Haschisch - Konsum, Wirkung, Abhängigkeit, Selbsthilfe, Therapie
kaum von der Mutter abgrenzen. Sie war als Mädchen von Beginn an weniger wert als ihr Bruder und bemüht sich immer noch um die Gunst und den Segen der Mutter. Jene denkt aber gar nicht daran, ihre Tochter zu würdigen.
Vier Jahre nach dem Tod des Bruders adoptiert die Schwester mit ihrem Mann zusammen ein Kind, »weil ich durch gesundheitliche und eventuell seelische Probleme kein Kind bekam«. Jetzt hat sie gleichfalls »ein liebstes Kind«. Selbstverständlich ist es ein Junge. Sie möchte bewusst kein zweites Kind, um nicht wählen zu müssen, welches Kind ihr lieber wäre. Ein Mädchen wollte sie nicht, damit sie ihre eigenen Minderwertigkeitsgefühle nicht auf eine Tochter übertragen würde.
Im Jahr der Adoption wiederholte sich für sie ein Suchtdrama. Die Polizei klingelte an ihrer Tür und teilte ihr mit, dass der Bruder ihrer Mutter an den Folgen eines alkoholbedingten Verkehrsunfalls verstorben sei. Erneut war ein Leben in ihrer Verwandtschaft durch »ein Suchtmittel verpfuscht«.
Als »Fazit« aus all den negativen Erfahrungen ist der 40-jährigen Frau eine »große Angst geblieben«, insbesondere »Angst vor dem Tod, vor unheilbaren Krankheiten und vor wiederkehrender Drogenabhängigkeit bei meinem Kind«. Insbesondere die Sorge, dass ihr eigenes Kind später einmal zu Drogen greifen könnte, raubt ihr die Ruhe. Sie läuft Gefahr, ihren Sohn mit ihrer eigenen Angst zu infizieren und damit genau die Geister heraufzubeschwören, die sie so angestrengt zu kontrollieren sucht. Der Bericht über ihre Familie sowie die Arbeit in der Gruppe waren für die um größere Sicherheit bemühte Frau eine wertvolle Hilfe. Sie vermochte Unverarbeitetes aufzuarbeiten und mithilfe einer »Inszenierung« den Bann ihres toten Bruders aufzulösen. Außerdem hat sie beschlossen, sich fürsorglich darum zu kümmern, die Macht ihrer Ängste zu brechen.
Schwierig aufzudecken:
Maskierte Spuren
deutscher Geschichte
Ein ganz eigenes Ursache-Wirkungs-Geschehen steckt in einer familiären Dynamik, die sich hinter zahlreichen Fassaden und Masken verbirgt. Oberflächlich drängen sich erst einmal andere Muster auf, mit deren Hilfe man den Drogen- und Suchtmittelgebrauch eines Familienmitglieds erklären möchte. Erst bei näherem Hinschauen des geübten Auges tun sich die eigentlichen Abgründe des familiären Geschehens auf, dessen Ursachen bis weit in unsere dunkelste geschichtliche Vergangenheit zu reichen vermögen.
Ein mittlerweile verstorbener Mann war frühzeitig von zu Hause ausgezogen, um Medizin zu studieren. Er legte alle Prüfungen ab, scheiterte jedoch am letzten medizinischen Examen, obgleich er sich fachlich sicher fühlte. Jedes Mal, wenn er zur mündlichen Abschlussprüfung gemeldet war, erkrankte er so schwer, dass er den Prüfungstermin nicht einzuhalten vermochte. Infolgedessen schloss er sein Studium nie ab. Seinen Lebensunterhalt bestritt er mehr oder weniger mit einem Dienstleistungsgewerbe. Über erste Erfahrungen mit Alkohol, viel Cannabis, LSD und Meskalin entwickelte sich der Mann im Laufe der Jahre zu einem periodisch stark trinkenden Alkoholiker. Dass er Trinker war, gab er zwar freimütig zu, weigerte sich aber beharrlich, längerfristig professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Das habe er nicht nötig. Sporadischen Therapieversuchen verlieh er bewusst den Charakter von Machtkämpfen. Unter geschickter Ausnutzung seiner eigenen psychologischen wie medizinischen Vorbildung gelang es ihm, die jeweiligen Therapeuten frühzeitig zur Wirkungslosigkeit zu verurteilen, unter anderem auch deshalb, weil seine wechselnden Behandler immer auf der falschen Fährte waren. Deren triumphal inszenierte Niederlagen waren seine Pyrrhussiege. Über die Vereitelung wirksamer Hilfe zur Selbsthilfe hielt er hartnäckig an seinem Leiden fest. Als Rettungsanker dienten ihm phasenweise seine mit starker Abwertung anderer Menschen einhergehenden Größenfantasien.
Die Rekonstruktion seiner Lebensgeschichte ergab, dass er 1952 nach drei Mädchen als erstgeborener Sohn eines Vaters zur Welt kam, der seinerseits Jahrgang 1909 war. Sein Vater erlebte folglich den Aufstieg und die Diktatur der Nationalsozialisten in Deutschland. Als waffenfähiger Mann wurde er mit Beginn des Zweiten Weltkriegs zur Wehrmacht eingezogen. Er wurde mehrfach verwundet und war kurz in Kriegsgefangenschaft. Nach dem Krieg wurde er entnazifiziert. Doch sein Leben blieb überschattet von der Gewalt der Obrigkeit, von Krieg, Gefangenschaft und
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