Harry Potter und der Gefangene von Askaban
zerlegt«, flüsterte Hermine. »Gleich werde ich Krätze finden –«
Und tatsächlich hörten sie ein paar Minuten später ihren überraschten Aufschrei.
»Hermine«, sagte Harry plötzlich, »wie wär’s, wenn wir – einfach reinrennen und uns Pettigrew schnappen –«
»Nein!«, flüsterte Hermine erschrocken. »Begreifst du nicht? Wir brechen gerade eines der wichtigsten Zaubereigesetze! Niemand darf die Vergangenheit verändern, absolut niemand! Du hast Dumbledore gehört: wenn wir gesehen werden –«
»Nur wir selbst und Hagrid würden uns sehen!«
»Harry, was, glaubst du, würdest du tun, wenn du dich selbst in Hagrids Hütte reinplatzen siehst?«, sagte Hermine.
»Ich – ich würde glauben, ich sei verrückt geworden«, sagte Harry, »oder vermuten, dass jemand schwarze Magie mit mir treibt –«
»Genau! Du würdest es nicht verstehen, du würdest dich vielleicht sogar selbst angreifen! Verstehst du nicht? Professor McGonagall hat mir erzählt, was für schreckliche Dinge schon geschehen sind, wenn Zauberer an der Vergangenheit herumgepfuscht haben … viele von ihnen haben im Durcheinander ihr vergangenes oder künftiges Selbst getötet!«
»Schon gut!«, sagte Harry, »war nur ’ne Idee, ich dachte –«
Doch Hermine stieß ihn in die Rippen und deutete hinüber zum Schloss. Harry schob den Kopf ein wenig vor, um das Portal in der Ferne sehen zu können. Dumbledore, Fudge, das alte Ausschussmitglied und Macnair, der Henker, kamen die Treppe herunter.
»Wir kommen jetzt gleich raus!«, wisperte Hermine.
Und tatsächlich öffnete sich Augenblicke später Hagrids Tür und Harry sah sich selbst, Ron und Hermine zusammen mit Hagrid herauskommen. Es war zweifellos das befremdlichste Erlebnis, das er je gehabt hatte: hinter einem Baum zu stehen und sich selbst dort drüben im Kürbisbeet zu beobachten.
»Ist schon gut, Schnäbelchen, es ist alles gut …«, sagte Hagrid. Dann wandte er sich Harry, Ron und Hermine zu.
»Geht jetzt. Sputet euch.«
»Hagrid, wir können nicht einfach –«
»Wir sagen ihnen, was wirklich passiert ist –«
»Sie dürfen ihn nicht umbringen –«
»Geht! Ist schon alles schlimm genug, da müsst ihr nicht auch noch Ärger kriegen!«
Harry sah, wie Hermine im Kürbisbeet den Umhang über ihn und Ron warf.
»Geht schnell. Und lauscht nicht …«
Vorne an Hagrids Tür klopfte es. Henker und Zeugen waren da. Hagrid wandte sich um und ging zurück in die Hütte. Die Hintertür ließ er offen. Harry sah, wie sich das Gras um die Hütte fleckweise plättete, und hörte, wie sich drei Paar Füße entfernten. Er, Ron und Hermine waren gegangen … doch der Harry und die Hermine, die sich hinter den Bäumen versteckt hatten, konnten jetzt durch die offene Hintertür hören, was in der Hütte vor sich ging.
»Wo ist das Biest?«, sagte die kalte Stimme Macnairs.
»Drau…draußen«, krächzte Hagrid.
Harry zog rasch den Kopf zurück, als Macnair an Hagrids Fenster auftauchte und zu Seidenschnabel hinaussah. Dann hörten sie Fudge.
»Wir – ähm – müssen dir den offiziellen Hinrichtungsbefehl verlesen, Hagrid, ich mach’s kurz. Und dann musst du ihn unterschreiben und Macnair auch. Macnair, hören Sie zu, das ist Vorschrift.«
Macnairs Gesicht verschwand vom Fenster. Jetzt oder nie.
»Warte hier«, flüsterte Harry. »Ich mach das.«
Fudge fing wieder an zu sprechen und Harry schnellte hinter seinem Baum hervor, sprang über den Zaun des Kürbisbeetes und lief auf Seidenschnabel zu.
»Der Ausschuss für die Beseitigung gefährlicher Geschöpfe hat beschlossen, den Hippogreif Seidenschnabel, im Weiteren der Verurteilte genannt, am sechsten Juni bei Sonnenuntergang hinzurichten –«
Und wieder starrte Harry, darauf bedacht, nicht zu blinzeln, in Seidenschnabels grimmiges orangefarbenes Auge und verbeugte sich. Seidenschnabel sank auf die schuppigen Knie und richtete sich wieder auf. Harry nahm die Leine, die den Hippogreif an den Zaun band, und versuchte den Knoten zu lösen.
»… verurteilt zum Tode durch Enthauptung, auszuführen durch den vom Ausschuss ernannten Henker, Walden Macnair …«
»Komm mit, Seidenschnabel«, zischte Harry, »komm mit, wir helfen dir. Leise … leise …«
» … und schriftlich von ihm zu bestätigen. Hagrid, du unterschreibst hier …«
Harry zerrte nach Leibeskräften an dem Seil, doch Seidenschnabel hatte sich mit den Vorderbeinen eingegraben.
»Nun, bringen wir’s hinter uns«, sagte die dünne Stimme des alten
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