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Harter Schnitt

Harter Schnitt

Titel: Harter Schnitt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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Fahnenfreund gehalten und konnte sich nicht vorstellen, wie sie in ihren High Heels und dem Kostüm auf der Veranda stand und sich auf Zehenspitzen streckte, um die entsprechende Fahne anzubringen.
    » Wir müssen es verifizieren«, sagte sie, obwohl das, was Roger Ling Will gesagt hatte, nichts als eine Bestätigung der Wahrheit war, die Will, wie er jetzt merkte, schon den ganzen Tag gespürt hatte.
    Amanda musste es auch gewusst haben. Das war die einzige Erklärung für ihre Kapitulation vor ein paar Stunden im Besucher-Warteraum. Sie hatte zugegeben, dass Evelyn doch nicht so ganz sauber gewesen war, weil es keinen Grund mehr gab, sie zu schützen. Die vierundzwanzig Stunden waren längst vorüber. Die Entführer hatten keinen Kontakt aufgenommen. Überall auf Evelyns Küchenboden war Blut, viel davon– vielleicht sogar das meiste– von Evelyn. Die jungen Männer, mit denen sie es zu tun hatte, hatten sich als skrupellose Mörder erwiesen, ja, als Meuchelmörder, auch wenn es gegen Mitglieder ihrer eigenen Gruppe ging.
    Die Wahrscheinlichkeit, dass Evelyn Mitchell überhaupt die Nacht überstanden hatte, lag fast bei null.
    Will hatte gesagt: » Faith muss es erfahren.«
    » Ich sage es ihr, wenn ich es sicher weiß.« Ihre Stimme klang flach, leblos. » Wir treffen uns morgen früh um sieben. Das ganze Team. Wenn Sie nur eine Minute zu spät dran sind, brauchen Sie gar nicht zu kommen.«
    » Ich werde da sein.«
    » Wir werden sie finden. Ich muss es mit meinen eigenen Augen sehen.«
    » Okay.«
    » Und falls das stimmt, was Roger gesagt hat, dann finden wir auch die Jungs, die es getan haben, und machen ihnen die Hölle heiß. Jedem einzeln. Wir bringen sie zur Strecke.«
    » Ja, Ma’am.«
    Ihre Stimme war leise und klang erschöpft, sodass er sie kaum verstand. » Ich werde nicht ruhen, bis jeder Einzelne von ihnen hingerichtet ist. Ich will zusehen, wie sie die Nadel ins Fleisch stechen und wie dann ihre Füße zucken und ihre Augen sich verdrehen und die Brust erstarrt. Und wenn der Staat sie nicht töten will, werde ich es tun.« Amanda hatte die Tür aufgedrückt und war ausgestiegen. Will sah, welche Mühe es ihr machte, sich aufrecht zu halten, als sie die Stufen hinaufging. Wenn es nur an Amanda liegen würde, wenn sie eine Möglichkeit hätte, ihre Freundin lebend zurückzuholen, dann wäre Evelyns Überleben gar keine Frage.
    Aber das war nicht der Fall.
    Endlich war das Garagentor ganz offen. Will fuhr hinein und drückte auf den Knopf, um das Tor wieder zu schließen. Die Garage hatte ursprünglich nicht zum Haus gehört. Er hatte sie in der Übergangszeit des Viertels angebaut, als Junkies an seine Tür klopften, weil sie dachten, es wäre noch eine Crack-Höhle. Der Durchgang zum Haus war etwas unpraktisch, weil er ins Gästezimmer führte. Betty hob den Kopf vom Kissen, als sie Will sah. In der Ecke war eine Pfütze, über die sie beide nicht reden wollten.
    Will schaltete die Lampen an, während er durchs Haus ging. Die Luft war kühl. Er machte die Tür einen Spalt auf, damit Betty hinauslaufen konnte. Sie zögerte.
    » Ist schon gut«, sagte er mit so viel Trost in der Stimme, wie er aufbringen konnte. Ihre Verletzungen verheilten bereits, aber die Hündin erinnerte sich noch gut an letzte Woche, als ein Habicht in den Garten herabgeschossen war und versucht hatte, sie mitzunehmen. Und Will erinnerte sich noch gut an das unkontrollierte Lachen des Tierarztes, als er dem Mann erzählte, dass ein Habicht seinen Hund für eine Ratte gehalten hatte.
    Schließlich ging Betty doch nach draußen, aber nicht ohne argwöhnischen Blick über die Schulter. Will hängte seinen Autoschlüssel an den Haken und legte Brieftasche und Waffe auf den Küchentisch. Die Pizza von gestern lag noch im Kühlschrank. Will holte den Karton heraus und starrte die gallertartigen Stücke an.
    Er wollte Sara anrufen, aber diesmal waren seine Motive selbstsüchtig. Er wollte ihr erzählen, was an diesem Tag passiert war. Er wollte sie fragen, ob es richtig war, noch abzuwarten, bis man Faith sagte, dass ihre Mutter tot war. Er wollte beschreiben, wie es sich anfühlte, Amanda zusammenbrechen zu sehen, und dass es ihm Angst machte, wenn sie von ihrem Podest stürzte.
    Stattdessen legte er die Pizza wieder in den Kühlschrank, schaute nach, ob die Hintertür noch einen Spalt offen war, und ging duschen. Es war fast schon Mitternacht. Heute Morgen war er um fünf Uhr aufgestanden, und in der Nacht davor hatte er nur ein

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