Harry Potter und der Halbblutprinz
verschiedene Liebestränke gleichzeitig ausdenken könnte, würde ich einfach jemanden einladen, mit dir zu kommen – dann hören all die anderen auf zu glauben, sie hätten immer noch eine Chance. Es ist morgen Abend, die drehen allmählich durch.«
»Ich hab niemanden, den ich einladen will«, murmelte Harry, der immer noch versuchte, möglichst nicht an Ginny zu denken, obwohl sie ständig in seinen Träumen auftauchte, und zwar so, dass Harry von Herzen dankbar war, dass Ron keine Legilimentik beherrschte.
»Also, sei einfach vorsichtig, was du trinkst, Romilda Vane sah nämlich aus, als ob sie Ernst machen würde«, sagte Hermine grimmig.
Sie zog die lange Pergamentrolle, auf die sie ihren Arithmantikaufsatz schrieb, ein Stück weiter hoch und kratzte mit ihrer Feder wieder drauflos. Harry sah ihr zu, mit den Gedanken in weiter Ferne.
»Wart mal kurz«, sagte er langsam. »Ich dachte, Filch hätte alles verboten, was in Weasleys Zauberhafte Zauberscherze gekauft wurde?«
»Und seit wann kümmert sich irgendjemand darum, was Filch verboten hat?«, fragte Hermine, immer noch mit ihrem Aufsatz beschäftigt.
»Aber ich dachte, alle Eulen würden durchsucht? Wieso können diese Mädchen dann Liebestränke in die Schule schaffen?«
»Fred und George schicken sie als Parfüme und Hustensäfte getarnt«, sagte Hermine. »Das ist in ihrem Eulen-Lieferservice mit drin.«
»Du kennst dich da ja ganz gut aus.«
Hermine versetzte ihm einen bösen Blick von der Sorte, mit der sie gerade sein Exemplar von Zaubertränke für Fortgeschrittene bedacht hatte.
»Das stand alles hinten auf den Flaschen, die sie Ginny und mir im Sommer gezeigt haben«, sagte sie kühl. »Ich lauf nicht rum und schütte irgendwelchen Leuten Zaubertränke in die Gläser … und ich tu auch nicht so, das ist nämlich genauso schlimm …«
»Na ja, vergiss das mal«, warf Harry rasch ein. »Der Punkt ist doch, dass Filch zum Narren gehalten wird, oder? Diese Mädchen kriegen Sachen in die Schule, die als etwas anderes getarnt sind! Also, weshalb hätte dann Malfoy das Halsband nicht in die Schule schaffen können –?«
»Oh, Harry … nicht schon wieder …«
»Komm schon, warum nicht?«, drängte Harry.
»Sieh mal«, Hermine seufzte, »Geheimnis-Detektoren spüren Verwünschungen, Flüche und Verbergungszauber auf, stimmt’s? Sie werden eingesetzt, um schwarze Magie und schwarzmagische Objekte zu finden. Sie hätten einen mächtigen Fluch wie den auf diesem Halsband in Sekundenschnelle erfasst. Aber etwas, das nur in die falsche Flasche abgefüllt wurde, wird nicht erkannt – und Liebestränke sind sowieso nichts Schwarzmagisches oder Gefährliches –«
»Du hast gut reden«, murmelte Harry und dachte an Romilda Vane.
»– also müsste Filch selber erkennen, dass es kein Hustentrank ist, und der ist kein besonders guter Zauberer, ich bezweifle, dass er einen Trank von –«
Hermine verstummte schlagartig; auch Harry hatte es gehört. Zwischen den dunklen Bücherregalen war jemand von hinten dicht an sie herangetreten. Sie warteten, und einen Moment später kam die geierartige Gestalt von Madam Pince um die Ecke, mit eingefallenen Wangen, Haut wie Pergament und einer langen Hakennase, die von der Lampe in ihrer Hand wenig schmeichelhaft beleuchtet wurde.
»Die Bibliothek ist jetzt geschlossen«, sagte sie. »Achten Sie darauf, dass Sie alles, was Sie ausgeliehen haben, in das richtige – was hast du mit diesem Buch gemacht, du niederträchtiger Bursche?«
»Das ist nicht aus der Bibliothek, das ist meins!«, erwiderte Harry rasch und schnappte sein Zaubertränke für Fortgeschrittene vom Tisch, als sie sich mit ihren Klauen daraufstürzte.
»Geplündert!«, zischte sie. »Geschändet! Besudelt!«
»Es ist nur ein Buch, in das reingeschrieben wurde!«, sagte Harry und riss es ihr aus der Hand.
Offenbar war sie kurz vor einem Nervenzusammenbruch; Hermine, die hastig ihre Sachen zusammengepackt hatte, nahm Harry am Arm und schleppte ihn wie einen Verhafteten davon.
»Du kriegst Bibliotheksverbot von ihr, wenn du nicht aufpasst. Warum musstest du auch dieses blöde Buch mitbringen?«
»Es ist nicht meine Schuld, dass sie vollkommen ausgerastet ist, Hermine. Oder meinst du, sie hat mitgehört, wie du schlecht über Filch geredet hast? Ich hatte immer schon den Verdacht, dass zwischen den beiden irgendwas laufen könnte …«
»Oh, haha …«
Sie genossen es, wieder normal miteinander reden zu können, gingen durch die
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