Harry Potter und der Stein der Weisen
zu benachrichtigen, und da laufen wir ihm in der Eingangshalle über den Weg – er wusste schon Bescheid und sagte nur: Harry ist hinter ihm her, nicht wahr?, und ist losgesaust in den dritten Stock.«
»Glaubst du, er wollte, dass du es tust?«, sagte Ron. »Wo er dir doch den Umhang deines Vaters geschickt hat und alles?«
»Also« , platzte Hermine los, »wenn das stimmt – möchte ich doch sagen – das ist schrecklich, du hättest umgebracht werden können.«
»Nein, ist es nicht«, sagte Harry nachdenklich. »Er ist ein merkwürdiger Mensch, dieser Dumbledore. Ich glaube, er wollte mir eine Chance geben. Er weiß wohl mehr oder weniger alles, was hier vor sich geht. Ich wette, er hat recht gut geahnt, was wir vorhatten, und anstatt uns aufzuhalten, hat er uns gerade genug beigebracht, um uns zu helfen. Dass er mich herausfinden ließ, wie der Spiegel wirkt, war wohl kein Zufall. Mir kommt es fast so vor, als meinte er, ich hätte das Recht, mich Voldemort zu stellen, wenn ich konnte …«
»Ja, Dumbledore ist auf Draht, allerdings«, sagte Ron stolz. »Hör mal, du musst für die Jahresabschlussfeier morgen wieder auf den Beinen sein. Die Punkte sind alle gezählt und Slytherin hat natürlich gewonnen – du warst beim letzten Quidditch-Spiel nicht dabei, Ravenclaw hat uns weggeputzt ohne dich – aber das Essen ist sicher gut.«
In diesem Moment kam Madam Pomfrey herübergewirbelt.
»Ihr habt jetzt fast fünfzehn Minuten gehabt, nun aber RAUS «, sagte sie bestimmt.
Nachdem er die Nacht gut geschlafen hatte, fühlte sich Harry fast wieder bei Kräften.
»Ich möchte zum Fest«, erklärte er Madam Pomfrey, die gerade seine vielen Schachteln mit Süßigkeiten aufstapelte. »Ich kann doch, oder?«
»Professor Dumbledore sagt, es sei dir erlaubt, zu gehen«, sagte sie spitz, als ob ihrer Meinung nach Professor Dumbledore nicht erkannte, wie gesundheitsgefährdend Feste sein konnten. »Und du hast noch einen Besucher.«
»Oh, gut«, sagte Harry. »Wer ist es?«
Kaum hatte er gefragt, schlüpfte Hagrid durch die Tür. Wie immer, wenn er sich in Räumen aufhielt, sah er verboten groß aus. Er setzte sich neben Harry, warf ihm einen Blick zu und brach in Tränen aus.
»Es war – alles – mein – verfluchter – Fehler!«, schluchzte er, das Gesicht in den Händen vergraben. »Ich hab dem bösen Wicht gesagt, wie er an Fluffy vorbeikommen kann! Ausgerechnet ich! Es war das Einzige, was er nicht wusste, und ich hab’s ihm gesagt. Du hättest sterben können! Und alles für ein Drachenei! Ich rühr kein Glas mehr an! Man sollte mich rausschmeißen und mich zwingen, als Muggel zu leben!«
»Hagrid!«, sagte Harry, entsetzt darüber, dass es Hagrid vor Gram und Reue schüttelte und große Tränen an seinem Bart herunterkullerten. »Hagrid, er hätte es schon irgendwie herausgefunden, wir sprechen immerhin von Voldemort, er hätte es rausgefunden, auch wenn du es ihm nicht gesagt hättest.«
»Du hättest sterben können!«, wiederholte Hagrid. »Und nenn ja nicht den Namen!«
» VOLDEMORT «, brüllte Harry, und Hagrid bekam einen solchen Schreck, dass ihm das Weinen verging. »Ich hab ihn gesehen und ich nenne ihn bei seinem Namen. Bitte krieg dich wieder ein, wir hatten den Stein, er ist zerstört, er kann ihn nicht benutzen. Nimm einen Schokofrosch, ich hab ganze Wagenladungen davon …«
Hagrid wischte sich mit dem Handrücken die Nase und sagte: »Da fällt mir ein – ich hab ein Geschenk für dich.«
»Kein Wiesel-Sandwich, oder?«, sagte Harry mit besorgter Miene und endlich ließ Hagrid ein leises Glucksen hören.
»Nee. Dumbledore hat mir gestern dafür freigegeben. Hätt mich natürlich stattdessen rausschmeißen sollen – jedenfalls, das ist für dich …«
Es sah aus wie ein schönes, in Leder gebundenes Buch. Harry öffnete es neugierig. Es war voller Zaubererfotos. Von jeder Seite des Buches lächelten und winkten ihm seine Mutter und sein Vater entgegen.
»Hab Eulen an alle alten Schulfreunde deiner Eltern geschickt und sie um Fotos gebeten … Wusste, dass du keine hast … Magst du es?«
Harry brachte kein Wort hervor, doch Hagrid verstand ihn.
An diesem Abend ging Harry allein den Weg hinunter zum Jahresabschlussfest. Madam Pomfrey, die noch einigen Wirbel veranstaltet hatte, weil sie ihn noch ein letztes Mal untersuchen wollte, hatte ihn aufgehalten, und so war die Große Halle schon voller Schüler. Sie war in den Farben der Slytherins, Grün und Silber, ausgeschmückt,
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