Hannah, Mari
Kurz darauf kam Daniels herein, mit neuer Energie, von Kopf bis Fuß selbstbewusst und professionell, keine Spur von Angst im Gesicht – kein Anzeichen davon, dass ihr Leben alles andere als perfekt war.
Gormley lächelte.
So unterschiedlich waren sie dann doch wieder nicht.
Eine halbe Stunde später begann sie mit einem hastig arrangierten Briefing, um das dezimierte Team auf den neuesten Stand zu bringen. »Okay, wir können nicht länger auf die anderen warten. Zuerst darf ich daran erinnern, dass der Verbrecher, den wir suchen, gefährlich ist, gestört und höchstwahrscheinlich bewaffnet. Das ist niemand, ich wiederhole, niemand, den Sie ohne Verstärkung angehen können, ist das klar?« Sie machte eine Pause, um sicherzustellen, dass alle verstanden hatten. »Achten Sie besonders auf Menschen, die eine Verbindung zu oder Probleme mit der Religion haben. Hank fischt bereits die nationale Datenbank nach bekannten Straftätern ab, die in das Schema passen. Robbo, ich möchte, dass Sie diesmal die Überwachungskameras und Videoaufnahmen durchforsten.«
»Ich fange sofort damit an«, sagte Robson und brachte ein schwaches Lächeln zustande.
Daniels musste zugeben: Sein Versuch, heiter zu erscheinen, war beeindruckend. Eine so mühsame Arbeit wäre normalerweise auf dem Tisch eines wesentlich jüngeren Kollegen gelandet. Kein Grund zur Sorge. Er war lange genug dabei, um zu wissen, dass es Teil seiner Buße war, ein ganz natürlicher Vorgang, so lief das nun mal in der Mordkommission.
»Ich will, dass der Rest von Ihnen sich jeden, aber auch wirklich jeden Hinweis noch einmal ansieht.« Sie ignorierte das allgemeine Aufstöhnen, das durch den Raum ging. »Und ich meine wirklich alles! Lassen Sie sich nicht täuschen, unser Mann ist clever. Er hat schon drei Mal getötet, und nach allem, was wir wissen, könnte es mehr Tote geben, die noch nicht gefunden wurden.«
Sie nickte Carmichael zu, die aufstand und zwei Tatortfotos neben das von Alan Stephens an die Wandtafel hängte. Auf dem ersten war eine weiße Frau mittleren Alters, die auf einem Küchenfußboden lag, ein klaffendes Loch in der Brust, die leblosen Augen weit aufgerissen, eine Karte im Mund. Das zweite zeigte einen asiatischen Mann, ebenfalls auf dem Boden liegend, aber mit angezogenen Beinen, einer Schusswunde am Kopf und einer Karte, die neben ihm lag.
Carmichael setzte sich wieder hin.
»Alan Stephens kennen Sie alle ja, aber«, Daniels zeigte auf das Foto der weißen Frau, »dieses unglückliche Opfer ist Jennifer Tait, ein Fall aus Durham. Und das«, sie bewegte ihre Hand zu dem Foto des asiatischen Mannes, »ist Jamil Malik, der in seiner Wohnung in Birmingham ermordet aufgefunden wurde und dessen Foto direkt hier bei uns abgegeben wurde, und zwar von jemandem, von dem wir vermuten, dass es ein Mann in einer Burka war. Der Umschlag war ausdrücklich an mich adressiert.«
Die Leute begannen, aufgeregt miteinander zu reden.
»Es tut mir leid, dass wir Ihnen das vorenthalten mussten, aber es war ein Fall von: Je weniger davon wissen desto besser. Die Entwicklungen der letzten Tage haben allerdings ergeben, dass die Person, nach der wir suchen, eine Verbindung entweder zu dieser Gegend oder zu einem unserer Fälle hat.«
Daniels machte eine Pause, um die Informationen sacken zu lassen.
»So lange wir Monica Stephens’ Mantel, und viel wichtiger, die Karte, die sie angeblich am Tatort aufgehoben hat, nicht gefunden haben, können wir Alan Stephens nicht eindeutig mit den beiden anderen Opfern in Verbindung setzen. Es ist möglich – und ich möchte betonen, dass es zum derzeitigen Zeitpunkt nur eine Möglichkeit ist dass wer auch immer diese Menschen getötet hat, darüber hinaus für den Doppelmord in der St.-Camillus-Kirche im letzten Jahr verantwortlich ist. Es wurde nämlich an allen drei Tatorten eine Andachtskarte wie diese hier gefunden: in Durham, Birmingham und Corbridge. Derselbe MO, dieselbe Handschrift. Für alle diejenigen unter Ihnen, die nicht so mit Mathe vertraut sind, das macht fünf Opfer im Ganzen.« Daniels hielt eine Andachtskarte hoch, dann gab sie sie weiter und wartete ab, wie sie die Runde machte, bis sie wieder die volle Aufmerksamkeit hatte. »Der kranke Bastard spielt mit uns, er will uns irgendetwas sagen. Ironischerweise ist die Person, die uns jetzt am besten helfen könnte, ihn zu finden, die Kollegin, die wir gleich erst mal festgenommen und angeklagt haben. Aus naheliegenden Gründen kann uns Jo Soulsby
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