Harry Potter und der Halbblutprinz
meinem Mann die Schuld zuzuschieben!«, sagte Narzissa mit leiser, vernichtender Stimme und sah zu ihrer Schwester auf.
»Es hat keinen Sinn, Schuld zuzuteilen«, sagte Snape ruhig. »Was geschehen ist, ist geschehen.«
»Aber du hast nichts getan!«, erwiderte Bellatrix zornig. »Nein, du warst wieder einmal nicht da, während wir anderen uns in Gefahr begaben, nicht wahr, Snape?«
»Mein Befehl lautete, im Hintergrund zu bleiben«, sagte Snape. »Stimmst du etwa nicht mit dem Dunklen Lord überein, glaubst du vielleicht, dass Dumbledore es nicht bemerkt hätte, wenn ich mich den Todessern angeschlossen hätte, um gegen den Orden des Phönix zu kämpfen? Und – verzeih mir – du sprichst von Gefahr … ihr hattet es mit sechs Halbwüchsigen zu tun, oder?«
»Du weißt ganz genau, dass in kürzester Zeit der halbe Phönixorden zu ihnen stieß!«, fauchte Bellatrix. »Und wo wir schon beim Orden sind – behauptest du immer noch, du könntest nicht preisgeben, wo sich ihr Hauptquartier befindet?«
»Ich bin nicht der Geheimniswahrer, ich kann den Namen des Ortes nicht aussprechen. Du verstehst, wie der Zauber wirkt, nehme ich an? Der Dunkle Lord ist zufrieden mit den Informationen, die ich ihm über den Orden gegeben habe. Sie führten, wie du dir vielleicht denken kannst, vor kurzem zur Gefangennahme und Ermordung von Emmeline Vance, und sie halfen zweifellos dabei, Sirius Black zu beseitigen, auch wenn ich voll und ganz anerkenne, dass du ihn endgültig erledigt hast.«
Er neigte den Kopf und prostete ihr zu. Ihre Miene blieb ernst.
»Du weichst meiner letzten Frage aus, Snape. Harry Potter. Du hättest ihn während der letzten fünf Jahre jederzeit töten können. Du hast es nicht getan. Warum?«
»Hast du über diese Angelegenheit mit dem Dunklen Lord gesprochen?«, fragte Snape.
»Er … in letzter Zeit, wir … ich frage dich, Snape!«
»Wenn ich Harry Potter ermordet hätte, dann hätte der Dunkle Lord sein Blut nicht benutzen können, um wieder zu Kräften zu kommen, um sich unbesiegbar zu machen –«
»Du behauptest, du hättest vorausgesehen, dass er den Jungen brauchen wird?«, höhnte sie.
»Das behaupte ich nicht; ich hatte keine Ahnung von seinen Plänen; ich habe doch schon zugegeben, dass ich den Dunklen Lord für tot hielt. Ich versuche nur zu erklären, warum der Dunkle Lord nicht bedauert, dass Potter überlebt hat, zumindest hat er es bis vor einem Jahr nicht getan …«
»Aber warum hast du sein Leben verschont?«
»Hast du mich nicht verstanden? Es war nur Dumbledores Schutz, der mich vor Askaban bewahrte! Meinst du nicht auch, dass der Mord an seinem Lieblingsschüler ihn zu meinem Feind gemacht hätte? Aber das war nicht alles. Ich möchte dich daran erinnern, dass über Potter, als er zum ersten Mal nach Hogwarts kam, noch viele Geschichten im Umlauf waren, Gerüchte, wonach er selbst ein großer schwarzer Magier sei und deshalb den Angriff des Dunklen Lords überlebt habe. Tatsächlich glaubten viele von den alten Anhängern des Dunklen Lords, Potter wäre vielleicht ein neuer Anführer, dem wir uns alle wieder anschließen könnten. Ich war zugegebenermaßen neugierig und verspürte nicht die geringste Neigung, ihn zu ermorden, als er den Fuß in das Schloss setzte.
Natürlich wurde mir sehr schnell klar, dass er keinerlei außergewöhnliches Talent besaß. Er rettete sich aus einer Reihe brenzliger Situationen mit einer einfachen Mischung aus schierem Glück und recht begabten Freunden. Er ist in höchstem Grade mittelmäßig, allerdings genauso widerwärtig und selbstzufrieden wie schon sein Vater. Ich habe mein Möglichstes getan, dass man ihn aus Hogwarts wirft, wo er meiner Auffassung nach kaum hingehört, aber ihn zu töten oder zuzulassen, dass er vor meinen Augen getötet wird? Ich wäre ein Dummkopf gewesen, hätte ich es darauf ankommen lassen, solange Dumbledore unmittelbar in meiner Nähe war.«
»Und trotz allem sollen wir glauben, dass Dumbledore dich nie verdächtigt hat?«, fragte Bellatrix. »Er hat keine Ahnung, wem du wirklich treu bist, er vertraut dir immer noch blind?«
»Ich habe meine Rolle gut gespielt«, sagte Snape. »Und du vergisst Dumbledores größte Schwäche: Er muss immer das Beste von den Menschen glauben. Als ich kurz nach meiner Zeit als Todesser sein Mitarbeiter wurde, tischte ich ihm das Märchen auf, wie tief meine Reue sei, und er nahm mich mit offenen Armen auf – auch wenn er mich, wie gesagt, so gut er konnte von den dunklen
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