Hannes - Falk, R: Hannes
der Kalle endlich schnaufend und mit feuerroter Birne bei uns eintraf. Ich hab ihm alles so erzählt und vorgeschlagen, sein Motorrad hier stehen zu lassen und gemeinsam mit meinem nach Hause zu fahren. Das wollte er aber auf gar keinen Fall. Na ja.
Das Ende vom Lied war, dass wir den Brenninger angerufen haben, und der ist schließlich zweieinhalb Stunden später fluchend bei uns angekommen. Mit dem Familienjuwel der Brenningers, dem Transporter mit der Aufschrift: »Partyservice Brenninger. Exquisite Feinkost«. Danach haben wir die Scheißmaschine noch in ungefähr dreihundert Meter Frischhaltefolie wickeln müssen, damit ja kein Dreck auf die silbernen Tabletts und Servierwagen kommt. So stand sie am Ende zwischen all den edlen Rollwägen und Papierspitzendeckenin Folie eingewickelt und rollte nach Hause. Der Brenninger hat ständig geflucht und gefragt, wann wir endlich die Schnauze voll hätten von diesen blöden Kisten, hat der Kalle erzählt. Und der Brenninger hat gesagt, der Kalle hätte nur aus dem Seitenfenster geschaut und vermutlich hat er geweint. Und ich bin mit meiner Zündapp heimgefahren und hätte stattdessen gerne meine Bude geputzt und dir etwas geschrieben, mein Freund.
Donnerstag, 26.04.
Lieber Hannes,
ich wünsch dir zu deinem heutigen zweiundzwanzigsten Geburtstag, wie noch an keinem anderen deiner Geburtstage davor, alles Gute. Ich will, dass es wieder aufwärtsgeht. Dass du endlich auf irgendetwas reagieren wirst. Und dass du wieder ein lebendiger Teil von meinem Leben bist, verdammt. Und ich hoffe inständig, wir können an deinem dreiundzwanzigsten Geburtstag wieder mächtig auf die Pauke hauen, Alter.
Musste vorhin unter der Dusche an deinen Achtzehnten denken. Der war richtig gut, so das erste Mal im Leben totale Freiheit, weißt du das noch, Hannes? Wir haben alle zusammengelegt (natürlich haben deine Eltern den Großteil berappt) und dir diese Spanienreise geschenkt. Damals war noch der Michel dabei, ehe er mit Sack und Pack und wehenden Fahnen nach Neuseeland ausgewandert ist. Es war das allererste Mal, dass wir sechs so ganz auf uns selber gestellt waren und so weit weg von zu Hause. Dieses Gefühlwerd ich niemals vergessen. Alles war auf einmal erlaubt, und wir konnten den ganzen lieben langen Tag tun und lassen, wonach uns grad war. Haben wir ja auch getan, so jeder auf seine Weise, nicht wahr, Hannes? Während wir anderen der Reihe nach die Rothäute vernascht haben (so haben wir die englischen Touristinnen genannt, weißt du das noch?), hast du dich mit ’nem spanischen Straßenköter angefreundet. Du hast das Vieh regelrecht angefüttert, und schließlich ist er dir nicht mehr von der Seite gewichen. Das ist sogar so weit gegangen, dass du das blöde Vieh mit auf unser Zimmer nehmen wolltest. Ich hab gedacht, ich seh nicht richtig, als du damit angekommen bist. Hab dir dann klar und unmissverständlich erklärt, dass das Vieh nicht in unser gemeinsames Zimmer kommt, auf gar keinen Fall. Und schon erst recht nicht, wo es unübersehbar Flöhe hat (du vermutlich auch, hattest seinerzeit überall Einstichstellen, und das waren definitiv keine Mücken, egal, wie oft du das behauptet hast). Du bist dann saugrantig mit deinem neuen Kameraden abgezogen und hast tatsächlich unten am Strand gepennt. Und du bist von Pontius zu Pilatus gerannt, um dich zu informieren, was zu tun ist, um das blöde Vieh mit nach Deutschland nehmen zu können. Schließlich und endlich war der Köter aber wohl doch bedeutend vernünftiger als du. Er kam schon am vorletzten Abend nicht mehr, wollte euch wohl den Abschiedsschmerz ersparen. Oder er hat einen neuen Aufriss gemacht, vielleicht einen noch lukrativeren, wer weiß. Jedenfalls bist du die vorletzte Nacht durch die Gassen gerannt und hast das blöde Vieh gesucht. Und am letzten Abend hast du dich volllaufen lassen und auf dem Rückflug ich weiß nicht wie viele Tüten vollgekotzt. Ja, Hannes, den Urlaub werd ich nievergessen. Zu deiner Ehrenrettung sei gesagt, dass du dich in den Folgeurlauben ferngehalten hast von jeglicher Tierwelt. Die Enttäuschung war wohl zu groß.
Nun, und heute ist es wieder mal so weit. Werde mich nun fertig machen und dich im Krankenhaus besuchen. Werde dir in der Nachtschicht schreiben, wie wir gefeiert haben. Bis dahin.
Freitag, 27.04., ein Uhr dreißig
Ja, Hannes, wir haben deinen Geburtstag gefeiert. Wir waren vollzählig, glaub ich, zumindest ist mir persönlich niemand abgegangen. Als ich kam, war die Nele
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