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Harry Bosch 15 - Neun Drachen

Harry Bosch 15 - Neun Drachen

Titel: Harry Bosch 15 - Neun Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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hatte.
    Eine Stunde später, Bosch hatte sich inzwischen mit einem Ankläger der Staatsanwaltschaft abgesprochen, betrat er das Vernehmungszimmer mit einer Schachtel, die das Beweismaterial zu dem Fall enthielt, und setzte sich Lam gegenüber an den Tisch. Der Verdächtige schaute mit einem bangen Blick auf. Das war immer so, wenn sie eine Weile isoliert gewesen waren. Was draußen nur eine Stunde war, war drinnen eine Ewigkeit.
    Bosch stellte die Schachtel auf den Boden und stützte seine verschränkten Arme auf den Tisch.
    »Eugene, ich bin hier, um Ihnen ein paar grundlegende Dinge zu erklären«, begann er. »Hören Sie also gut zu. Sie müssen jetzt eine Entscheidung von enormer Tragweite treffen. Tatsache ist, ins Gefängnis kommen Sie auf jeden Fall. Daran führt kein Weg vorbei. Worüber Sie allerdings in den nächsten Minuten entscheiden können, ist, wie lange Sie dort bleiben werden: bis Sie ein sehr alter Mann sind oder bis man Ihnen eine Spritze verpasst und Sie einschläfert wie einen Hund … Aber Sie haben es auch in der Hand, sich die Möglichkeit offenzuhalten, eines Tages wieder in Freiheit zu kommen. Sie sind noch jung, Eugene. Deshalb hoffe ich, Sie treffen die richtige Entscheidung.«
    Er machte eine Pause und wartete, aber Lam zeigte keine Reaktion.
    »Eigentlich komisch. Ich mache das schon ziemlich lange, und ich habe schon vielen Männern, die einen anderen Menschen getötet haben, an einem Tisch wie diesem gegenübergesessen. Ich könnte nicht behaupten, dass alle von ihnen schlechte oder böse Menschen waren. Manche hatten Gründe, und manche wurden dazu angestiftet. Sie wurden auf die schiefe Bahn gelockt.«
    In gespielter Unerschütterlichkeit schüttelte Lam den Kopf.
    »Ich habe Ihnen doch gesagt, ich will einen Anwalt. Ich kenne meine Rechte. Sie dürfen mir keine Fragen mehr stellen, sobald ich einen Anwalt verlangt habe.«
    Bosch nickte.
    »Ja, da haben Sie recht, Eugene. Vollkommen. Sobald Sie Ihre Rechte geltend machen, dürfen wir Ihnen keine Fragen mehr stellen. Das ist nicht erlaubt. Aber deshalb stelle ich Ihnen ja auch keine Fragen, wie Sie sicherlich bemerkt haben. Ich sage Ihnen nur, was Sie erwartet. Ich sage Ihnen, dass Sie eine Entscheidung treffen müssen. Schweigen ist mit Sicherheit eine Option. Aber wenn Sie die Option Schweigen wählen, werden Sie die Welt da draußen nie mehr wieder sehen.«
    Lam schüttelte den Kopf und starrte auf den Tisch.
    »Lassen Sie mich bitte in Ruhe.«
    »Aber vielleicht hilft es Ihnen, wenn ich Ihnen den Sachverhalt erkläre, damit Sie klarer sehen, wo genau Sie stehen. Ich bin durchaus bereit, Ihnen entgegenzukommen. Ich lasse mir von Ihnen sogar in die Karten schauen, denn, wissen Sie was? Ich habe einen Royal Flush. Sie spielen doch Poker, oder? Dann wissen Sie auch, dass ein Royal Flush unschlagbar ist. Und genau das habe ich. Einen Royal Flush.«
    Bosch machte eine Pause. Er konnte Neugier in Lams Augen aufleuchten sehen. Natürlich fragte er sich, was sie gegen ihn vorliegen hatten.
    »Wir wissen, dass Sie in diesem Fall die Drecksarbeit gemacht haben, Eugene. Sie sind in den Getränkemarkt gegangen und haben Mr. Li kaltblütig erschossen. Aber wir sind ziemlich sicher, dass das nicht Ihre Idee war. Es war Robert, der Sie dazu angestiftet hat, seinen Vater zu töten. Deshalb haben wir es in erster Linie auf ihn abgesehen. Im Zimmer nebenan sitzt ein stellvertretender Bezirksstaatsanwalt, der bereit ist, Ihnen einen Deal anzubieten – zwischen fünfzehn Jahre und lebenslänglich, wenn Sie uns Robert liefern. Die fünfzehn Jahre werden Sie zwar auf jeden Fall absitzen müssen, aber danach haben Sie eine reelle Chance, aus der Haft entlassen zu werden. Sie überzeugen den Bewährungsausschuss, dass Sie nur ein Opfer waren, dass Sie von dem Drahtzieher im Hintergrund manipuliert wurden, und Sie kommen frei …«
    Nach einer kurzen Pause fuhr Bosch fort: »Das wäre die eine Möglichkeit. Schlagen Sie dagegen den anderen Weg ein, gibt es kein Zurück mehr. Wenn Sie vor Gericht verlieren, sind Sie geliefert. Das heißt, Sie werden in fünfzig Jahren im Gefängnis sterben – falls die Geschworenen nicht zu der Überzeugung gelangen, dass Sie die Spritze verdient haben.«
    Lam erklärte ruhig: »Ich will einen Anwalt.«
    Bosch nickte und antwortete in resigniertem Ton.
    »Klar, Mann, das müssen Sie schließlich selbst am besten wissen. Wir besorgen Ihnen einen Anwalt.«
    Er blickte zu der Kamera an der Decke hoch und hob ein

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