Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Happy Family

Happy Family

Titel: Happy Family Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Safier
Vom Netzwerk:
er zurück.
    «Ich komme als Attraktion!»
    «Was hast du zu bieten?»
    «Das müssen Sie sich schon selber ansehen.»
    Nach einer Weile des Sinnierens antwortete der große Maximus: «Okay, aber wenn es mich nicht überzeugt, lass ich dich von den siamesischen Zwillingen verprügeln. Die haben zwei sensationelle linke Fäuste!»
    Ich schluckte. Und wartete. Anscheinend musste sich der Zirkusdirektor erst mal anziehen. Nach einer gefühlten Ewigkeit ging die Tür endlich auf, und der große Maximus stand vor mir im Bademantel und war … ziemlich klein. Um exakt zu sein: Er war ein Liliputaner. Einer der ganz, ganz fiesen Sorte, die im Kampf den Gegnern bestimmt an den Haaren zieht oder ins Ohr beißt.
    Tapfer sagte ich: «Ich sehe, der Name ‹Der Große Maximus› ist eine ironische Selbstreferenz.»
    «Wieso denn ironisch?», antwortete er aggressiv. Anscheinend meinte er seinen Namen ganz und gar nicht ironisch. «Und was zum Henker ist ‹Selbstrefenz›?»
    «Das ist, wenn …», wollte ich erklären.
    «Halt’s Maul!», unterbrach er. Dann musterte er mich und war dabei kein bisschen erstaunt, einen parlierenden Werwolf vor sich zu haben. Er war Kreaturen wie mich ganz offensichtlich gewohnt.
    «Wie heißt du?», fragte er mich.
    «Max.»
    «Wenn du im Zirkus Maximus arbeiten willst, kannst du nicht so heißen!»
    «Das heißt … ich kann hierbleiben?»
    «Du bekommst freies Essen, ein Dach überm Kopf und 25 Dollar im Monat.»
    «Nur 25 Dollar?»
    «Wo willst du denn als Wolf groß Geld ausgeben?»
    Das war ein schlagendes Argument. Dennoch wollte ich nicht einwilligen. Wenn ich schon ein Vagabund werden sollte, dann einer, der sich nicht billig abspeisen lässt.
    «Ich will 50 Dollar!», sagte ich mit allem Mut, den ich aufbringen konnte.
    «Ich bin Maximus der Große», antwortete der Liliputaner im Bademantel und kramte dabei eine dicke Zigarre aus seiner Bademanteltasche, «und nicht Maximus der Krösus!»
    «50 Dollar, oder ich geh», insistierte ich.
    «Ich bin auch nicht Maximus, der Typen wie dich nötig hat», erwiderte er und steckte sich die Zigarre genüsslich an.
    Ich zögerte. Sollte ich jetzt wirklich gehen? Doch wohin?
    «Du siehst nicht gerade aus wie jemand, der eine große Wahl hat», stellte er fest. Er war höchstwahrscheinlich der einzige Liliputaner der Welt, der mit einem so von oben herab reden konnte.
    «Na gut, dann eben 25 Dollar», willigte ich zähneknirschend ein.
    «20», korrigierte er kühl.
    «Eben waren es doch 25?!?», protestierte ich.
    «Da hattest du es auch noch nicht gewagt, mir zu widersprechen», erwiderte Maximus und blies mir den Zigarrenrauch ins Gesicht.
    «Aber …», hustete ich.
    «Schon wieder widersprochen. Jetzt sind es nur noch 15.»
    «Hey!»
    «13.»
    «Das …»
    «10.»
    «Ich sollte wohl nicht weiterreden», resignierte ich.
    «Endlich hast du begriffen, wie es bei Maximus läuft», grinste er und tätschelte dabei grob meinen Wolfskopf. «Jetzt zeig ich dir, wo du pennen kannst!»
    «Krieg ich einen eigenen Wagen?», fragte ich hoffnungsvoll, als wir die Treppe von seinem runtergingen. Ein eigenes Reich hätte mir sehr gut gefallen.
    Darauf begann Maximus zu lachen: «Ein eigener Wagen … du bist lustig … vielleicht kannst du auch als Clown auftreten! Bei unserem heulen die Kinder immer …»
    Ich betrachtete mir den lachenden Liliputaner, und mich fröstelte es bei dem Gedanken, dass ich diesen Mann fortan jeden Tag sehen würde. Mit einem Male fühlte ich mich wie eine jener unglücklichen Waisen aus den Kinderbüchern, die bei den Bösen blieben, weil sie unter einem dramatischen Mangel an Alternativen litten.
    Nachdem Maximus endlich zu Ende gelacht hatte, fragte er mich, beim Gang über das Zirkusgelände: «Wie willst du jetzt heißen?»
    Ich dachte nach: Warum sollte ich ein neues Leben nicht mit einem neuen Namen einläuten? Vielleicht Harry oder Oliver oder der eines anderen Waisenkinds, das zu einem großem Helden geworden war – auch wenn ich mittlerweile ziemlich fest davon überzeugt war, dass ich nicht aus dem Stoff war, aus dem Helden werden.
    Nach etwas Sinnieren fiel mir der Name eines anderen berühmten Waisen ein, der zum Helden wurde, ein Captain namens Kirk. Und so antwortete ich Maximus: «Ich will James Tiberius heißen!»
    Maximus musterte mich.
    «Tiberius passt auch ein bisschen zu Maximus», versuchte ich, ihm die Idee schmackhaft zu machen.
    Er lächelte jetzt. Großartig. Ich würde mein neues Leben

Weitere Kostenlose Bücher