Harry Potter und der Halbblutprinz
Abschied. Ron stürmte mit hoffnungsvoller Miene hinterher, aber Ginny streckte ihren Fuß aus und Ron landete der Länge nach im Staub zu Fleurs Füßen. Wutentbrannt, mit rotem Gesicht und voller Dreck hastete er in den Wagen, ohne sich zu verabschieden.
Am Bahnhof King’s Cross wartete kein gut gelaunter Hagrid auf sie. Stattdessen traten zwei bärtige Auroren mit grimmigen Gesichtern und in dunklen Muggelanzügen vor, als die Wagen hielten; sie nahmen die Gruppe zwischen sich und geleiteten sie wortlos in den Bahnhof.
»Schnell, schnell, durch die Absperrung«, sagte Mrs Weasley, die angesichts dieser nüchternen Effizienz anscheinend etwas nervös geworden war. »Harry soll am besten zuerst gehen, mit –«
Sie blickte fragend einen der Auroren an, der kurz nickte, Harry am Oberarm packte und versuchte, ihn zur Absperrung zwischen Bahnsteig neun und zehn zu bugsieren.
»Ich kann alleine gehen, danke«, sagte Harry gereizt und riss seinen Arm aus dem Griff des Auroren. Er schob seinen Gepäckwagen direkt auf die feste Absperrung zu, ohne auf seinen stummen Begleiter zu achten, und fand sich eine Sekunde später auf Bahnsteig neundreiviertel wieder, wo der scharlachrote Hogwarts-Express stand und Dampf über die Menge blies.
Hermine und die Weasleys stießen Sekunden später zu ihm. Harry hielt sich nicht damit auf, seinen Auroren mit dem grimmigen Gesicht um Erlaubnis zu fragen, sondern gab Ron und Hermine ein Zeichen, ihm über den Bahnsteig zu folgen und ein leeres Abteil zu suchen.
»Wir können nicht, Harry«, sagte Hermine mit bedauernder Miene. »Ron und ich müssen erst in den Waggon mit den Vertrauensschülern und dann eine Weile die Gänge kontrollieren.«
»Ach ja, hab ich ganz vergessen«, erwiderte Harry.
»Ihr steigt jetzt am besten gleich in den Zug, und zwar alle, ihr habt nur noch ein paar Minuten Zeit«, sagte Mrs Weasley, während sie auf ihre Uhr sah. »Also dann, viel Spaß in der Schule, Ron …«
»Mr Weasley, kann ich einen Augenblick mit Ihnen reden?«, sagte Harry kurz entschlossen.
»Natürlich«, sagte Mr Weasley; er wirkte ein wenig überrascht, folgte Harry aber trotzdem, bis sie außer Hörweite der anderen waren.
Harry hatte alles gründlich durchdacht und war zu dem Schluss gekommen, dass, wenn er es jemandem sagen müsste, Mr Weasley der Richtige wäre. Erstens, weil er im Ministerium arbeitete und deshalb am besten in der Lage war, weitere Nachforschungen anzustellen, und zweitens, weil Harry das Risiko für nicht allzu groß hielt, dass Mr Weasley vor Zorn explodierte.
Während sie sich entfernten, konnte er sehen, wie Mrs Weasley und der grimmig dreinschauende Auror ihnen beiden argwöhnische Blicke zuwarfen.
»Als wir in der Winkelgasse waren –«, fing Harry an, aber Mr Weasley unterbrach ihn mit einer Grimasse.
»Jetzt erfahre ich wohl gleich, wohin du, Ron und Hermine verschwunden seid, während ihr angeblich im Hinterzimmer von Freds und Georges Laden wart?«
»Wie haben Sie das –?«
»Harry, bitte. Du sprichst mit dem Mann, der Fred und George großgezogen hat.«
»Ähm … jaah, na gut, wir waren nicht im Hinterzimmer.«
»Also schön, dann leg los, ich bin auf das Schlimmste gefasst.«
»Nun, wir sind Draco Malfoy gefolgt. Wir haben meinen Tarnumhang benutzt.«
»Hattet ihr irgendeinen bestimmten Grund dafür oder war es nur aus einer Laune heraus?«
»Ich dachte, Malfoy führt irgendwas im Schilde«, sagte Harry und achtete nicht weiter auf Mr Weasleys Gesicht, auf dem sich eine Mischung aus Wut und Belustigung abzeichnete. »Er war seiner Mutter entwischt, und ich wollte wissen, warum.«
»Natürlich wolltest du das«, sagte Mr Weasley mit resignierter Stimme. »Und? Hast du herausgefunden, warum?«
»Er ist zu Borgin und Burkes gegangen«, sagte Harry, »und hat Borgin, den Typen dort, drangsaliert, damit er ihm hilft, etwas zu reparieren. Und Borgin sollte etwas anderes für ihn zurückbehalten. Es hörte sich an, als wäre es das Gleiche wie das, was repariert werden musste. Als ob beide zusammengehören würden. Und …«
Harry holte tief Luft.
»Da ist noch was. Wir haben gesehen, wie Malfoy fast an die Decke ging, als Madam Malkin seinen linken Arm anfassen wollte. Ich glaube, ihm wurde das Dunkle Mal eingebrannt. Ich glaube, er hat den Platz seines Vaters als Todesser eingenommen.«
Mr Weasley wirkte überrascht. Nach einer Weile sagte er: »Harry, ich bezweifle, dass Du-weißt-schon-wer es einem Sechzehnjährigen erlauben würde
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