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Haschisch - Konsum, Wirkung, Abhängigkeit, Selbsthilfe, Therapie

Haschisch - Konsum, Wirkung, Abhängigkeit, Selbsthilfe, Therapie

Titel: Haschisch - Konsum, Wirkung, Abhängigkeit, Selbsthilfe, Therapie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: beltz Verlag
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nachlassende Hochspannung erlitt sein Vater eine tiefe Krise. Sein Körper streikte und verordnete ihm zwangsweise eine Auszeit. Der Vater nutzte sie leidlich, um sich zu besinnen. Er begann eine eigene Psychotherapie, um mehr pfleglichen Kontakt zu sich selbst zu bekommen. Sein Sohn machte in der Zwischenzeit Abitur und nahm ein Architekturstudium auf. Er hatte es seinem Vater gleich in zweifacher Hinsicht erfolgreich gezeigt: Zum einen durchbrach er die in der familiären Dynamik angelegte Tendenz zur sich selbst erfüllenden negativen Prophezeiung, indem er die Negativvisionen seines Vaters Lügen strafte. Zum Zweiten zeigte er jenem, dass es im Leben noch weitere achtenswerte Dinge außer Leistung gibt.
    Längst nicht immer entwickeln sich Lebensgeschichten nach dem Motto »Dir werd ich’s zeigen« so positiv. Vielleicht denkt auch der eine oder die andere: »Was soll das? Elterlicher Segen? So ein Blödsinn!« Ein verweigerter elterlicher Segen vermag jedoch in der Tat zu einer unerträglichen, kaum zu bewältigenden Bürde oder Hypothek im Leben eines Menschen zu werden. Wer scheinbar unentrinnbar einem solchen Lebensskript zu folgen verurteilt ist, hat mit professioneller Unterstützung jedoch gute Chancen auf eine Neuordnung seiner inneren Antriebskräfte.
Du bist mein »liebstes Kind« …
    Manchen familiären Beziehungsmustern wohnt die Tendenz inne, sich über Generationen hinweg zu verlängern, wenn sie nicht rechtzeitig aufgelöst und in positivere Bahnen gelenkt werden. Das Muster »Du bist mein liebstes Kind« wird in zahlreichen Variationen gelebt. Regelmäßig ist es jedoch für alle beteiligten Geschwister eine schwere Bürde.
    In einem Qualifizierungskurs für bereits berufserfahrene Erzieherinnen, in dem unter anderem sehr selbsterfahrungsorientiert gearbeitet wurde, schrieb eine 40-jährige Teilnehmerin als Abschlussarbeit die Geschichte ihrer eigenen Familie nieder. Sie hat nicht bloß zugestimmt, sondern mit großem Nachdruck unterstützt, dass ich Teile daraus wiedergebe:
    Selbst 1961 geboren, kam fünf Jahre später ihr jüngerer Bruder zur Welt. Er war »der ersehnte Junge«, der »Abgott der Familie«, der den Namen der Familie weitertragen und sie in die Zukunft hinein fortsetzen sollte. Der Junge war erklärtermaßen »das liebste Kind« der Mutter, die enttäuscht war, »als ihr erstes Kind nur ein Mädchen war«. Der Sohn der Familie war mit den in ihn gesetzten Erwartungen offensichtlich überfordert und entwickelte sich nicht wie gewünscht. Im Alter von 13 Jahren rauchte er vermutlich zum ersten Mal Haschisch, was er natürlich vehement verneinte. In der Familie »waren alle nicht mehr als froh, ihm das zu glauben«. Niemand vermochte das Thema angemessen einzuschätzen. Frühe Chancen, das sich anbahnende Unheil aufzuhalten, wurden verschlafen. Der Sohn absolvierte eine Lehre und fing an zu arbeiten.
    Seine Schwester geht heute davon aus, dass er die ganzen Jahre über Haschisch gebrauchte, ohne dass es jemand wahrhaben wollte. Er blieb all die Zeit Mutters Liebling. Die Arbeitsstelle des jungen Mannes lag in der Nähe eines bekannten Drogenumschlagplatzes. Es ist anzunehmen, dass dort zum ersten Mal härtere Drogen als Haschisch ins Spiel kamen.
    Im Alter von 20 Jahren fuhr der Bruder das nagelneue Auto seiner Schwester zu Schrott. Es wurden Cannabis, Amphetamine und Alkohol im Blut nachgewiesen. Die Eltern schonten »ihr liebstes Kind«. Statt von ihrem Sohn einzufordern, die Konsequenzen für sein Verhalten zu übernehmen, streckten sie ihm Geld vor, mit welchem er seiner Schwester ein anderes Fahrzeug kaufen sollte. Doch auch die Schwester konfrontierte ihren Bruder nicht mit dem Schaden, den er angerichtet hatte: »Weil mein Bruder mir leidtat, verzichtete ich auf das neue Modell, das ich hatte, und kaufte einen Gebrauchtwagen.«
    Wieder verstrich ein Interventionszeitpunkt ungenutzt und der junge Mann konnte sein »Spiel« weiter fortsetzen. Er hatte sich allerdings mittlerweile vom »liebsten Kind« zum »Sorgenkind« gewandelt, welches in der Familie für zunehmend heftigere Konflikte sorgte. Seine Schwester übernahm die Rolle »des Puffers«, »der Vermittlerin zwischen ihm und den Eltern«. Vier Jahre nach dem ersten Unfall fuhr der junge Mann im Drogenrausch ein zweites Auto zu Schrott. Außerdem wurde er beim Dealen mit Haschisch erwischt und zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Erst zu diesem späten Zeitpunkt fiel es der Familie wie Schuppen von den Augen, dass ihr

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