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Harry Potter und die Heiligtümer des Todes

Harry Potter und die Heiligtümer des Todes

Titel: Harry Potter und die Heiligtümer des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.K. Rowling
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stürzte, sah er, dass sich etwas verändert hatte. Die Porträts, die ringsum an der Wand hingen, waren leer. Kein einziger Schulleiter, keine Schulleiterin war noch da und konnte ihn sehen; sie waren offenbar alle davongehuscht, durch die Gemälde gestürmt, die sich im ganzen Schloss befanden, um klare Sicht auf das Geschehen zu haben.
    Harry warf einen verzweifelten Blick auf Dumbledores verlassenen Rahmen, der direkt hinter dem Stuhl des Schulleiters hing, dann kehrte er ihm den Rücken zu. Das steinerne Denkarium stand in dem Schrank, wo es immer gewesen war: Harry hob es auf den Schreibtisch und schüttete Snapes Erinnerungen in das breite Becken, dessen Rand mit Runen verziert war. In den Kopf von jemand anderem zu fliehen, würde wahrhaft eine Erleichterung sein … nichts, das selbst Snape ihm hinterlassen hatte, konnte schlimmer sein als seine eigenen Gedanken. Die Erinnerungen wirbelten umher, silbrig weiß und eigenartig, und ohne zu zögern, mit einem Gefühl hemmungsloser Selbstaufgabe, als würde dies seinen quälenden Schmerz lindern, tauchte Harry hinein.
    Er fiel kopfüber in Sonnenlicht und seine Füße landeten auf warmem Boden. Als er sich aufrichtete, sah er, dass er auf einem beinahe leeren Spielplatz war. Ein einzelner riesiger Kamin ragte am fernen Horizont empor. Zwei Mädchen schwangen auf Schaukeln vor und zurück, und ein magerer Junge, der hinter einer Gruppe von Sträuchern stand, beobachtete sie. Sein schwarzes Haar war überlang, und seine Kleider passten so wenig zusammen, dass es wie absichtlich aussah: zu kurze Jeans, ein abgetragener, zu großer Mantel, der vielleicht einem Erwachsenen gehörte, ein merkwürdiges, kittelartiges Hemd.
    Harry näherte sich dem Jungen. Snape wirkte nicht älter als neun oder zehn Jahre, blässlich, klein, zäh. Unverhohlene Gier stand in seinem schmalen Gesicht, als er zusah, wie das jüngere der beiden Mädchen immer höher schwang, höher als seine Schwester.
    »Lily, nein, mach das nicht!«, kreischte die Ältere der beiden.
    Aber das Mädchen hatte die Schaukel genau am höchsten Punkt des Bogens losgelassen und war in die Luft geflogen, im wahrsten Sinne geflogen, hatte sich lauthals schreiend vor Lachen in die Luft schleudern lassen, und statt auf dem Asphalt des Spielplatzes aufzuschlagen, rauschte sie wie eine Trapezkünstlerin durch die Luft, blieb viel zu lange oben und landete viel zu leichtfüßig.
    »Mummy hat dir gesagt, dass du das nicht tun sollst!«
    Petunia hielt ihre Schaukel an, indem sie mit den Absätzen ihrer Sandalen über den Boden schlitterte, was ein knirschendes, schleifendes Geräusch verursachte, dann sprang sie auf und stemmte die Hände in die Hüften.
    »Mummy hat gesagt, dass du das nicht darfst, Lily!«
    »Aber mir geht’s gut«, sagte Lily, immer noch kichernd. »Guck mal, Tunia. Schau, was ich machen kann.«
    Petunia sah sich um. Der Spielplatz war menschenleer, nur sie waren da, und Snape, was die Mädchen aber nicht wussten. Lily hatte eine herabgefallene Blüte von dem Strauch aufgehoben, hinter dem Snape sich versteckt hielt. Petunia kam näher, offenbar hin- und hergerissen zwischen Neugier und Missbilligung. Lily wartete, bis Petunia nahe genug war, um gut sehen zu können, dann streckte sie die offene Handfläche aus. Da lag die Blüte und öffnete und schloss ihre Blätter wie eine seltsame, viellippige Auster.
    »Hör auf damit!«, kreischte Petunia.
    »Die tut dir doch nichts«, sagte Lily, schloss aber die Hand über der Blüte und warf sie wieder zu Boden.
    »Das macht man nicht«, sagte Petunia, doch ihr Blick war der hinabfliegenden Blüte gefolgt und blieb auf ihr ruhen. »Wie kriegst du das hin?«, fügte sie hinzu und in ihrer Stimme lag eindeutiges Verlangen.
    »Ist doch klar, oder?« Snape hatte sich nicht mehr länger zurückhalten können und war hinter den Sträuchern hervorgesprungen. Petunia kreischte und lief rückwärts in Richtung der Schaukeln, doch Lily blieb stehen, wenn auch offensichtlich verdutzt. Snape schien es zu bereuen, dass er sich gezeigt hatte. Ein mattes Rot kroch über seine fahlen Wangen, während er Lily ansah.
    »Was ist klar?«, fragte Lily.
    Snape wirkte leicht nervös und aufgeregt. Er warf einen Blick auf die ferne Petunia, die sich nun abwartend bei den Schaukeln herumdrückte, senkte die Stimme und sagte: »Ich weiß, was du bist.«
    »Was meinst du?«
    »Du bist … du bist eine Hexe«, flüsterte Snape.
    Sie sah beleidigt aus.
    »Es ist nicht besonders nett,

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