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Harry Bosch 16 - Spur der toten Mädchen

Harry Bosch 16 - Spur der toten Mädchen

Titel: Harry Bosch 16 - Spur der toten Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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der Supreme Court. Haller bestätigte jedoch, dass die auf dem Kleid des Opfers gefundene DNA nicht von Jessup stammt. Zugleich erklärte er, dieser Umstand spreche Jessup jedoch nicht von einer Beteiligung an der Tat frei. Haller ist ein bekannter Strafverteidiger und vertritt zum ersten Mal in einem Mordfall die Anklage. Seinen bisherigen Äußerungen nach zu schließen, scheint er sich seiner Sache sehr sicher zu sein. ›Wir werden in diesem Fall erneut die Todesstrafe beantragen‹, erklärte er heute Morgen.«
    Bosch drehte das Radio wieder leiser und sah in den Rückspiegel. Jessup schaute weiterhin aus dem Fenster.
    »Wie finden Sie das, Jessup? Er plädiert auf die Spritze.«
    Jessup antwortete unbeeindruckt.
    »Das ist doch alles nur Show. Außerdem wird in Kalifornien sowieso niemand mehr hingerichtet. Soll ich Ihnen mal sagen, was es bedeutet, in der Todeszelle zu sitzen? Es bedeutet, man hat eine Zelle ganz für sich allein und kann selbst entscheiden, was man sich in der Glotze ansehen will. Es bedeutet, man hat besseren Zugang zu einem Telefon und gescheitem Essen und kann leichter Besuch bekommen. Deshalb, soll er doch! Etwas Besseres kann mir gar nicht passieren. Außerdem ist es sowieso für’n Arsch. Das Ganze ist doch sowieso nur Theater. Nichts als Theater. In Wirklichkeit geht es hier nur um das Geld.«
    Der letzte Satz blieb ziemlich lang so stehen, bis Bosch endlich anbiss.
    »Um welches Geld?«
    »Um mein Geld. Warten Sie nur ab, Mann, früher oder später bieten die mir einen Deal an. Das hat mir mein Anwalt schon gesagt. Sie werden mir vorschlagen, dass ich mich auf einen Deal einlasse und mir die abgesessene Haftzeit anrechnen lasse, damit sie mir keine Entschädigung zahlen müssen. Um nichts anderes geht es bei dieser ganzen Scheiße, und Sie beide sind dabei nichts anderes als zwei dämliche Handlanger.«
    Bosch schwieg. Er fragte sich, ob das stimmen könnte. Jessup verklagte Stadt und County auf einen Millionenbetrag. War es möglich, dass die Wiederaufnahme des Verfahrens lediglich ein politischer Schachzug war, um Geld zu sparen? Beide Verwaltungseinheiten waren eigenversichert. Geschworene taten nichts lieber, als gesichtslose Unternehmen und Behörden mit absurd hohen Forderungen abzustrafen. Eine Jury, die glaubte, Staatsanwaltschaft und Polizei hätten einen Unschuldigen fälschlicherweise vierundzwanzig Jahre eingesperrt, wäre überaus großzügig. Eine Entschädigung im achtstelligen Bereich wäre sowohl für die Stadt als auch für das County eine Katastrophe, selbst wenn sie sich den Betrag teilten.
    Wenn sie dagegen Jessup so weit in die Enge treiben und einschüchtern konnten, dass er sich auf einen Deal einließ, bei dem er für ein Eingeständnis seiner Schuld die Freiheit erhielt, würde nichts aus der Zivilklage. Und auch nicht aus dem Geld für die Buch- und Filmrechte, auf die er spekulierte.
    »Klingt doch einleuchtend, oder etwa nicht?«, setzte Jessup nach.
    Bosch schaute in den Spiegel und merkte, dass Jessup jetzt ihn beobachtete. Er richtete den Blick wieder auf die Straße. In diesem Moment begann das Handy in seiner Jackentasche zu vibrieren, und er zog es heraus.
    »Soll ich drangehen, Harry?«, fragte Chu.
    Eine Erinnerung daran, dass es verboten war, beim Autofahren zu telefonieren. Bosch ignorierte seinen Partner und ging selbst dran. Es war Lieutenant Gandle.
    »Harry, wo sind Sie inzwischen?«
    »Fahren gerade vom Eins-null-Einser ab.«
    »Gut. Ich wollte Sie nur vorwarnen. Sie belagern schon das Gefängnis. Kämmen Sie sich vorher noch.«
    »Alles klar, aber vielleicht überlasse ich die Sendezeit meinem Partner.«
    Bosch schaute kurz zu Chu hinüber, schickte aber keine Erklärung hinterher.
    »Ganz wie Sie meinen«, sagte Gandle. »Was steht als Nächstes an?«
    »Er beruft sich auf sein Aussageverweigerungsrecht. Also liefern wir ihn einfach ein. Dann muss ich zurück ins Hauptquartier, mit den Anklägern reden. Ich habe ein paar Fragen an sie.«
    »Haben Sie gegen den Kerl schon was an der Hand oder nicht?«
    Bosch sah im Spiegel nach hinten zu Jessup. Der schaute wieder aus dem Fenster.
    »Keine Ahnung, Lieutenant. Wenn ich was Neues erfahre, erfahren Sie’s auch.«
    Wenige Minuten später bogen sie auf den Parkplatz hinter dem Gefängnis. Entlang der Rampe, die zur Eingangstür hinaufführte, waren mehrere Fernsehkameras aufgebaut. Chu setzte sich kerzengerade auf.
    »Jetzt wird’s ernst, Harry.«
    »Ja. Bring du ihn rein.«
    »Nein, das

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