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Haschisch - Konsum, Wirkung, Abhängigkeit, Selbsthilfe, Therapie

Haschisch - Konsum, Wirkung, Abhängigkeit, Selbsthilfe, Therapie

Titel: Haschisch - Konsum, Wirkung, Abhängigkeit, Selbsthilfe, Therapie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: beltz Verlag
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Sohn mittlerweile selbst Heroin konsumierte. Er verfuhr zwar nach dem ihm vorgeschlagenen Handel »Therapie statt Strafe«, seine Schwester ist jedoch im Nachhinein überzeugt, »dass er erst mal dem Gefängnis entkommen wollte, aber nicht so sehr den Drogen«. Nach der Therapie kam er in die Familie zurück. Seine Schwester bedrängte ihn, auszuziehen, »doch er wollte nicht. Teils war es ja bequem zu Hause, wo die Mutter alles für ihn tat. Für nichts brauchte er etwas zu bezahlen«. Ein Jahr später wurde der Sohn erneut beim Handeln mit Haschisch erwischt, welches er aus Holland mitgebracht hatte. Er wurde zu 18 Monaten Freiheitsentzug ohne Bewährung verurteilt. Die Schwester besuchte den Bruder, doch »die Besuche im Gefängnis waren wie ein Kreuzgang für mich, sehr bedrückend das Eingesperrtsein, Furcht einflößend für mich«. Aus »Mitleid überwiesen die Mutter und ich ihm Taschengeld, damit er sich im Gefängnis etwas kaufen konnte«. Die Schwester heiratete. Der Schwiegervater besorgte ihrem Bruder eine Arbeitsstelle. Die Schwester hoffte für ihn, »dass er endlich nach langer Zeit wieder eine Zukunftsperspektive« hätte. Fünf Tage ging ihr Bruder nach seiner Entlassung aus der Haft zur Arbeit. Am sechsten Tag starb er gegen fünf Uhr morgens durch Herzstillstand an einer Überdosis Drogen, »die Mutter schrie vor Schmerz und klappte neben dem Totenbett zusammen«. Am Abend zuvor war ihr Sohn bereits bewusstlos auf der Straße aufgelesen und im Krankenhaus reanimiert worden. Er blieb jedoch nicht dort, sondern ließ sich nach Hause bringen.
    Seine Schwester erinnert sich an die letzten Stunden:
    »Die Mutter hatte auf ihn gewartet und war verzweifelt, weil er wieder Drogen genommen hatte, und ihr rutschte aus Verzweiflung die Hand aus. Ihre Verzweiflung muss groß gewesen sein. Anschließend ging mein Bruder auf sein Zimmer und versetzte sich später die Dosis, die dann tödlich war. Im Inneren spürte ich schon Tage vorher, dass etwas geschehen würde. Ich hatte Schuldgefühle, weil ich meinen toten Bruder nicht anfassen konnte. Ich fürchtete die Kälte des Todes des Körpers. Am Abend des Todestages verfolgten und plagten mich große Ängste, und die ersten Stunden wollte oder konnte ich den Tod meines Bruders nicht akzeptieren. Meine Mutter war untröstlich über den Verlust. Andererseits hat sie aber auch immer gesagt, sie hätte gebetet, dass die Geschichte meines Bruders sich zum Guten wenden würde oder ein Ende nehmen solle.«
    Letzteres ist ein vertrautes Phänomen: Als ihr Sohn aus dem Krankenhaus kam, hätte die Mutter »wissen« können, wie riskant die Situation für ihn war. Die Überdosis, die zu seinem Tod führte, kam quasi mit Ansage. Dass seine Mutter trotzdem nichts Rettendes unternahm, lässt den Schluss zu, dass sie ihn unbewusst loswerden wollte. Die Situation war mittlerweile für alle Beteiligten so furchtbar und unerträglich, dass etwas passieren musste. Der Tod ihres »liebsten Sohnes« war zwar beileibe nicht die gewünschte Lösung, aber »wenigstens war es jetzt vorbei«. Die Schwester erlebte, wie »die Mutter teilweise meinem Vater die Schuld am Tod meines Bruders gab. Die Eltern trennte der Tod ihres Kindes immer weiter voneinander. Ich stand wieder als Puffer dazwischen, wollte nicht wählen, wer der Bessere ist, wer Schuld an was trägt«.
    Zwei Jahre nach dem Tod seines Sohnes starb der Vater an Krebs. 10 Jahre nach dem Drogentod des Bruders ist die Schwester nicht frei von dem Drama. Sie fühlt sich wie verfolgt und findet keine Antwort auf die sie umtreibende Frage: »War es Selbstmord aus Aussichtslosigkeit? Eine Frage, die ich mir stelle, welche mein Bruder nicht mehr beantworten kann.« Außerdem sitzt sie auf ihrer Wut: »Was mich heute am meisten ärgert, ist, dass er sich alles genommen hat und doch so schlecht verwendet hat. Mir bleibt so gut wie nichts übrig. Ich habe meinen Bruder geschützt und geliebt. Heute glaube ich, ich habe alles gegeben und es ist mir fast alles genommen worden.« Die Schwester leidet an der Last, mit der ihr Bruder sie zurückließ: »Nach dem Tod kümmerte ich mich allein um meine Mutter bis heute.« Sie »bemuttert« ihre depressiv erscheinende Mutter und versorgt sie in einem Maße, dass sogar ihr Hausarzt sie darauf aufmerksam machte, »ich würde mich wieder gründlich ausnutzen lassen«. Sie hat sich erneut in eine »Situation des Gebens und wenig Bekommens« begeben. Eigentlich ist es ihr zu viel, doch sie kann sich

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