Haschisch - Konsum, Wirkung, Abhängigkeit, Selbsthilfe, Therapie
Cannabinoide allerdings in der Lage sind, die Plazentaschranke zu durchwandern, ist aus Sicherheitsgründen Vorsicht angebracht. Nach derzeitigem Stand des Wissens gibt es zwar keine eindeutig nachweisbare Schädigung des Fetus oder eine Beeinträchtigung der Entwicklung von Säuglingen und Kleinkindern infolge eines gemäßigten Cannabiskonsums der Mutter während der Schwangerschaft. Es existieren jedoch zumindest Hinweise, dass Neugeborene, die im Mutterleib regelmäßigen THC-Expositionen ausgesetzt waren, auffallende Ähnlichkeiten im Verhalten mit sogenannten »hyperaktiven« Kindern zeigen. Um jegliches Restrisiko durch Cannabis auszuschließen, sollte der Stoff für werdende Mütter ebenso tabu sein wie Alkohol, Nikotin und Medikamente.
Wiederholt auftretende psychische Nebenwirkungen des Cannabisgebrauchs sind Unruhe, Angstgefühle bis hin zu akuten Panikattacken und Erlebnisse von Persönlichkeitsauflösung. Stärker ausgeprägte Halluzinationen oder Depersonalisierungserlebnisse schüren eine tiefe Angst vor einem gänzlichen Kontrollverlust. Stark Bekiffte, die mit dem Ansturm solcher Wirkungen zu kämpfen haben, kann man sich regelrecht fest- und zusammenhalten sehen, um dem Gefühl zu entrinnen, auseinanderzufallen. Bisweilen versuchen sie auch, sich mit aller Kraft auf sich selbst zu konzentrieren, um die Kontrolle über das Geschehen und ihre Empfindungen zu bewahren. Von solchen unmittelbaren albtraumartigen Angststürmen werden gehäuft unerfahrene Cannabisgebraucher überwältigt, die unvorsichtig dosiert haben und noch keine Erfahrungen mit den psychischen Wirkungen höherer Dosen gesammelt haben. Bei besonnenem Gebrauch von Cannabis stellen sich unerwünscht heftige Wirkungen selten ein. Vorübergehende Orientierungslosigkeit und Verwirrtheitszustände infolge zu hoher Dosierung klingen meistens von alleine wieder ab. Klinische Gepflogenheiten, solche Zustände als akute Intoxikationspsychosen zu diagnostizieren, sind in solchen Fällen absolut entbehrlich.
Heftig umstritten in der Negativliste von Risiken und Nebenwirkungen sind drei mögliche Folgeerscheinungen eines eher längerfristigen Gebrauchs von Cannabis: Es handelt sich um das sogenannte »amotivationale Syndrom«, um das Risiko einer durch Cannabis induzierten Psychose und schließlich um die Gretchenfrage, ob und inwieweit Haschisch- und Marihuanakonsum abhängig machen können. In der lang währenden, teils ideologisch geführten Auseinandersetzung um die Folgen des Cannabisgebrauchs führen insbesondere das »amotivationale Syndrom« und die »Cannabispsychose« nahezu die Existenz von »Fabelwesen«. Die Frage nach dem Abhängigkeitsrisiko von Cannabis ist mittlerweile etwas weniger emotional beladen zu stellen. Ich werde alle drei Risiken im Anschluss an das nun unmittelbar folgende Kapitel über die Wirkmechanismen von Haschisch und Marihuana differenziert beschreiben und dabei weder dramatisieren noch beschönigen.
Wirkungsmechanismen oder:
Der Stoff, der
die »Glückseligkeit« macht
Damit das psychoaktive THC seine Wirkung zu entfalten vermag, muss es im Gehirn an einem Ankerplatz festmachen können. Solche Ankerplätze, Rezeptoren genannt, sind spezifische Bindungsstellen im körperlichen Gewebe, an die entweder ein körpereigener Stoff (Ligand) oder ein von außen zugeführter pharmakologischer Wirkstoff andockt. Das Andocken der Wirkstoffe ruft eine Reaktionskette mit bestimmter Wirkung hervor. Die jeweiligen Stoffe passen wie ein spezieller Sicherheitsschlüssel auf ein Schloss mit genau entsprechendem Schließzylinder.
Seit Ende der 80er-Jahre hat man zwei Haupttypen dieser Rezeptoren für Cannabinoide entdeckt, kurz CB1 und CB2 genannt. Wenn aber im Körper überhaupt bestimmungsgemäße Bindungsstellen für Cannabinoide vorhanden sind, dann muss diesen der Plan der menschlichen Entwicklung noch einen weiteren Zweck zugedacht haben als den, dass ein Kiffer mit ihrer und Cannabis‘ Hilfe vorübergehend seine Welt verändern kann. Oder wie es 1992 im erlauchten Wissenschaftsmagazin »Science« hieß: »Natürlich haben diese Rezeptoren sich nicht über Jahrmillionen entwickelt, um herumzuhängen, bis jemand ›high‹ werden wollte.« Ähnlich, wie es körpereigene Opiate, die Endorphine gibt, vermutete man daher das Vorkommen eines vom menschlichen Organismus selbst hergestellten und freigesetzten cannabinoidähnlichen Stoffes. Aber welche Substanzen sind es, die sich im Körper normalerweise und auch bei
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