Harry Potter und der Feuerkelch
sein?«
»Bist einer von den Langsamen, nicht?«
Er hatte die Maulende Myrte noch nie so gut gelaunt gesehen, außer an dem Tag, als sich Hermine mit einer Dosis Vielsaft-Trank ein haariges Gesicht und einen Katzenschwanz verpasst hatte.
Harry sah sich nachdenklich im Badezimmer um … wenn die Stimmen nur unter Wasser zu hören waren, dann mussten es Wassergeschöpfe sein. Er stellte seine Überlegung Myrte vor, die ihn nur geziert anlächelte.
»Tja, das hat Diggory auch gedacht«, sagte sie. »Da lag er und hat ewig lang mit sich selbst gesprochen. Kam einfach nicht zum Schluss … fast alle Seifenblasen waren weg …«
»Unter Wasser …«, sagte Harry langsam. »Myrte … was lebt eigentlich im See, außer dem Riesenkraken?«
»Oh, dies und das«, sagte sie. »Manchmal komm ich dort runter … es geht einfach nicht anders, wenn jemand überraschend mein Klo spült …«
Harry versuchte sich lieber nicht vorzustellen, wie es war, wenn die Maulende Myrte mit dem Inhalt eines Klos durch ein Rohr in den See rauschte, und sagte: »Hat denn etwas dort im See eine menschliche Stimme? Wart mal –«
Sein Blick war auf das Bild der schnarchenden Nixe an der Wand gefallen. »Myrte, dort drin leben doch nicht etwa Wassermenschen?«
»Ooh, sehr gut«, sagte sie und ihre dicken Brillengläser funkelten. »Diggory hat viel länger gebraucht! Und die dort war sogar wach« – Myrte zuckte mit dem Kopf angewidert in Richtung Nixe – »und hat gekichert und sich rausgeputzt und mit ihrer Flosse gespielt …«
»Das ist es!«, sagte Harry aufgeregt. »Die zweite Aufgabe ist, die Wassermenschen im See aufzusuchen und … und …«
Doch plötzlich wurde ihm klar, was er eben gesagt hatte, und die Freude über seine Entdeckung wurde aus ihm herausgesogen, als ob jemand einen Stöpsel aus seinem Magen gezogen hätte. Er war kein sehr guter Schwimmer; viel geübt hatte er nie. Dudley hatte, als er noch kleiner war, Unterricht bekommen, doch Tante Petunia und Onkel Vernon hatten sich nie darum gekümmert, dass Harry schwimmen lernte, zweifellos in der Hoffnung, Harry würde eines Tages ersaufen. Ein paar Längen dieses Beckens, schön und gut, doch dieser See war sehr groß und sehr tief … und die Wassermenschen lebten sicher auf dem Grund des Sees …
»Myrte«, sagte Harry langsam, »wie soll ich dort unten atmen?«
Bei diesen Worten füllten sich Myrtes Augen plötzlich mit Tränen. »Wie taktlos von dir!«, murrte sie und stöberte in ihrem Umhang nach einem Taschentuch.
»Was ist taktlos?«, fragte Harry verwirrt.
»Vor mir vom Atmen zu sprechen!«, sagte sie schrill und ihre Stimme hallte laut im Badezimmer wider. »Wo ich doch … schon so lange … nicht mehr … kann …« Sie vergrub das Gesicht in ihrem Taschentuch und schniefte laut.
Harry fiel ein, wie empfindlich Myrte schon immer gewesen war, weil sie tot war, doch kein anderer Geist, den er kannte, machte ein solches Drama daraus.
»Verzeihung«, sagte er ungeduldig. »Ich hab’s nicht so gemeint – ist mir ganz entfallen …«
»O ja, es ist so leicht, Myrtes Tod zu vergessen«, schluchzte Myrte und sah ihn mit verquollenen Augen an. »Keiner hat mich vermisst, selbst als ich noch am Leben war. Stundenlang haben sie gebraucht, um meine Leiche zu finden – ich weiß es noch, ich saß ja da und hab auf sie gewartet. Olive Hornby kam in mein Klo – ›Steckst du schon wieder hier drin und schmollst, Myrte?‹, hat sie gesagt. ›Professor Dippet hat mich nämlich gebeten, nach dir zu suchen –‹ Und dann hat sie meine Leiche gesehen … ooooh, das hat sie bis an ihr Lebensende nicht vergessen, dafür hab ich schon gesorgt … ich bin ihr nämlich ständig gefolgt und hab sie dran erinnert, ich weiß noch, bei der Hochzeit ihres Bruders –«
Doch Harry hörte ihr nicht zu; er dachte wieder über das Lied der Wassermenschen nach. »Wir nahmen, wonach du dich schmerzlich sehnest.« Das klang ganz danach, als würden sie ihm etwas stehlen, etwas, das er zurückholen musste. Was sollte das sein?
»– und dann ist sie natürlich vors Zaubereiministerium gezogen, damit ich ihr nicht mehr nachspuke, deshalb musste ich wieder hierherkommen und in meinem Klo leben.«
»Gut«, sagte Harry verschwommen. »Schön, ich bin jetzt viel weiter als vorher … schließ doch noch mal die Augen, ich komm raus.«
Er holte das Ei vom Beckenboden herauf, kletterte heraus, trocknete sich ab und zog Pyjama und Morgenrock an.
»Kommst du mich mal wieder in meinem
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