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Harka der Sohn des Haeuptlings

Harka der Sohn des Haeuptlings

Titel: Harka der Sohn des Haeuptlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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Strecke von 57 Kilometer bezwungen. Männer, Frauen und Kinder kümmerten sich nicht um die Pracht des roten Sonnenballs, der Himmel und Prärie noch einmal mit seinen Strahlen übergoß, ehe er unter dem Horizont entschwand. Sie fröstelten leicht in der Kälte, die mit der Dunkelheit kam, und die Frauen und Mädchen hantierten so schnell und gewandt wie je, um die dreißig Zelte aufzuschlagen, die Schutz für die Müden versprachen.
    Die Jungen und Mädchen schliefen in ihren Decken sofort ein und erwachten erst wieder, als die Sonne im Osten mit verjüngter Herrlichkeit aufging. Man hatte auch in dieser Nacht an einem kleinen Wasser gelagert, und es zeigte sich in der Frühe, daß es zwei geeignete Badeplätze gab. Zu dem einen gingen die Frauen und Mädchen, zum anderen die Männer und Jungen. Harka bedauerte sehr, daß der Wasserlauf sogar jetzt im Frühling so seicht war, daß man nicht darin schwimmen konnte. Im Sommer mußte dieser Bach wohl ganz versickern. Der Junge legte sich in das Rinnsal, tummelte sich und spritzte sich mit dem jüngeren Harpstennah. Nach dem Bad rieben sich die Kinder mit Sand ab und salbten sich mit Bärenfett ein; das machte die Haut geschmeidig und unempfindlich gegen Sonne, Wind und Kälte. Im Tipi gab es an diesem Morgen Wolfsfleisch zu essen; es schmeckte schlecht, war aber besser als gar nichts.
    Nach dem Frühstück bis zum Aufbruch blieb noch ein wenig Zeit. Untschida, die Großmutter, saß bei der Feuerstelle und sortierte einige Kräuter, die sie am Bachufer gesammelt hatte. Harka schaute mit seiner Schwester Uinonah zu. Die Großmutter erklärte den Kindern die Heilkräuter: Diese, sagte sie, seien gut, um auf offene Wunden gelegt zu werden, jene aber dienten zum Verheilen der Narben. Uinonah war sehr aufmerksam, denn sie wollte einmal eine ebenso angesehene Geheimnisfrau werden, wie es die Großmutter war. Harka hatte weniger Geduld. Er fragte Untschida, ob sie glaubte, daß die Krieger der Bärenbande bald Wunden empfangen würden, für die sie die Heilkräuter brauchten.
    »Du liest meine Gedanken, Harka Wolfstöter«, antwortete die Mutter Mattotaupas. »Wir ziehen dorthin, wo die Sonne gegen Mittag steht. Dort aber wohnen die Pani, die den Dakota feind sind. Auch sie wollen Büffel jagen, und wenn wir ihnen begegnen, müssen unsere Männer kämpfen.«
    »Das Dakotaland reicht bis zu einem großen Fluß, hat mein Vater gesagt, und die Pani haben kein Recht, diesen zu überschreiten!«
    »Das sagen die Häuptlinge und Krieger der Dakota. Die Häuptlinge und Krieger der Pani aber denken anders über die Grenzen der Jagdgefilde.«
    Untschida hatte noch mehr sagen wollen, aber sie unterbrach sich, denn die Mutter der Kinder kam herein. Sie war erregt und berichtete, daß die Späher Spuren gefunden hätten, fremde Fährten in der Nähe des Zeltlagers.
    Harka lief daraufhin sofort aus dem Tipi. Er wollte Näheres darüber erfahren, um was für Spuren es sich handelte.
    Er sah, wie Mattotaupa und Sonnenregen zusammen vor dem Zauberzelt standen, als ob sie zu Hawandschita hineingehen wollten. Die beiden Männer hatten den Schritt kurz vor dem Tipi des Zaubermannes angehalten. Sonnenregen sprach auf Mattotaupa ein. Es schien, als ob er den Häuptling für seine Auffassung schon gewinnen wollte, noch ehe die Beratung mit dem Zaubermann begann. Die beiden Männer konnten sich anscheinend nicht einigen. Sie brachen schließlich ihr Gespräch ab und gingen zusammen in das Tipi des Zaubermannes. Damit waren sie für Harka verschwunden.
    Der Junge stellte sich auf die Zehenspitzen, unschlüssig, ob er zum eigenen Zelt zurückgehen oder Tschetan suchen oder sich mit einigen Jungen Hunden zusammenfinden sollte. Da wurde ihm die Entscheidung abgenommen, denn Tschetan fand sich überraschend ein.
    »Was stehst du da wie ein Büffel, der die Herde verloren hat?« fragte er den Jungen.
    »Sie beraten in Hawandschitas Zelt.«
    »Weißt du worüber?«
    »Über die Fährten«, riet Harka.
    »Und was denkst du?«
    »Unsere Kundschafter haben Spuren gefunden. Was soll ich darüber denken, da ich die Spuren doch nicht gesehen habe? Erst muß ich sie sehen, dann kann ich über sie nachdenken.«
    »Hau. Soll ich dir die Spuren zeigen?«
    »Ja!« Harkas ganzer Körper spannte sich wie eine Bogensehne unter der Hand eines Kriegers.
    »So komm.« Tschetan lief mit Harka im Dauerlauf in die Prärie hinaus. Schonka stand bei seinem verwaisten Zelt und schaute den beiden nach.
    Tschetan und Harka hatten

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