Harry Potter und der Gefangene von Askaban
begeistert nach seinen Freunden um, »du kannst dich zu uns setzen, wenn du willst, Harry!«
»Ähm – nein danke, Colin«, sagte Harry, der nicht in der Stimmung war, einen Haufen Leute auf seine Stirnnarbe glotzen zu lassen, »ich muss in die Bücherei und was arbeiten.«
Danach blieb ihm nichts anderes übrig, als umzukehren und wieder durch das Porträtloch zu steigen.
»Wozu hast du mich eigentlich aufgeweckt?«, rief ihm die fette Dame unwirsch hinterher.
Harry schlurfte lustlos in Richtung Bücherei, doch auf halbem Weg besann er sich anders; ihm war nicht nach Arbeit zumute. Er machte kehrt und plötzlich sah er sich Filch gegenüber, der wohl gerade die letzten Ausflügler nach Hogsmeade aus dem Schloss gelassen hatte.
»Was treibst du?«, raunzte Filch misstrauisch.
»Nichts«, sagte Harry wahrheitsgemäß.
»Nichts«, fauchte Filch und sein Unterkiefer vibrierte Unheil verkündend. »Fabelhafte Ausrede! Schleichst alleine hier rum, warum bist du denn nicht in Hogsmeade und kaufst Stinkbomben und Rülpspulver und Pfeifende Würmer wie deine frechen kleinen Freunde?«
Harry zuckte die Schultern.
»Also zurück jetzt in deinen Gemeinschaftsraum, wo du hingehörst!«, bellte Filch ihn an und wartete mit zornigem Blick, bis Harry außer Sicht war.
Doch Harry ging nicht zurück in den Gemeinschaftsraum; mit der vagen Absicht, Hedwig in der Eulerei zu besuchen, stieg er eine Treppe hoch und lief den Korridor entlang. Plötzlich hörte er eine Stimme aus einem der Räume: »Harry?«
Harry ging rasch zurück, um zu sehen, wer es war, und traf auf Professor Lupin, der sich aus seiner Bürotür beugte.
»Was treibst du denn?«, fragte Lupin, allerdings in ganz anderem Ton als Filch. »Wo sind Ron und Hermine?«
»Hogsmeade«, sagte Harry bemüht beiläufig.
»Ah«, sagte Lupin. Er musterte Harry einen Moment lang. »Warum kommst du nicht rein? Gerade wurde ein Grindeloh für unsere nächste Stunde geliefert.«
»Ein was?«, fragte Harry.
Er folgte Lupin in sein Büro. In der Ecke stand ein sehr großes Aquarium. Eine übelgrüne Kreatur mit spitzen kleinen Hörnern presste das Gesicht ans Glas, schnitt Grimassen und spreizte seine langen, spindeldürren Finger.
»Wasserdämon«, sagte Lupin und musterte den Grindeloh nachdenklich. »Wir sollten keine großen Schwierigkeiten mit ihm haben, nicht nach den Kappas. Der Trick dabei ist, dass man seinen Griff brechen muss. Siehst du die ungewöhnlich langen Finger? Stark, aber sehr zerbrechlich.«
Der Grindeloh bleckte seine grünen Zähne und vergrub sich dann in einem Büschel Schlingpflanzen in der Ecke.
»Tasse Tee?«, sagte Lupin und sah sich nach dem Kessel um. »Ich wollte mir gerade eine machen.«
»Ja, danke«, sagte Harry verlegen.
Lupin tippte mit seinem Zauberstab gegen den Kessel und sofort zischte ein Dampfstrahl aus seinem Schnabel.
»Setz dich«, sagte Lupin und hob den Deckel von einer staubigen Blechdose. »Ich hab leider nur Teebeutel – aber du hast ohnehin genug von Teeblättern, denk ich mal?«
Harry sah ihn an. Lupin zwinkerte mit den Augen.
»Woher wissen Sie das?«, fragte Harry.
»Professor McGonagall hat es mir erzählt«, sagte Lupin und reichte Harry eine leicht angeschrammte Teetasse. »Du machst dir doch nicht etwa Sorgen?«
»Nein«, sagte Harry.
Einen Moment lang dachte er daran, Lupin von dem Hund zu erzählen, den er im Magnolienring gesehen hatte, doch dann verwarf er den Gedanken. Lupin sollte ihn nicht für einen Feigling halten, da er ohnehin schon zu glauben schien, dass Harry es nicht mit einem Irrwicht aufnehmen konnte.
Was in Harry vorging, schien sich auf seinem Gesicht verraten zu haben, denn Lupin sagte:
»Hast du ein Problem, Harry?«
»Nein«, log Harry. Er trank einen Schluck Tee und sah hinüber zum Grindeloh, der ihm mit der Faust drohte. »Doch«, sagte er plötzlich und stellte seinen Tee auf Lupins Schreibtisch. »Erinnern Sie sich noch an den Tag, an dem wir gegen den Irrwicht gekämpft haben?«
»Ja«, sagte Lupin langsam.
»Warum haben Sie mich nicht rangelassen?«, entfuhr es Harry.
Lupin zog die Augenbrauen hoch.
»Ich dachte, das liegt auf der Hand, Harry«, sagte er überrascht.
Harry war verdutzt, denn er hatte erwartet, Lupin würde alles bestreiten.
»Warum?«, fragte er noch einmal.
»Nun«, sagte Lupin und runzelte die Stirn, »ich dachte, wenn der Irrwicht auf dich losgeht, würde er die Gestalt von Lord Voldemort annehmen.«
Harry starrte ihn an. Diese Antwort hätte
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