Hannahs Entscheidung
säubern, während seine Gedanken weiterhin um Jackson kreisten. Ohne den treuen Schwarzen würde auf Green Acres nichts laufen. Er galt als fleißig, verschwiegen und war die Zuverlässigkeit in Person. Gehörte hierher wie die weiten grünen Koppeln und die sanft gewellten Hügel. Er hatte schon für die Flannigans gearbeitet, die Vorbesitzer der Farm. Sie hatten Sam und Maggie damals gebeten, Jackson zu übernehmen, und Sam hatte es noch keinen Tag bereut, ihrer Bitte entsprochen zu haben. Der Schwarze gab nicht viel von sich preis, dementsprechend wenig wusste Sam über ihn. Jackson lebte allein und zurückgezogen irgendwo zwischen Willow Creek und Landrum in einem Trailer. Die meiste Zeit jedoch verbrachte er auf Green Acres. »Ich mache mich jetzt auf zu meinem Termin«, rief Sam ihm zu.
Jackson lüpfte seinen Hut vom dichten Kraushaar, um Sam zu signalisieren, dass er ihn gehört hatte. »Viel Glück, Mr. Parker!«
Bis heute weigerte Jackson sich standhaft, das ihm von seinem Arbeitgeber angebotene Du mitsamt Vornamen zu gebrauchen. Wieder so eine Sache, bei der sich Jacksons Dickköpfigkeit zeigte, dachte Sam mit einem leichten Schmunzeln und einem freundlichen Nicken. Er schätzte Jacksons stille, bedächtige Art und seine bedingungslose Loyalität. Deanna und Jackson waren die Stützen in seinem verkorksten Leben. Oh, Emilia natürlich auch. Seine Mutter. Sie waren die Felsen in seiner Brandung. Wenn es diese Menschen nicht gäbe, hätte er Green Acres wahrscheinlich schon längst aufgegeben.
Über den von Hartriegelsträuchern gesäumten Weg, wo sich ein paar vorwitzige Gräser und kleine, zarte Blümchen zwischen den Kieselsteinchen emporkämpften, lief er zum Haupthaus zurück. Im Gästebad wusch er sich Hände und Gesicht und strich ordnend durch sein dunkles volles Haar, das er von seinem Vater geerbt hatte. Emilia behauptete stets, dass dies das einzige äußerliche Merkmal sei, das ihn mit seinem Vater verband.
Mit den hohen Wangenknochen, dem kantigen Kinn und den rauchgrauen Augen sei er in Wahrheit viel mehr ein Fredriksson als ein Parker. Sam betrachtete sich kritisch im Spiegel, bevor er jeglichen Gedanken an sein Aussehen beiseiteschob. Wichtig war, dass er nicht zu spät zu seinem Termin kam. Er legte einen Hauch Aftershave auf. Irish Spice, Maggies Lieblingsduft. Wann immer er seine Haut damit benetzte, überkam ihn schmerzliche Sehnsucht. Er erinnerte sich daran, wie sie ihre Wange an seinen Rücken geschmiegt und ihre Arme um seine Taille geschlungen hatte, während sie ihm sagte, wie sehr sie diesen Geruch an ihm liebte. Einen Herzschlag lang meinte er, ihr helles Lachen zu hören. Sam schloss die Lider, zählte die Sekunden, bis der dumpfe Schmerz, der ihm zuweilen noch immer den Atem raubte, verebbte. Er straffte seinen Rücken, nickte seinem Spiegelbild aufmunternd zu und knipste das Licht aus.
Auf seinem Sekretär im Wohnzimmer lag der Kaufvertragsentwurf für Red Lightning bereit. Hoffentlich würde Dan Buchanan sich im Zuge der Verhandlung bereit erklären, noch ein wenig mit dem Preis herunterzugehen. Auch wenn das Tier diese Summe sicherlich wert war, würde es Sam dennoch schmerzen, derart viel Geld investieren zu müssen. Die Farm brachte gerade so viel ein, dass er davon leben konnte. Maggie und er hatten sich damals in das weitläufige Anwesen und die Tiere verliebt und davon geträumt, hier eine Familie zu gründen. Als Cop hatte er nicht schlecht verdient. Trotzdem bereute er nicht, seine Arbeit aufgegeben zu haben. Er hatte nicht weitermachen können. Nicht nach dem, was geschehen war. Seither schrieb er Bücher, doch reich wurde er dadurch nicht. Das Schreiben war Therapie, ein nettes Zubrot, nicht mehr. Er lockerte seinen Hemdkragen, der ihm auf einmal schrecklich eng am Hals zu sitzen schien. Seit Wochen drängte sein Agent auf neue Entwürfe. Sam hatte das dumpfe Gefühl, Gary Henderson würde sich nicht viel länger vertrösten lassen. Es war höchste Zeit, dass er ihn mit einem überzeugenden Exposé überraschte.
Stirnrunzelnd verstaute er seine Unterlagen in der Aktentasche aus cognacfarbenem Rindsleder. Die Tasche wirkte etwas mitgenommen, aber um nichts in der Welt hätte er sie durch eine neue ersetzt, solange sie noch ihren Zweck erfüllte. Maggie hatte sie ihm zum ersten Hochzeitstag geschenkt. Mit der flachen Hand fuhr er über das zerknitterte Leder. Maggie … Maggie. Sie war allgegenwärtig in diesem rustikalen lichtdurchfluteten Haus. Vielleicht
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