Harry Potter und der Halbblutprinz
Problem mit Slughorn und seiner Erinnerung sprachen.
»Wie steht’s, Harry – nimmst du jetzt den Felix Felicis oder nicht?«, wollte Ron wissen.
»Jaah, es bleibt mir wohl nichts anderes übrig«, sagte Harry. »Ich glaube nicht, dass ich alles davon brauche, nicht für zwölf Stunden, es kann ja nicht die ganze Nacht dauern … Ich nehme nur einen Schluck. Zwei bis drei Stunden sollten reichen.«
»Das ist ein tolles Gefühl, wenn man es genommen hat«, sagte Ron erinnerungsselig. »Als könnte man einfach nichts falsch machen.«
»Wovon redest du eigentlich?«, sagte Hermine lachend. »Du hast doch nie was davon genommen!«
»Jaah, aber ich dachte, ich hätte, stimmt’s?«, gab Ron zurück, als wäre es selbstverständlich. »Das ist im Grunde das Gleiche …«
Da sie Slughorn eben erst in die Große Halle hatten gehen sehen und wussten, dass er sich beim Essen gerne Zeit ließ, blieben sie noch eine Weile im Gemeinschaftsraum. Ihr Plan war, dass Harry erst zu Slughorns Büro gehen sollte, wenn der Lehrer Zeit genug gehabt hatte, dorthin zurückzukehren. Als die Sonne bis an die Baumwipfel des Verbotenen Waldes gesunken war, beschlossen sie, dass der richtige Moment gekommen war, und nachdem sie sich gründlich vergewissert hatten, dass Neville, Dean und Seamus allesamt im Gemeinschaftsraum waren, schlichen sie sich hoch in den Jungenschlafsaal.
Harry holte die zusammengerollten Socken heraus, die am Boden seines Koffers gelegen hatten, und zog das schimmernde Fläschchen hervor.
»Also, dann mal los«, sagte Harry, hob das Fläschchen und nahm einen sorgfältig bemessenen Schluck.
»Wie fühlt es sich an?«, flüsterte Hermine.
Harry antwortete im ersten Moment nicht. Dann, langsam, aber sicher, überkam ihn ein berauschendes Gefühl unbegrenzter Möglichkeiten; es kam ihm vor, als könnte er alles tun, überhaupt alles … und Slughorn die Erinnerung abzunehmen erschien ihm plötzlich nicht nur möglich, sondern geradezu kinderleicht …
Lächelnd und strotzend vor Zuversicht stand er auf.
»Ausgezeichnet«, sagte er. »Wirklich ausgezeichnet. Gut … ich geh runter zu Hagrid.«
»Was?«, riefen Ron und Hermine gleichzeitig mit entgeisterten Mienen.
»Nein, Harry – du musst doch zu Slughorn gehen, weißt du nicht mehr?«, sagte Hermine.
»Nein«, entgegnete Harry überzeugt. »Ich geh runter zu Hagrid, irgendwie sagt mir mein Gefühl, dass ich zu Hagrid gehen soll.«
»Dein Gefühl sagt dir, dass du eine Riesenspinne beerdigen sollst?«, fragte Ron mit verdutzter Miene.
»Jaah«, antwortete Harry und zog den Tarnumhang aus seiner Tasche. »Ich spüre, dass ich heute Abend dort hingehöre, wisst ihr, was ich meine?«
»Nein«, sagten Ron und Hermine wie aus einem Munde und sahen nun eindeutig beunruhigt aus.
»Das ist doch wirklich Felix Felicis, oder nicht?«, fragte Hermine beklommen und hielt das Fläschchen gegen das Licht. »Du hast nicht etwa noch ein anderes Fläschchen mit – ich weiß nicht –«
»Wahnsinnsessenz?«, schlug Ron vor, als Harry sich seinen Tarnumhang über die Schultern schwang.
Harry lachte, und Ron und Hermine sahen noch besorgter aus.
»Glaubt mir«, sagte er. »Ich weiß, was ich tue … oder zumindest …«, er schlenderte zuversichtlich zur Tür, »weiß es Felix.«
Er zog sich den Tarnumhang über den Kopf und ging die Treppe hinunter. Ron und Hermine eilten ihm nach. Am Fuß der Treppe schlüpfte Harry durch die offene Tür.
»Was hattest du denn mit der dort oben zu suchen?«, kreischte Lavender Brown und starrte geradewegs durch Harry hindurch auf Ron und Hermine, die zusammen vom Jungenschlafsaal kamen. Während Harry von ihnen weg durch den Raum stürmte, hörte er Ron hinter sich etwas stottern.
Durch das Porträtloch zu gelangen war einfach; als er darauf zuging, kamen Ginny und Dean gerade herein und Harry konnte zwischen ihnen hindurchschlüpfen. Dabei berührte er versehentlich Ginny.
»Schubs mich bitte nicht, Dean«, sagte sie und klang verärgert. »Lass das endlich mal bleiben, ich komm da sehr gut alleine durch …«
Das Porträt schwang hinter Harry zu, aber er bekam noch mit, wie Dean ihr eine wütende Antwort gab … Harrys Hochgefühl steigerte sich, während er mit zügigen Schritten das Schloss durchquerte. Er brauchte nicht dahinzuschleichen, denn unterwegs begegnete er niemandem, was ihn allerdings nicht im Geringsten überraschte: Heute Abend war er der größte Glückspilz von Hogwarts.
Er hatte keine Ahnung, warum er
Weitere Kostenlose Bücher