Harry Potter und der Halbblutprinz
hast noch die Flasche in der Hand!«
»Ich weiß nicht, wovon du redest«, sagte Harry und stopfte das Fläschchen hastig in seine Tasche.
»Ron, ich warne dich, trink das nicht!«, wiederholte Hermine beunruhigt, aber Ron hob wieder das Glas, leerte es in einem Zug und sagte: »Hör auf, mich rumzukommandieren, Hermine.«
Sie schien äußerst empört. Sie beugte sich tief hinunter, so dass nur Harry sie hören konnte, und zischte: »Dafür sollten sie dich rauswerfen. Das hätte ich nie von dir gedacht, Harry!«
»Das musst ausgerechnet du sagen«, flüsterte er zurück. »Wieder jemandem einen Verwechslungszauber aufgehalst in letzter Zeit?«
Sie stürmte den Tisch entlang davon. Harry sah ihr ohne Bedauern nach. Hermine hatte nie wirklich begriffen, was für eine ernste Angelegenheit Quidditch war. Dann wandte er sich zu Ron um, der sich die Lippen leckte.
»Es wird Zeit«, sagte Harry vergnügt.
Auf dem Weg zum Stadion hinunter knirschte das reifbedeckte Gras unter ihren Füßen.
»Haben ziemliches Glück mit dem Wetter, was?«, sagte Harry zu Ron.
»Jaah«, erwiderte Ron, der bleich und kränklich aussah.
Ginny und Demelza trugen bereits ihre Quidditch-Umhänge und warteten im Umkleideraum.
»Beste Bedingungen, wie’s ausschaut«, bemerkte Ginny, ohne Ron zu beachten. »Und wisst ihr was? Dieser Slytherin-Jäger Vaisey – der hat gestern bei ihrem Training einen Klatscher an den Kopf gekriegt und sich so stark verletzt, dass er nicht spielen kann! Und was noch besser ist – Malfoy hat sich auch krankgemeldet!«
»Was?«, sagte Harry, wirbelte herum und starrte sie an. »Er ist krank? Was fehlt ihm?«
»Keine Ahnung, aber das ist toll für uns«, sagte Ginny strahlend. »Die spielen mit Harper als Ersatz; der ist in meinem Jahrgang und ein Idiot.«
Harry lächelte vage zurück, doch als er seinen scharlachroten Umhang anzog, war er in Gedanken weit entfernt von Quidditch. Malfoy hatte schon einmal behauptet, er könne wegen einer Verletzung nicht spielen, aber damals hatte er dafür gesorgt, dass das ganze Spiel auf einen Termin verlegt wurde, der den Slytherins besser gefiel. Warum ließ er nun ohne weiteres einen Ersatzmann spielen? War er wirklich krank oder tat er nur so?
»Verdächtig, was?«, sagte er mit gedämpfter Stimme zu Ron. »Malfoy spielt nicht.«
»Ich nenn das Glück«, erwiderte Ron, offenbar eine Spur munterer. »Und Vaisey fällt auch aus, der ist ihr bester Torschütze, ich hätt nicht gedacht – hey!«, sagte er plötzlich, erstarrte mitten im Anziehen seiner Hüterhandschuhe und glotzte Harry an.
»Was?«
»Ich … du …« Ron hatte die Stimme gesenkt; er wirkte beklommen und gleichzeitig aufgeregt. »Mein Getränk … mein Kürbissaft … du hast nicht etwa …?«
Harry zog die Augenbrauen hoch, sagte aber nur: »In zirka fünf Minuten geht’s los, zieh endlich deine Stiefel an.«
Sie gingen, begleitet von heftigem Geschrei und Buhrufen, hinaus aufs Spielfeld. Die eine Seite des Stadions war einheitlich rot und golden; die andere ein Meer aus Grün und Silber. Auch viele Hufflepuffs und Ravenclaws hatten sich auf die verschiedenen Seiten geschlagen: Inmitten all des Rufens und Klatschens konnte Harry deutlich das Brüllen von Luna Lovegoods berühmtem Löwenhut hören.
Harry ging auf Madam Hooch zu, die Schiedsrichterin, die bereitstand, um die Bälle aus dem Korb freizulassen.
»Kapitäne, gebt euch die Hand«, sagte sie und Harrys Hand wurde von dem neuen Slytherin-Kapitän Urquhart zerquetscht. »Auf die Besen. Beim Pfiff geht’s los … drei … zwei … eins …«
Der Pfiff ertönte, Harry und die andern stießen sich kräftig vom gefrorenen Boden ab, und weg waren sie.
Harry schwebte am Spielfeldrand entlang, suchte nach dem Schnatz und behielt gleichzeitig Harper im Auge, der tief unter ihm im Zickzack flog. Dann setzte eine Stimme ein, misstönend und ganz anders als die des bisherigen Stadionsprechers.
»Nun, da fliegen sie, und ich denke, wir sind alle überrascht über die Mannschaft, die Potter dieses Jahr zusammengestellt hat. Viele dachten, dass Ronald Weasley in Anbetracht seiner durchwachsenen Leistung als Hüter im letzten Jahr nun nicht mehr dabei sein würde, aber eine enge persönliche Freundschaft mit dem Kapitän ist natürlich hilfreich …«
Diese Worte wurden mit Hohngelächter und Applaus von der Slytherin-Kurve aufgenommen. Harry reckte auf seinem Besen den Hals, um einen Blick auf das Podest des Stadionsprechers zu werfen. Ein
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