Harter Schnitt
dein Kopfkissen legen? Ihre Augen vielleicht?« Er presste den Daumen fester in ihre Augenhöhle. » Oder ihre Titten?«
Die Tür drückte in Faith’ Rücken. Jemand versuchte, in die Toilette zu kommen.
» Entschuldigung?«, sagte eine Frau. » Hallo? Ist hier geöffnet?«
Der Mann starrte Faith an, eine Hyäne, die ihre Beute musterte. Seine Hand zitterte, so fest hielt er ihr Gesicht umklammert. Ihre Zähne schnitten ins Wangenfleisch. Ihre Nase fing an zu bluten. Er könnte ihr den Schädel brechen, wenn er wollte.
» Morgen früh«, sagte er. » Ich schicke dir Anweisungen.« Er beugte sich so nahe zu Faith vor, dass seine Züge vor ihren Augen verschwammen. » Kein Sterbenswort zu irgendjemand. Nicht zu deiner Chefin. Nicht zu dem Freak, mit dem du arbeitest. Nicht zu deinem Bruder oder irgendjemandem aus deiner kostbaren Familie. Zu keinem Menschen. Hast du mich verstanden?«
» Ja«, flüsterte sie. » Ja.«
Es war fast unvorstellbar, aber sein Griff wurde noch fester. » Ich werde dich nicht gleich umbringen«, warnte er sie. » Ich schneide dir die Lider ab. Hast du mich verstanden?« Faith nickte. » Ich lasse dich zusehen, wie ich deinen Sohn häute. Stück für Stück schneide ich sein Fleisch weg, bis du seine Muskeln und Knochen siehst und ihn flennen hörst wie der verzogene kleine Scheißer, der er ist. Und dann nehme ich mir deine Tochter vor. Ihre Haut wird einfach abgehen wie nasses Papier, das sich aufrollt. Hast du mich verstanden? Hast du kapiert, was ich sage?« Sie nickte noch einmal. » Leg dich nicht mit mir an, du Schlampe. Du hast keine Ahnung, wie wenig ich noch zu verlieren habe.«
Er ließ sie so schnell los, wie er sie gepackt hatte. Faith fiel zu Boden. Sie hustete, schmeckt Blut in der Kehle. Er trat sie beiseite, damit er die Tür öffnen konnte. Sie griff nach ihrer Handtasche. Ihre Finger spürten den Abdruck der Waffe. Sie sollte aufstehen. Sie musste aufstehen.
» Ma’am?«, sagte eine Frau. Sie spähte um die Tür herum, schaute zu Faith hinunter. » Soll ich einen Arzt rufen?«
» Nein«, flüsterte Faith. Sie schluckte das Blut in ihrem Mund, Blut tropfte ihr auch aus der Nase.
» Sind Sie sicher? Ich könnte anrufen, um…«
» Nein«, wiederholte Faith. Es gab niemanden, den sie anrufen konnte.
15 . Kapitel
W ill bog in seine Einfahrt ein und wartete, bis das Garagentor aufging. Nirgendwo im Haus brannte Licht. Betty schwebte wahrscheinlich auf ihrer vollen Blase wie ein Ballon bei Macy’s Thanksgiving-Parade. Wenigstens hoffte er es. Er hatte keine Lust, eine Sauerei aufzuwischen.
Er kam sich vor, als hätte er Amanda getötet. Nicht buchstäblich, nicht mit seinen bloßen Händen, wie er es sich fast den ganzen Tag lang vorgestellt hatte. Ihr zu sagen, was Roger Ling gesagt hatte, dass Evelyn Mitchell tot war, das war fast so, als hätte er ihr in die Brust geschossen. Vor seinen Augen war sie in sich zusammengesunken. Ihre gespielte Tapferkeit war verschwunden. Ihre Arroganz und Gemeinheit und Kleinlichkeit waren aus ihr herausgeströmt, und die Frau vor ihm war nur noch eine Schale gewesen.
Will war so vernünftig gewesen zu warten, bis sie außerhalb der Gefängnismauern waren, um ihr die Nachricht zu überbringen. Sie hatte nicht geweint. Stattdessen hatten zu seinem Entsetzen ihre Knie nachgegeben. In diesem Augenblick legte er seinen Arm um sie. Ihre Hüfte fühlte sich unter seiner Hand hart an. Ihre Schultern waren zart. Als er sie im Auto angeschnallt und die Tür geschlossen hatte, wirkte sie zehn, zwanzig Jahre älter.
Die Rückfahrt war eine Quälerei gewesen. Wills Schweigen auf der Hinfahrt war nichts im Vergleich dazu. Er hatte ihr angeboten anzuhalten, aber sie hatte gesagt, er solle weiterfahren. Kurz vor Atlanta hatte er gesehen, wie sie sich mit der Hand an die Tür klammerte. Will war zuvor noch nie bei ihr zu Hause gewesen. Sie lebte in einer Eigentumswohnung mitten in Buckhead. Es war eine bewachte Wohnanlage. Die Gebäude mit den Schlusssteinen an den Ecken und den ausladend mit Holz verzierten großen Fenstern wirkten alle sehr prächtig. Sie hatte ihn zu einem Haus im rückwärtigen Teil der Anlage gelotst.
Will hatte in den Leerlauf geschaltet, aber sie stieg nicht aus. Er überlegte sich, ob er ihr noch einmal helfen sollte, da sagte sie: » Sagen Sie Faith nichts.«
Er schaute zu ihrer Haustür. An einem der Verandapfosten hing eine Fahne. Frühlingsblumen, ein jahreszeitliches Motiv. Er hatte Amanda nie für einen
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