes Zeichen. Als er es wagte aufzublicken, waren ihre Augen schwarz vor Wut. Es war heute schon das dritte Mal, dass sie tat, was sie Disziplinierung nannte.
    Er kroch eilig über den Boden, während sie wieder mit dem Stock ausholte, ihn hoch über ihrem Kopf schwang. Er kniff die Augen fest zu, hoffte, dass einer ihrer Freunde an die Tür klopfen würde, weil es Zeit wäre für ihr Treffen. Heute war Dienstag. Sie kamen immer dienstags. Sie versäumten das Treffen nie. Aber niemand klopfte, und die Türklingel läutete nicht. Jeden Moment würde der Stock jetzt wieder auf ihn herabsausen.
    Er wartete …
    Und wachte plötzlich auf, fühlte sich grün und blau.
    Er atmete schwer, und Schweißtropfen standen auf seiner Stirn. Die Leute starrten ihn an. Mit demselben anklagenden Ausdruck, den er eben gerade noch in ihrem Gesicht gesehen hatte. Warum? Warum glotzten die so?
    Vor dem Fenster hing dicker Nebel – als wäre er mitten in der Luft festgehalten worden – und verhüllte den Berg weiter oben. Der einstöckige Bus kroch um den gefrorenen See herum auf dem Weg ins Nirgendwo. Zwei Meilen vor Dorothy Smiths Haus ertönte eine Klingel, und drei Wanderer mittleren Alters standen auf. Er setzte sich in Bewegung, hielt sich dicht dahinter, als gehörte er zu ihnen.
    Als ob.
    Es würde schon mehr als einen blöden Rucksack brauchen, damit er wirklich wäre wie sie.
    Sie waren nichts: nihil, null, nullinger.
    Dotty war nur etwas Besonderes, weil er beschlossen hatte, sie heute zu töten.

83
    Kurz vor

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