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Harka der Sohn des Haeuptlings

Harka der Sohn des Haeuptlings

Titel: Harka der Sohn des Haeuptlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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versöhnen.«
    »Es ist noch ein weißer Mann gekommen. Tschetan sagt, dieser kann gut schießen.«
    »Das werden wir sehen, Harka!«
    »Darf Gelbbart jetzt dein Bild malen?«
    »Ja, das darf er, hau!«
    Das Fell war abgezogen. Mattotaupa lud es seinem zitternden Pferde auf.
    Dann ging der Ritt heimwärts, im leichten Galopp wie im Fluge über die Prärie, über die die goldene Sonne strahlte.
     
     
     

 
Mazzawaken
     
    Auf dem Heimritt am Nachmittag beeilten sich die beiden Jäger nicht sonderlich, aber sie zögerten auch nicht. Sie genossen das Bewußtsein, etwas Großes geleistet, eine Gefahr überwunden zu haben und als Sieger zu ihren heimischen Zelten zu kommen. Dort würden ihnen die Jungen und Burschen jubelnd entgegeneilen und die Krieger und Alten sie mit Bewunderung empfangen.
    Welch ein denkwürdiges Zusammentreffen, daß Mattotaupa das Fell des stärksten grauen Bären, der je von den Kriegern beobachtet worden war, heimbringen konnte an einem Tag, an dem Tatanka-yotanka, einer der bedeutendsten Geheimnismänner und Anführer der sieben Dakotastämme, in den Zelten der Bärenbande weilte.
    Harka, der hinter dem Vater ritt, sah vor sich auf der Kruppe von seines Vaters Pferd das Bärenfell; er schaute immer wieder darauf, die Größe bewundernd, in Vorfreude auf den Empfang, den Mattotaupa bei den Tipis finden mußte. Jetzt war das Dorf von der Furcht vor dem Raubtier befreit.
    Der Knabe sah in seiner Freude auch die Gräser, die sich im Wind wiegten, das Blau des Himmels, an dem weiße Wolken schnell dahinsegelten; er hörte das leise Plätschern des Pferdebaches, und mit scharfen Augen erkannte er schon fern, ganz fern den etwas dunkleren Fleck des Gehölzes, in dem die Zelte versteckt lagen.
    Da – was war das? Es bewegte sich etwas auf der Prärie!
    Harka spähte, und er erkannte, daß Mattotaupa die gleiche Beobachtung gemacht haben mußte, denn auch der Häuptling wandte den Kopf, und dann griff er in den Zügel und hielt den Mustang an.
    »Harka, was siehst du dort?« fragte er.
    »Vier Tiere, Vater. Vier Pferde. Sie laufen zwei und zwei. Mit Reitern. Aber ich weiß nicht – es scheinen nur zwei Reiter zu sein.«
    Mattotaupa spähte weiter, ohne zunächst eine Antwort zu geben.
    »Im Schritt reiten sie«, sagte er schließlich.
    »Ja, ganz langsam. Ostwärts.«
    »Komm, wir holen sie ein. Ich muß wissen, wer das ist.«
    Mattotaupa und Harka setzten ihre Pferde wieder in Galopp. Die Indianer, die ohne Sattel und Steigbügel ritten, ließen die Pferde nicht traben, da dies für den sattellosen Reiter sehr unangenehm ist. Sie ritten Schritt oder Galopp.
    Da die Reiter in der Ferne ihr langsames Tempo beibehielten, holten der Häuptling und sein Sohn sie rasch ein. Im Näherkommen erkannte auch Harka bald, wen sie vor sich hatten. Das waren Weitfliegender Vogel Gelbbart und Langspeer; sie führten ihre beiden Maultiere und das Gepäck mit. Die beiden hielten an, wendeten die Tiere und schauten Mattotaupa und Harka entgegen. Diese galoppierten nach indianischer Übung nahe heran, als ob sie ihre beiden Gäste umreiten wollten, und rissen kurz zuvor die Pferde zurück.
    »Ho, Mattotaupa!« rief der Maler froh, und zugleich mit ihm sprach Langspeer: »Was sehen wir! Du hast das Fell des Bären! Was für ein Fell! Ja, das ist das Fell des Burschen, der uns in den Bergen erschreckt hat! Großer Jäger Mattotaupa! Dieses Prachtstück von Bären hast du erlegt!«
    Der Häuptling bejahte und lachte strahlend. Auch Harka lächelte. Aber dabei betrachtete er nachdenklich den Maler, dessen Gefährten, die Maultiere und das Gepäck.
    Was hatte Weitfliegender Vogel im Sinn? Er wollte doch nicht etwa die Zelte verlassen, ehe er das Bild des großen Jägers gemalt und an dem Jagdfest teilgenommen hatte? Harka hatte Langspeer und den sonderbaren Maler liebgewonnen, obgleich der letztere nur schlecht schießen konnte. Aber er hatte nach Harkas Meinung in vielem einen klaren Sinn erwiesen und dem Jungen auch erlaubt, sein Mazzawaken zu studieren. Wenn Harka sich daran zurückerinnerte, mit welchen Gefühlen und Vorstellungen er den Maler und Langspeer das erstemal vom Sandhügel aus beobachtet hatte, so mußte er über sich selbst lachen. Jetzt wußte er schon, daß der weiße Mann einen Hut auf dem Kopf trug, um sich gegen Sonne und Kälte zu schützen, deren starke Einwirkung er in den Steinhäusern der weißen Männer nicht ertragen gelernt hatte, daß die hohen Mokassins beim Durchwaten von Flüssen gute

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