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Happy Family

Happy Family

Titel: Happy Family Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Safier
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Augenblick kein schlechtes Gewissen, weil ich gar kein schlechtes Gewissen hatte.
    Es sei denn … Dracula log mich an, und er hatte mir doch was ins Essen gepanscht.
    «Lügst du mich an?», fragte ich geradeheraus.
    «Nein», erwiderte er, klar und ohne mit der Wimper zu zucken.
    Ich dachte über die Antwort nach und fragte: «War das jetzt eine Lüge?»
    «Nein.»
    «Und das?»
    «So wirst du es nie herausfinden», lächelte er freundlich.
    Da war was dran.
    «Du musst schon selber spüren», erklärte Dracula sanft, «ob dein Verlangen nach mir echt ist oder nicht.»
    Ich spürte in mir herum und stellte fest: Mein Verlangen war echt. Nicht nur das, es fühlte sich verdammt gut an. Dracula liebte mich, ich begehrte ihn, und ich war allein. Getrennt von meinem betrügerischen Mann und den undankbaren Kindern. Ich konnte mein eigenes Leben leben. Ich durfte mein eigenes Leben leben! Und ich durfte das auch genießen. Niemand konnte mir das verbieten!
    Ich wollte meine Freiheit sofort ausleben. So fragte ich Dracula direkt: «Hast du etwas dagegen, wenn ich dich jetzt küsse?»
    Eine Antwort wartete ich erst gar nicht ab. Ich beugte mich über das andalusische Tiramisu zu ihm über den Tisch und presste die Lippen sanft auf seine. Sie waren kalt wie meine. Aber – man verzeihe mir die kitschige Ausdrucksweise, doch manchmal ist Kitsch einfach so etwas von wahr – als unsere kalten Lippen sich berührten, brannte unsere Leidenschaft wie Feuer. Dracula küsste wie ein Großmeister, anscheinend hatte er sein unsterbliches Leben auch dazu genutzt, seine Kusstechnik zu perfektionieren. Minutenlang ließen wir nicht voneinander ab – als Vampire brauchten wir dankenswerterweise nicht zu atmen.
    Als er dann schließlich doch seine Lippen von den meinen nahm, wollte ich das kaum zulassen. Dracula sprach aber nur kurz einmal in die Bordsprechanlage und gab seiner Besatzung den freundlichen Befehl: «Bis wir landen, wollen wir ungestört sein.»
    Dann küsste er mich wieder und zog mich langsam aus. Und da mein Vampirkörper so viel attraktiver war als mein früherer, musste ich mir dabei keine Gedanken über die Beleuchtung machen, es gab keine Körperstellen mehr, die ich bei einem ersten Mal lieber in schummrigem Licht entblößt hätte. So dachte ich mir lediglich: «Landen? Wer zum Teufel will landen?»

[zur Inhaltsübersicht]
FEE
    Ich wirbelte über die Wüste hinweg, über der gerade die Sonne aufging. Immo flog im Sicherheitsabstand hinter mir her – ich hatte ihm damit gesagt, dass er es ja nicht wagen sollte, seinen Sand mit meinem zu vermischen.
    Ich brauste über ein Meer, von dem ich nicht wusste, ob es das Rote Meer war, das Tote Meer oder das Was-auch-immer-Meer. Ich hätte in Geo wohl mal besser aufpassen sollen. Danach sauste ich wieder über Land. Aber egal, wo ich auch hinflog, welche arabische Stadt ich auch umwehte, ich sah aus meiner Google-Earth-Perspektive keine Armeen, die Menschen unterdrückten, oder Polizisten, die Demonstranten prügelten. Niemanden, dem ich mal zeigen konnte, was eine Harke bzw. eine Viehpest ist.
    Schließlich überflog ich eine kleine arabische Hafenstadt. Dort erblickte ich in einer kleinen schmuddeligen Gasse mit windschiefen Häusern zwei junge Typen, die einen Anzugträger mit großem Schnurrbart verprügelten. Das war besser als nichts.
    Aus großer Höhe wirbelte ich hinab und sah, wie die beiden arabischen Schläger versuchten, sich vor meinem Sandsturm hinter Mülltonnen zu verstecken. Ihr schnauzbärtiges Opfer hatte keine Kraft mehr aufzustehen und lag auf dem Boden. Ich rieselte als Sand herunter in die Gasse und verwandelte mich in meine Mumiengestalt. Die beiden Typen bewiesen, dass sie keine Volldeppen waren, und verkrochen sich noch mehr hinter ihren Mülltonnen.
    «Heute aufzustehen, war keine gute Idee von euch», rief ich ihnen zu und belegte sie zuerst mit Viehpest. Die Kerle bekamen Beulen im Gesicht und sahen binnen Sekunden aus wie die Wesen, mit denen sich Frodo in
Herr der Ringe
rumschlagen musste. Dann ließ ich auch gleich noch einen Schwarm Stechmücken auf sie los und, als krönenden Schluss, noch einen kleinen Froschschauer. Als ich fertig war, lagen die Typen ohnmächtig und verbeult am Boden.
    Doch aus irgendeinem Grund machte mich das Ganze nicht glücklich. Irgendwie hatte ich erhofft, dass es befriedigender sein würde, üblen Burschen eins reinzuwürgen. Stattdessen musste ich bei dem, was ich ihnen angetan hatte, selber

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