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Happy Family

Happy Family

Titel: Happy Family Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Safier
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mein Sohn», antwortete Baba und ließ sich matt zu dem Kleinen auf den Boden fallen. Die anderen alle herzuzaubern, hatte sie ihre letzte Kraft gekostet.
    «Also, in meiner Klasse haben ja so einige alte Mütter», kommentierte Fee, «aber das hier ist echt übertrieben.»
    «Sie soll uns zurücktransformieren!», deutete Max auf Baba Yaga.
    Ich überlegte, ob ich meiner Familie davon erzählen sollte, dass die Hexe dies nicht konnte. Dass wir unsere alten Körper nur wiederbekommen würden, wenn wir alle zusammen einen gemeinsamen Moment des vollkommenen Glücks empfanden. Aber ich entschied mich dagegen. Warum sollte ich sie mit einem Szenario quälen, das genauso realistisch war wie die geistige Genesung von Charlie Sheen. Abgesehen davon hatten wir etwas zu erledigen, daher erklärte ich: «Wir sind in Draculas Verlies, und wir müssen erst mal die Menschheit vor ihm retten. Und das geht nur als Monster.»
    «Immer, wenn man denkt, es geht nicht beschissener …», seufzte Fee, «kommt der nächste Haufen.»
    Damit brachte sie wohl eines der wesentlichen Naturgesetze des Lebens auf den Punkt.
    Frank aber sah mich mit funkelnden, eifersüchtigen Augen an und fragte: «Drfmula? Fmumsi?»
    «Da lief nichts mit fmumsi!», log ich hastig wie ein Politiker vor dem Untersuchungsausschuss. «Und wenn hier einer nicht über ‹fmumsi› reden sollte, dann bist ja wohl du das, Mister Fmumsi hoch acht!»
    Das Funkeln verließ Franks Augen, schuldbewusst blickte er zur Seite. Angriff ist in Sachen Untreue immer noch die beste Verteidigung.
    «Er hat Suleika in die Wüste geschickt», verteidigte Max ihn.
    Das verblüffte mich und nahm alle Luft aus meiner Aggressivität.
    «Bitte nimm Papa doch wieder zurück», barmte Max und sah mich mit seinen treuen Werwolfsaugen an. Ich blickte unwillkürlich rüber zu Frank. Der drehte vorsichtig den Kopf wieder zu mir und schien tatsächlich darauf zu hoffen, dass ich ihm verzieh.
    Wollte ich das?
    Konnte ich das?
    Vor meinem geistigen Auge sah ich, wie Frank – der menschliche Frank – sich mit Suleika herumwälzte. Gleich darauf sah ich vor meinem geistigen Auge, wie ich mich mit Dracula herumwälzte, und dann verfluchte ich mein geistiges Auge, dass es mir nicht mal nettere Bilder liefern konnte.
    Statt meiner antwortete Fee: «Der Mistkerl hat sie doch betrogen!»
    Es war schon verrückt: Ausgerechnet meine rebellische Tochter verteidigte mich.
    «Motz Papa nicht so an, er ist kein Mistkerl! Er hat uns das Leben gerettet!», verteidigte Max nun seinerseits seinen Vater und brachte Fee damit dazu, von Frank wieder zu weichen. Ihre Wut verrauchte, und sie sagte zu ihrem Bruder: «Okay, okay … vielleicht hast du recht.»
    Anscheinend hatte Frank den Kindern wirklich das Leben gerettet, während ich nicht bei ihnen gewesen war. Er hatte in den letzten Stunden viel mehr für unsere Familie getan als ich. Stunden, in denen ich mich ganz der Leidenschaft mit Dracula hingegeben hatte.
    Gott, wie ich mich schämte.
    Und beim Schämen schossen durch meinen Kopf wieder die Wälzbilder von Dracula und mir. Bilder, bei denen ich mich fragte, ob selbst für den unwahrscheinlichen Fall, dass ich Frank jemals verzeihen könnte, er mir überhaupt verzeihen würde?
    «Ich möchte ja nicht eure
Gute Zeiten, Schlechte Zeiten
-Nummer unterbrechen», mischte sich Jacqueline wieder ein, «aber hatte hier nicht eben jemand was von die Menschheit retten erzählt? Nicht, dass ich die Menschheit geil finde. Aber wenn es die nicht mehr gibt, gibt es vielleicht auch kein Bier mehr. Und keine Zigaretten. Und das wäre ganz schön scheiße.»
    Hastig berichtete ich darauf von Haribos Prophezeiung und Draculas finsteren Plänen. Als ich fertig war, standen alle ziemlich erstaunt da. Jacqueline fand als Erste die Worte wieder: «Das kann ich eben nicht wirklich gehört haben. Ich muss noch bekifft sein.»
    «Du warst bekifft?», fragte Max und blickte sie unsicher an. Sie sah mindestens ebenso unsicher zurück und antwortete: «Deswegen hab ich gestern Abend so gelacht.»
    Max lächelte zaghaft. Jacqueline lächelte ebenfalls zaghaft zurück. Und ich hatte keinen blassen Schimmer, worum es bei den beiden ging.
    Frank, bei dem ein Groschen ja eine Weile dauerte, bis er durch die rostigen Gehirnwindungen fiel, war nun erzürnt bei der Vorstellung, dass Dracula mich ein paar tausend Mal schwängern wollte. Er bückte sich zu dem Verliesboden und zeichnete mit seinen großen Fingern in die Erde:

    Frank

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