Harry Potter und der Halbblutprinz
Zauberkunstkorridor. Was soll’s …«
Sie kramte kurz in ihrer Tasche, dann zog sie eine Pergamentrolle hervor, die Dumbledores Schrift trug.
»Klasse«, sagte Harry, zog sie sofort auseinander und stellte fest, dass seine nächste Stunde bei Dumbledore für den folgenden Abend anberaumt war. »Ich hab ihm eine Menge zu erzählen – und dir auch. Komm, wir setzen uns –«
Doch in diesem Moment kreischte es laut »Won-Won!«, und Lavender Brown kam aus heiterem Himmel herbeigestürzt und warf sich in Rons Arme. Einige Zuschauer kicherten; Hermine lachte schrill und sagte: »Dort drüben ist ein Tisch … kommst du mit, Ginny?«
»Nein, danke, ich hab Dean versprochen, dass wir uns treffen«, sagte Ginny, doch Harry hatte irgendwie den Eindruck, dass sie nicht gerade begeistert klang. Sie ließen Ron und Lavender ineinander verhakt wie zwei stehende Ringer zurück, und Harry ging vor Hermine her zu dem freien Tisch.
»Und, wie waren deine Weihnachten?«
»Oh, schön«, sagte sie schulterzuckend. »Nichts Besonderes. Wie war’s bei Won-Won zu Hause?«
»Das sage ich dir gleich«, erwiderte Harry. »Hör mal, Hermine, kannst du nicht –?«
»Nein, kann ich nicht«, sagte sie klipp und klar. »Also spar dir die Frage.«
»Ich dachte, vielleicht, na ja, über Weihnachten –«
»Es war die fette Dame, die ein Riesenfass fünfhundert Jahre alten Wein getrunken hat, nicht ich, Harry. Also, was gab es so Wichtiges, das du mir erzählen wolltest?«
Sie sah zu grimmig aus, als dass man im Augenblick mit ihr hätte streiten wollen, daher ließ Harry das Thema Ron fallen und berichtete ihr alles, was er bei dem Gespräch zwischen Malfoy und Snape mitbekommen hatte.
Als er fertig war, saß Hermine einen Moment nachdenklich da, dann sagte sie: »Glaubst du nicht –?«
»– dass er nur so getan hat, als würde er Hilfe anbieten, damit Malfoy darauf reinfällt und ihm verrät, was er vorhat?«
»Nun ja, genau«, sagte Hermine.
»Rons Dad und Lupin glauben das«, sagte Harry widerwillig. »Aber es beweist eindeutig, dass Malfoy irgendetwas plant, das kannst du nicht bestreiten.«
»Nein, kann ich nicht«, antwortete sie langsam.
»Und er handelt auf Voldemorts Befehl hin, genau wie ich gesagt habe!«
»Hmm … hat einer der beiden tatsächlich Voldemorts Namen erwähnt?«
Harry runzelte die Stirn und versuchte sich zu erinnern.
»Ich bin nicht sicher … Snape hat eindeutig ›dein Meister‹ gesagt, und wer sollte das sonst sein?«
»Ich weiß nicht«, sagte Hermine und biss sich auf die Lippe. »Vielleicht sein Vater?«
Sie starrte quer durch den Raum, offenbar tief in Gedanken versunken, und bemerkte nicht einmal, dass Lavender Ron kitzelte. »Wie geht es Lupin?«
»Nicht besonders«, sagte Harry, und er erzählte ihr alles über Lupins Mission bei den Werwölfen und die Schwierigkeiten, vor denen er stand. »Hast du je von diesem Fenrir Greyback gehört?«
»Ja, hab ich!«, sagte Hermine und klang erschrocken. »Und du auch, Harry!«
»Wann, in Zaubereigeschichte? Du weißt ganz genau, dass ich nie zugehört hab …«
»Nein, nein, nicht in Zaubereigeschichte – Malfoy hat Borgin mit ihm gedroht!«, sagte Hermine. »Damals in der Nokturngasse, weißt du nicht mehr? Er meinte zu Borgin, dass Greyback ein alter Freund der Familie sei und dass er kontrollieren würde, wie Borgin vorankommt!«
Harry starrte sie mit offenem Mund an. »Das hab ich ganz vergessen! Aber das beweist, dass Malfoy ein Todesser ist, wie könnte er sonst Verbindung zu Greyback haben und ihm sagen, was er tun soll?«
»Es ist ziemlich verdächtig«, hauchte Hermine. »Außer …«
»Ach, nun hör schon auf«, sagte Harry wütend, »das kannst du jetzt nicht auch wieder hindrehen!«
»Also … es ist jedenfalls möglich, dass es eine leere Drohung war.«
»Du bist wirklich unglaublich«, sagte Harry kopfschüttelnd. »Wir werden sehen, wer Recht hat … du wirst deine Worte noch bereuen, Hermine, genau wie das Ministerium. Ach ja, und einen Streit mit Rufus Scrimgeour hatte ich auch noch …«
Den restlichen Abend verbrachten sie in aller Freundschaft und zogen über den Zaubereiminister her, denn Hermine dachte genau wie Ron, dass es eine gewaltige Frechheit des Ministeriums war, nach allem, was man Harry im Jahr zuvor angetan hatte, jetzt Hilfe von ihm zu verlangen.
Der Unterricht begann am nächsten Morgen mit einer angenehmen Überraschung für die Sechstklässler: Ein großes Schild war über Nacht an die schwarzen
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