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Happy Family

Happy Family

Titel: Happy Family Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Safier
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ist jetzt gerade sekundär», drängelte Max. «Wir haben es eilig!»
    Damit hatte er natürlich recht. Wir ließen Cheyenne zurück wie einen verwundeten Soldaten in einem amerikanischen Film, erklommen weiter im Laufschritt die Treppen, rannten dann durch Stollengänge mit vielen Gefängniszellen. Die Feen, Schutzengel und Elfen, die darin gefangen waren, so leiden zu sehen, war der blanke Horror für mich. Ihr Anblick erfüllte mich mit unglaublicher Wut. Höchstpersönlich wollte ich Dracula das Weihwasser in sein Schlammbad kippen und anschließend seine Asche gerne den Schweinen in den Trog mischen. «Wo sind die Schlüssel zu den Zellen?», fragte ich.
    «Wir haben keine Zeit, sie zu befreien!», erwiderte Mama.
    Ich blickte sie wütend an. Ich wollte die Wesen nicht eine Sekunde länger so leiden sehen.
    «Wir müssen uns erst um Dracula kümmern», redete Mama weiter auf mich ein.
    Damit hatte sie natürlich recht. So wenig es mir auch gefiel. Es machte keinen Sinn, alle zu befreien, wenn dann die Welt unterging. Und in dem Zustand, in dem die Wesen waren, konnten sie uns im Kampf gegen Dracula kein bisschen helfen.
    Dennoch konnte ich mich nicht losreißen: Es war das erste Mal, dass ich irgendjemanden mit eigenen Augen so habe leiden sehen. Das war was ganz anderes als im Fernsehen. Und mit einem Schlag wurde mir klar, was ich mit meinem Leben anfangen wollte, wenn wir hier jemals lebend rauskommen sollten: Ich wollte Wesen in Not helfen. Es ging nicht darum, Revolutionen anzuzetteln oder Diktatoren zu stürzen, es ging darum, Leid zu mindern. Dazu brauchte es keine Mumien mit Superkräften, sondern Menschen, die sich für andere einsetzten.
    Mann, hätte das noch vorgestern jemand zu mir gesagt, ich hätte gefragt, ob er zu viel Weihrauch eingeatmet hatte.
    «Komm jetzt endlich», drängelte Mama, ich nickte, und wir rannten aus dem Verlies in das eigentliche Schlossgebäude. Während wir liefen, erklärte Mama uns: «Dracula hat einen Drei-Sterne-Koch.»
    «Wer für so einen arbeitet, ist ein Vier-Sterne-Arschloch», antwortete ich.
    «Die meisten Sterneköche kochen für nicht allzu nette Menschen, denn nur solche können sich die leisten», machte Mama einen auf sozialkritisch.
    «Jedenfalls wird uns so ein dussliger Kochlöffel-Jongleur nicht aufhalten können», antwortete ich, als ich die Schwingtür zur Küche aufstieß.
    «Da könnte man auch eine Gegenthese zu entwickeln», schluckte Max und deutete auf den Koch, der mitten in der schicken Edelstahl-Küche am Küchenblock stand. Es war ein Dämon aus der Hölle, über zwei Meter groß, komplett mit Hörnern auf der Stirn und einem Schwanz, an dessen Ende Zacken waren wie bei einem Morgenstern. Wenn man so ein Ding ins Gesicht bekam, musste man sich nie wieder Sorgen um Pickel machen. Dass der Dämon eine Kochmütze aufhatte, ließ ihn leider auch nicht harmloser wirken. Er sah uns und rief stinkig: «Raus aus meiner Küche, hier gibt es strenge Hygiene-Bestimmungen!»
    Papa ging sofort auf ihn zu. Sicher würde er gleich mit dem Dämon den Boden aufwischen, so wie er es mit dem Käfer Impotent gemacht hatte.
    Er schlug auch gleich mit einem lauten «Ufta» zu, mit seiner Faust voll auf das rote Kinn des Dämons. Doch dann schrie er und hielt sich seine Hand. Der Dämon hatte anscheinend eine Haut härter als Stahl. Lächelnd prügelte er Papa mit seiner Pfanne, und der flog darauf quer durch die Küche gegen ein Regal voller Töpfe. Dort fiel er ohnmächtig zu Boden, die Töpfe regneten auf seinen harten Kopf herab, und dadurch erklang eine Melodie wie bei einem unharmonischen Glockenspiel.
    «Der Dämon ist enorm stark», winselte Max.
    «Wär mir so nicht aufgefallen», schluckte ich.
    Der Kochteufel hingegen hatte andere Sorgen: «Meine Sauce béarnaise kocht über!»
    Probleme, die man haben will, dachte ich mir.
    «Hören Sie», versuchte Mama es mit Kommunikation, «wir wollen nur etwas Salz und Oliv…»
    Weiter kam sie nicht. Der Dämon versetzte ihr ebenfalls mit der Pfanne einen Schlag, auch sie flog gegen die Wand und landete neben Papa. Dieses Wesen aus der Hölle war durch pure Kraft nicht zu bezwingen. Also galt es herauszufinden, wie es mit seinem Willen bestellt war. Mit tierischem Schiss und wackeligen Beinen ging ich auf ihn zu, während er den Soßentopf vom Gasherd nahm. Entweder würde ich ihn hypnotisieren können, oder er würde mich so schlagen, wie er es bei Papa und Mama getan hatte. Nur würde ich dann nicht benommen in

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