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Harter Schnitt

Harter Schnitt

Titel: Harter Schnitt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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schielte.« Angie nahm ihre Handtasche vom Stuhl. » Willst du sie sehen? Sie waren jede zweite Woche im Käseblatt dieses Provinzkaffs. Nach seinem Tod brachten sie auf der Titelseite eine verdammte Collage.«
    » Bitte, geh einfach.«
    Angie legte ihre Tasche wieder weg. » Weiß sie, dass du blöd bist?«
    Er schob seine Zungenspitze zwischen die Zähne.
    » Ach, natürlich weiß sie es.« Sie klang fast erleichtert. » Das erklärt alles. Sie hat Mitleid mit dir. Der arme, kleine Willy kann nicht lesen.«
    Er schüttelte den Kopf.
    » Ich will dir was sagen, Wilbur. Du bist keine große Nummer. Du siehst nicht gut aus. Du bist nicht intelligent. Du bist nicht einmal Durchschnitt. Und du bist, verdammt noch mal, nicht gut im Bett.«
    Sie hatte das schon so oft zu ihm gesagt, dass die Wörter keine Bedeutung mehr hatten. » Worauf willst du hinaus?«
    » Ich versuche zu verhindern, dass man dir wehtut. Darauf will ich hinaus.«
    Er starrte zu Boden. » Mach das nicht, Angie. Nur dieses eine Mal– mach es nicht.«
    » Was denn? Dir die Wahrheit sagen? Weil du den Kopf offensichtlich so tief in den Sand gesteckt hast, dass du nicht siehst, was hier los ist?« Sie beugte sich zu ihm vor. » Weißt du denn nicht, dass sie jedes Mal, wenn sie dich küsst, jedes Mal, wenn sie dich berührt oder fickt oder dich hält, nur an ihn denkt?« Sie hielt inne, als erwartete sie eine Antwort. » Du bist doch nur ein Ersatz, Will. Dich braucht sie nur, bis ein Besserer daherkommt. Ein Arzt wie sie. Ein Anwalt. Jemand, der eine Zeitung lesen kann, ohne dass seine Lippen müde werden.«
    Will spürte, wie ihm die Kehle eng wurde. » Du hast doch absolut keine Ahnung.«
    » Ich kenne die Menschen. Ich kenne die Frauen. Ich kenne sie verdammt viel besser als du.«
    » Da bin ich mir ziemlich sicher.«
    » Und darauf kannst du Gift nehmen. Und dich kenne ich am besten von allen.« Sie hielt inne, um den Schaden zu begutachten. » Du vergisst, dass ich dabei war, Baby. Bei jedem Besuchstag, bei jeder Adoptionsrunde hast du vor dem Spiegel gestanden, dir die Haare gekämmt und deine Klamotten glatt gestrichen, hast dich herausgeputzt, damit irgendeine Mommy und irgendein Daddy dich vielleicht sehen und dich mit nach Hause nehmen.« Sie schüttelte den Kopf. » Aber das ist nie passiert, oder? Kein Mensch hat dich je mit nach Hause genommen. Kein Mensch wollte dich. Und weißt du, warum?«
    Er konnte nicht einatmen. Seine Lunge fing an zu schmerzen.
    » Weil du etwas an dir hast, Will– etwas Falsches, etwas Schräges. Bei dir kriegen die Leute eine Gänsehaut. Sie wollen dann nur so weit von dir weg, wie es geht.«
    » Hör einfach auf. Okay? Höre auf damit.«
    » Womit? Das Offensichtliche festzustellen? Was stellst du dir denn vor, was mit euch passiert? Werdet ihr heiraten und Kinder bekommen und ein normales Leben führen?« Sie lachte, als wäre es das Lächerlichste, was sie je gehört hatte. » Hast du vielleicht schon mal daran gedacht, dass dir gefällt, was wir haben?«
    Er schmeckte Blut auf der Zungenspitze. Er stellte sich eine Mauer zwischen ihnen vor. Eine dicke Betonmauer.
    » Es gibt einen Grund, warum du auf mich wartest. Es gibt einen Grund, warum du keine Verabredungen hast und nicht in Bars gehst oder für eine Möse bezahlst wie jeder andere Mann auf der Welt.«
    Die Mauer wurde höher, dicker.
    » Es gefällt dir, was wir haben. Du weißt, dass du mit keiner anderen zusammen sein kannst. Nicht wirklich mit jemandem zusammen sein. An diesen Abgrund wagst du dich nicht. Du kannst dich niemandem öffnen, weil du weißt, dass dich letztendlich jede verlassen wird. Und genau das wird deine kostbare Sara tun, Baby. Sie ist erwachsen. Sie hatte ein richtiges Leben mit jemand anderem. Jemand, der es wert war, geliebt zu werden, und der wusste, wie man diese Liebe erwidert. Und sie wird ziemlich schnell erkennen, dass du dazu nicht fähig bist. Und dann lässt sie dich sitzen und ist einfach weg.«
    Der Blutgeschmack in seinem Mund wurde stärker.
    » Du suchst so verdammt verzweifelt nach jemandem, der dir nur ein wenig Aufmerksamkeit schenkt. Du warst schon immer so. Klammernd. Armselig. Bedürftig.«
    Er konnte es nicht mehr ertragen, dass sie ihm so nahe war. Er ging zum Spülbecken und goss sich ein Glas Wasser ein. » Du hast keine Ahnung von mir.«
    » Hast du ihr erzählt, was mit dir passiert ist? Sie ist Ärztin. Sie weiß, wie Brandnarben von Zigaretten aussehen. Sie weiß, was passiert, wenn dir jemand zwei

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