Harry Potter und die Heiligtümer des Todes
zerstören würde, in der Nähe war?
Bathilda schlurfte an ihnen vorbei, schob Hermine beiseite, als hätte sie sie nicht gesehen, und verschwand in einer Art Wohnzimmer.
»Harry, ich weiß nicht so recht«, hauchte Hermine.
»Schau mal, wie klein die ist; ich glaube, wir könnten mit ihr fertig werden, wenn es nötig wäre«, sagte Harry. »Hör zu, ich hätte es dir sagen sollen, ich wusste, dass sie nicht mehr alle beisammenhat. Muriel hat sie ›plemplem‹ genannt.«
»Komm!«, rief Bathilda aus dem Zimmer nebenan.
Hermine zuckte zusammen und klammerte sich an Harrys Arm.
»Schon gut«, sagte Harry beruhigend und ging voraus ins Wohnzimmer.
Bathilda wankte im Raum umher und zündete Kerzen an, doch es war nach wie vor sehr dunkel, und abgesehen davon äußerst schmutzig. Dicker Staub knirschte unter ihren Füßen, und Harrys Nase nahm in dem widerwärtigen und modrigen Geruch noch etwas Schlimmeres wahr, vielleicht schlecht gewordenes Fleisch. Er fragte sich, wann zum letzten Mal jemand in Bathildas Haus gewesen war, um nachzusehen, ob sie zurechtkam. Sie schien auch vergessen zu haben, dass sie zaubern konnte, denn sie zündete die Kerzen unbeholfen von Hand an, und ihr herunterhängender, mit Spitze besetzter Ärmelsaum war ständig in Gefahr, Feuer zu fangen.
»Das kann ich übernehmen«, bot Harry an und nahm ihr die Streichhölzer ab. Sie stand da und sah ihm zu, während er die restlichen Kerzenstummel entzündete, die auf Untertassen überall im Zimmer herumstanden, wacklig auf Bücherstapel gestellt und auf Serviertischchen voll zersprungener und verschimmelter Tassen.
Die letzte Fläche, auf der Harry eine Kerze entdeckte, war eine gewölbte Kommode, auf der eine Vielzahl von Fotografien stand. Als die Flamme aufflackerte, waberte ihr Widerschein über die verstaubten Deckgläser und Silberrahmen. Er sah ein paar schwache Bewegungen auf den Bildern. Während Bathilda mit Holzscheiten für das Feuer hantierte, murmelte er: »Tergeo.« Der Staub verschwand von den Fotos, und er sah sofort, dass in den größten und schmuckvollsten Rahmen ein halbes Dutzend davon fehlten. Er fragte sich, ob Bathilda oder jemand anders sie herausgenommen hatte. Dann fiel ihm ein Foto ziemlich weit hinten in der Sammlung ins Auge und er griff rasch danach.
Es war der Dieb mit dem goldenen Haar und dem fröhlichen Gesicht, der junge Mann, der auf Gregorowitschs Fensterbank gehockt hatte, der da gelassen aus dem Silberrahmen zu Harry hochlächelte. Und im selben Moment fiel Harry ein, wo er den Jungen schon einmal gesehen hatte: in Leben und Lügen des Albus Dumbledore , Arm in Arm mit dem Dumbledore im Teenageralter, und dort mussten auch all die fehlenden Fotos sein: in Ritas Buch.
»Mrs – Miss – Bagshot?«, sagte er und seine Stimme zitterte leicht. »Wer ist das?«
Bathilda stand mitten im Zimmer und sah zu, wie Hermine das Feuer für sie entfachte.
»Miss Bagshot?«, wiederholte Harry und ging nun mit dem Bild in der Hand auf sie zu, während die Flammen im Kamin aufloderten. Bathilda blickte auf, als sie seine Stimme hörte, und der Horkrux an seiner Brust pochte schneller.
»Wer ist das?«, fragte Harry und hielt ihr das Bild entgegen.
Sie sah es mit ernster Miene an, dann blickte sie wieder auf zu Harry.
»Wissen Sie, wer das ist?«, wiederholte er mit einer viel langsameren und lauteren Stimme als gewöhnlich. »Dieser Mann? Kennen Sie ihn? Wie heißt er?«
Bathilda blickte nur ausdruckslos. Harry war furchtbar enttäuscht. Wie hatte Rita Kimmkorn es geschafft, Bathildas Erinnerungen wachzurufen?
»Wer ist dieser Mann?«, wiederholte er laut.
»Harry, was machst du denn?«, fragte Hermine.
»Dieses Bild, Hermine, das ist der Dieb, der Dieb, der Gregorowitsch bestohlen hat! Bitte!«, sagte er zu Bathilda. »Wer ist das?«
Aber sie starrte ihn nur an.
»Warum haben Sie uns gebeten, mitzukommen, Mrs – Miss Bagshot?«, fragte Hermine mit nun ebenfalls erhobener Stimme. »Gab es etwas, das Sie uns erzählen wollten?«
Bathilda war nicht anzumerken, ob sie Hermine gehört hatte, sie schlurfte jetzt einige Schritte auf Harry zu. Sie zuckte kurz mit dem Kopf und blickte zurück in den Flur.
»Sie wollen, dass wir gehen?«, fragte er.
Sie wiederholte die Bewegungen, diesmal jedoch deutete sie zuerst auf ihn, dann auf sich, und dann zur Decke.
»Oh, verstehe … Hermine, ich glaube, sie will, dass ich mit ihr nach oben gehe.«
»Na schön«, sagte Hermine, »gehen wir.«
Aber als Hermine sich
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