Harry Potter und die Kammer des Schreckens
auf seinem Bett im Schlafsaal der Gryffindors, Riddles Tagebuch aufgeschlagen auf seinem Bauch.
Noch bevor er wieder ruhig Luft holen konnte, ging die Schlafsaaltür auf und Ron kam herein.
»Da bist du ja«, sagte er.
Harry setzte sich auf. Er schwitzte und zitterte.
»Was ist los?«, sagte Ron und sah ihn besorgt an.
»Es war Hagrid, Ron. Hagrid hat die Kammer des Schreckens vor fünfzig Jahren geöffnet.«
Cornelius Fudge
Harry, Ron und Hermine wussten schon seit langem von Hagrids unglücklicher Vorliebe für große und monströse Geschöpfe. Während ihres ersten Jahres in Hogwarts wollte er in seiner kleinen Holzhütte einen Drachen aufziehen, und auch den riesigen dreiköpfigen Hund, den er »Fluffy« getauft hatte, würden sie nicht so schnell vergessen. Und wenn der junge Hagrid damals gehört hatte, irgendwo im Schloss sei ein Monster versteckt, dann, da war sich Harry sicher, hatte er bestimmt alles darangesetzt, einen Blick auf dieses Monster zu erhaschen. Vermutlich dachte Hagrid, es sei ein Jammer, das Geschöpf so lange einzupferchen, und wollte ihm die Möglichkeit geben, sich einmal die vielen Beine zu vertreten. Harry konnte sich gut vorstellen, wie der dreizehnjährige Hagrid versucht hatte, es an Halsband und Leine auszuführen. Doch er war sich auch sicher, dass Hagrid niemals jemanden töten wollte.
Fast bereute Harry es, dass er herausgefunden hatte, wie Riddles Tagebuch funktionierte. Immer wieder musste er Ron und Hermine erzählen, was er gesehen hatte, bis er von der Geschichte und den langen, sich im Kreise drehenden Gesprächen danach endgültig die Nase voll hatte.
»Riddle könnte den Falschen erwischt haben«, sagte Hermine. »Vielleicht war es ein anderes Monster, das die Leute angegriffen hat …«
»Wie viele Monster, glaubst du, passen hier rein?«, fragte Ron gelangweilt.
»Wir wussten immer, dass Hagrid der Schule verwiesen wurde«, sagte Harry niedergeschlagen. »Und die Angriffe müssen aufgehört haben, nachdem sie ihn rausgeworfen hatten. Sonst hätte Riddle seine Auszeichnung nicht bekommen.«
Ron probierte es mit einer anderen Spur.
»Riddle erinnert mich an Percy – wer hat ihm eigentlich gesagt, er solle Hagrid verpfeifen?«
»Aber das Monster hatte jemanden getötet, Ron«, sagte Hermine.
»Und Riddle hätte in ein Waisenhaus der Muggel zurückgehen müssen, wenn sie Hogwarts geschlossen hätten«, sagte Harry. »Ich mach ihm keinen Vorwurf, dass er lieber hierbleiben wollte …«
Ron biss sich auf die Lippe und sagte dann zögernd: »Du hast Hagrid in der Nokturngasse getroffen, oder, Harry?«
»Er sagte, er wollte einen Fleisch fressenden Schneckenschutz kaufen«, erwiderte Harry rasch.
Alle drei verstummten. Nach einer langen Pause stellte Harry mit zögernder Stimme die kniffligste Frage:
»Meint ihr, wir sollten zu Hagrid gehen und ihn einfach fragen?«
»Das wäre ein lustiger Besuch«, sagte Ron. »›Hallo, Hagrid, sag mal, hast du in letzter Zeit irgendwas Verrücktes und Haariges im Schloss losgelassen?‹«
Schließlich beschlossen sie, Hagrid nichts zu sagen, außer wenn es einen neuen Angriff geben sollte. Und da immer mehr Tage ohne ein Flüstern der körperlosen Stimme vergingen, wuchs ihre Hoffnung, sie müssten Hagrid nie fragen, warum er von der Schule geflogen war. Es war jetzt schon fast vier Monate her, seit Justin und der Fast Kopflose Nick versteinert worden waren, und fast alle schienen zu glauben, dass der Angreifer, wer immer es war, sich endgültig zurückgezogen hatte. Peeves war sein »Potter, du Schwein«-Liedchen endlich leid geworden, eines Tages in Kräuterkunde bat Ernie Macmillan Harry recht höflich, ihm einen Eimer hüpfender Giftpilze zu reichen, und im März schmissen einige Alraunen eine lärmende und ausschweifende Party in Gewächshaus drei. Professor Sprout war sehr glücklich darüber.
»Sobald sie anfangen, gemeinsam in ihren Töpfen zu hausen, wissen wir, dass sie ganz reif sind«, erklärte sie Harry. »Dann können wir endlich diese armen Leute im Krankenflügel wiederbeleben.«
Während der Osterferien bekamen die Zweitklässler neuen Stoff zum Nachdenken. Es war an der Zeit, die Fächer für das dritte Schuljahr auszuwählen, eine Sache, die zumindest Hermine sehr ernst nahm.
»Es könnte unsere ganze Zukunft beeinflussen«, erklärte sie Harry und Ron, während sie über den Listen mit den neuen Fächern grübelten und ihre Kreuzchen machten.
»Zaubertränke will ich jedenfalls loswerden«,
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