Haschisch - Konsum, Wirkung, Abhängigkeit, Selbsthilfe, Therapie
Haschisch- oder Marihuanavergangenheit auf die Vorstellung reagieren, eines ihrer Kinder könnte irgendwann zu diesen Stoffen greifen. Gelegentlich erreichen sie mit ihren Befürchtungen genau das, was sie am anstrengendsten zu verhindern trachteten. Einer unbewussten Familiendynamik gehorchend, setzen Jungen oder Mädchen die Cannabisgeschichte ihrer Eltern fort.
Härter ist in aller Regel jedoch die Variante, wenn Mütter oder Väter jahrelang unverhohlenen Cannabisgebrauch in Gegenwart der eigenen Kinder praktiziert haben. So, wie andere Kinder ihre Eltern rauchen oder Alkohol trinken sehen, wuchsen jene Jungen und Mädchen in einer Atmosphäre auf, in der Cannabis zum selbstverständlichen Alltag der Eltern gehörte. Sie kennen es gar nicht anders. Manchen reicht die Erfahrung bekiffter Eltern, um selbst die Finger von Cannabis zu lassen. Andere wiederum greifen selbst mit einer absoluten Selbstverständlichkeit so frühzeitig in ihrem Leben zu dem psychoaktiven Mittel, dass kurzfristige nachteilige Folgen unmöglich ausbleiben können.
Ein Kind dieser zweiten Generation, ein heute 16-jähriges Mädchen, das seit seinem zwölften Lebensjahr jeden Tag mehrfach kifft, macht einen völlig desorientierten, überdrehten oder in Szenesprache »verspulten« Eindruck. Sie ist Kifferin mit Haut und Haar: »Ich kenne es doch gar nicht anders«, meint sie an dem Tag, als sie zum ersten Mal seit ihrem frühen Einstieg in den Cannabiskonsum drei Tage lang nichts zum Rauchen hatte und heftige Entzugserscheinungen verspürte. Sie wirkt fast »hysterisch«, als sie hervorsprudelt:
»Wie bin ich denn drauf, ich versteh mich gar nicht mehr, wie bin ich bloß drauf, und wie sind denn die Leute drauf, was machen die überhaupt, wie sehen die denn alle aus, in was für einer Welt bin ich denn heute, was geht denn hier ab, was geht überhaupt bei mir ab, was läuft hier gerade, ich versteh gar nichts mehr, wo bin ich denn hier …?«
Etliche Endlosschleifen lang zog sich ihre Fassungslosigkeit hin, bis sie sich langsam beruhigte. Ihr Problem, das sie mit vielen Jungen und Mädchen der nachgewachsenen Kiffergeneration teilt, ist, dass sie keine Spuren von Erinnerung mehr hat, wie die Welt aussah und ihr Leben sich anfühlte, bevor sie zum ersten Mal Cannabis zu sich nahm. Das Mädchen kennt sich nicht mehr anders als im bekifften, dauerdrogierten Zustand. Alle früheren Bilder sind von einem undurchdringlichen Cannabisnebel verschleiert. Sollte sich die 16-Jährige dazu durchringen, auf Joints und Bong verzichten zu wollen, wird sie sich selbst von Grund auf neu kennenlernen. Das ist vielleicht das aufregendste Abenteuer überhaupt. Welcher Mensch tritt zutage, wenn der Cannabisschleier sich lichtet?
Großeltern sorgen sich aus ihrer Perspektive um die »dritte Generation«. So fragte mich eine Großmutter um Rat bezüglich ihres Verhaltens gegenüber ihrem täglich kiffenden Sohn und dessen Kindern, also ihren Enkeln. Lange Jahre beruhigte sie sich damit anzunehmen, dass ihr Sohn nicht in Anwesenheit seiner Kinder kiffe. Ihre Illusion zerbarst, als ihre Schwiegertochter ihr aus eigener Not heraus eröffnete, dass ihr Mann selbst im Beisein der Kinder öfter »einen durchziehe«. Seither quälen die Großmutter Sorgen um ihre Enkel und die Fragen: »Habe ich mich als Mutter gegenüber meinem Sohn komplett rauszuhalten? Falls ich mit ihm spreche, wie spreche ich mit ihm, dass er nicht gleich wieder dichtmacht? Wie positioniere ich mich? Wie kann ich meine Enkel schützen?«
Heftige Konflikte drohen dort, wo Großeltern einen Drogengebrauch der Enkelgeneration systematisch unterstützen. Sie höhlen die Bemühungen von Vätern und Müttern aus, die mit entschiedenen Maßnahmen einen Cannabismissbrauch ihrer Kinder zu begrenzen suchen. Empfinden Großeltern die Konsequenz elterlicher Entschlüsse aus ihrer Sicht als überzogen, weil sie die Dynamik eines Drogengebrauchs der »dritten Generation« zu wenig verstehen, unterlaufen sie aus fehlgeleiteter Liebe die Bemühungen der Eltern. Die »armen Enkel« können ihnen leidtun, und sie stecken ihnen hinter dem Rücken der Eltern immer wieder Geld zu, nicht realisierend, welche Folgen ihr gut gemeintes Verhalten nach sich zieht.
Um derartige Sorgen wie Hilfsimpulse zu sortieren, sitzen in meiner Gruppe für Eltern cannabisgebrauchender Söhne und Töchter gelegentlich auch Großmütter und Großväter.
Die blockierte Reifung,
oder: »Von einem,
der auszog, das Fürchten
zu
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