Happy New Year in Virgin River (German Edition)
College nicht abgeschlossen und fotografierte, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Dabei spielte es keine Rolle, dass sie gute Bilder machte. Es war einfach nicht sonderlich beeindruckend. Manchmal geriet sie auf die Schiene: „Wenn ich ein Supermodel mit einem fantastischen Körper wäre, hätte er mich nie verlassen.“ Ihr Kopf sagte ihr, dass das Blödsinn war, es hielt sie jedoch nicht davon ab, viel zu viele Mängel an sich zu entdecken.
Anstatt nun mit Annie darüber zu reden, fragte Sunny: „Hast du es gewusst? Also ich meine, hat es jemals einen Hinweis gegeben, dass etwas nicht in Ordnung war?“
Annie schüttelte den Kopf. „Erst hinterher. Da ist mir dann aufgefallen, dass er nie ein Wochenende mit mir verbracht hatte. Und ich war damals viel zu vertrauensselig, um mich überhaupt einmal zu fragen, warum er mich nie gebeten hatte, ihn mal auf eine seiner Geschäftsreisen zu begleiten, oder warum er mich nie mitgenommen hat, wenn er in einer der umliegenden Städte geschäftlich übernachten musste. Ja, nachdem alles vorüber war, hatte ich sehr viele Fragen. Aber während der Zeit?“ Sie schüttelte den Kopf. „Nein, ich wusste nicht, dass etwas nicht in Ordnung war.“
„Ging mir genauso.“
„Wahrscheinlich wollte ich es einfach nicht wissen“, fügte Annie hinzu. „Ich gehe Konflikten lieber aus dem Weg.“
Dazu sagte Sunny nichts. Sie wusste nur allzu gut, wie sie selbst weggeschaut hatte, und das schmerzte genauso sehr wie die harte Wahrheit.
„Also eine Sache gab es schon“, verbesserte sich Annie. „Nachdem alles vorüber war, habe ich mich gefragt, ob ich nicht viel verzweifelter darum bemüht gewesen wäre, jeden Moment mit ihm zu verbringen, wenn ich ihn wirklich geliebt hätte. Versteh mich richtig, Nate wird ziemlich oft mitten in der Nacht rausgerufen, und ich mache deswegen kein Theater. Aber wir beklagen uns beide, wenn wir nicht genug Zeit miteinander verbringen können. Wir brauchen uns gegenseitig sehr. Bei Ed war das nie so. Es ging mir absolut gut, wenn er nicht bei mir war. Das hätte mich stutzig machen sollen, nehme ich an.“
Das hilft mir nicht weiter, dachte Sunny. Glen hatte sich ständig darüber beklagt, dass sie von freitags bis sonntags durchgehend mit Fototerminen ausgebucht war. Es hatte Zeiten gegeben, in denen sie an den Wochenenden Sechzehnstundentage eingelegt hatte, um drei Trauungen nebst Hochzeitsempfängen sowie eine Taufe abzulichten. Dazwischen hatte sie zusätzlich noch die eine oder andere Diashow von Verlobungen eingeschoben, ein paar Babyfotos gemacht oder was immer sie sonst noch für Leute tun konnte, die während der Woche arbeiteten und denen nur das Wochenende zur Verfügung stand. Von montags bis donnerstags war es dann eine wahnsinnige Schufterei, die Fotos zu bearbeiten und die Druckfahnen zu erstellen.
Glen war Streifenpolizist bei der California Highway Patrol, und er machte lieber Spätschichten, um am Wochenende freizuhaben. Und genau dann hatte Sunny nie Zeit für ihn.
Sunny dachte an ihre diesbezüglichen Auseinandersetzungen. Moment mal! Hier lag der Schlüssel, den sie damals übersehen hatte. Glen hatte bereits ein paar Dienstjahre bei der CHP auf dem Buckel, warum also sollte er Spätschichten machen, um am Wochenende freizuhaben, wenn er doch wusste, dass sie die ganze Zeit mit ihren Klienten beschäftigt sein würde? Sie war ziemlich stolz darauf, es in kürzester Zeit geschafft zu haben, sich eine gute Klientel aufzubauen und für eine Frau in ihrem Alter unglaublich gut zu verdienen. Vor allem die Hochzeiten waren immer sehr lukrativ. Um aber diesen Erfolg haben und halten zu können, musste sie ihre Wochenenden opfern.
Warum also? Für ihn wäre es ein Leichtes gewesen, dafür zu sorgen, dass sein Dienstplan so umgestellt wurde, dass er seine freien Tage dienstags bis donnerstags nehmen konnte. Das waren die Tage, an denen sie am wenigsten zu tun hatte. Genau, wenn er sich an diesen Tagen freigenommen und an den anderen Tagen regelmäßig die Frühschicht gearbeitet hätte, hätten sie jeden Abend zusammen einschlafen können. Glen hatte damals argumentiert, dass es seiner inneren Uhr nicht entsprach, er sei kein Morgenmensch. Und er ging
gern
am Wochenende aus. Angeblich traf er sich mit „den Jungs“. Den
Jungs?
Wenig wahrscheinlich …
Nachdem er sie in der Kirche sitzen ließ, hatten seine beiden Trauzeugen ihr gestanden, dass er so seine Zweifel daran gehabt hatte, sich für immer und alle Zeiten zu
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