Haschisch - Konsum, Wirkung, Abhängigkeit, Selbsthilfe, Therapie
Strategien, mit der »Störung« ihrer Eltern zu leben. Doch es hinterlässt tiefer reichende Spuren in ihrem innersten Kern. Diese wirken sich umso gravierender aus, je jünger die Kinder zum Zeitpunkt der Erkrankung des jeweiligen Elternteils sind. Manche solcher Kinder beginnen als Jugendliche, Cannabis oder andere Drogen zu gebrauchen. Sie benutzen das Mittel, um die ihnen innewohnenden Sorgen und Ängste zu dämpfen und unter Kontrolle zu halten. Die Söhne oder Töchter machen sich fortwährend Gedanken darüber, ob sie ebenfalls so »verrückt« werden könnten wie ihre Mutter oder ihr Vater.
Eine meiner Klientinnen befürchtet so bei jeder länger dauernden gefühlsmäßigen Verwirrung, für die sie keine unmittelbare Erklärung findet, »dass es jetzt so weit ist« und sie ihrer schizophrenen Mutter ähnlich wird. Ihre Angst ist förmlich mit den Händen greifbar. Ich biete ihr in solchen Momenten vorsichtig dosierten Berührungskontakt an. Der darüber vermittelte Halt reicht aus, um nicht in der Angst verloren zu gehen. Ihre Befürchtungen, der Mutter nachzuschlagen, sind gewachsen oder vielmehr spürbarer für sie geworden, seit sie ihren früheren täglichen Haschischkonsum drastisch reduziert hat. Der Stoff hilft ihr nicht mehr, die innere Unruhe in Schach zu halten. Sie ist dabei, andere Strategien zu entwickeln, um mit ihrer Angst vor dem »Anderssein« fertig zu werden. Die 19-Jährige ist sehr feinfühlig, aber vielfach noch unsicher, ob sie ihren Gefühlen trauen darf. Immer wieder ist Thema, ob ihre Wahrnehmung »richtig« ist oder vielleicht doch »falsch« sein könnte.
Es ist eine Leistung, wenn ein junger Mensch, der neben einem »meist in einer anderen Welt weilenden« Elternteil groß geworden ist, die Sicherheit in sich findet: »Ich brauche nicht so zu werden wie meine Mutter (oder mein Vater)«, oder wenn er zumindest mit der Restunsicherheit so zu leben vermag, dass sie seine Lebenszufriedenheit nicht in untolerierbarer Weise einschränkt.
In absolut verunsichernder, beängstigender Weise »anders« fühlen sich junge Männer, die den Verdacht oder bereits die Gewissheit haben, dass sie »schwul« sind. Sofern das ruchbar wird, kann ihnen in der Welt der jungen männlichen Erwachsenen ein solches Maß an Verachtung, Ablehnung, Hassbekundungen und Pöbeleien entgegenschlagen, dass es schlichtweg nicht zu ertragen ist. In ihrer Not greifen sie nicht selten zu Cannabis oder Alkohol, um mal einen Moment der inneren Ruhe zu erleben.
Ganz aktuell kommt ein derart um Orientierung ringender 15-Jähriger mit etlichen seiner Freunde regelmäßig in einem schulischen Beratungsprojekt zu Gesprächen. Seine Freunde ekelt es an, wenn sie sich von ihm angemacht fühlen. Sie schreien ihm fast entgegen: »Hör auf, mich anzumachen. Ich mag das nicht. Versuch nie wieder, deinen Kopf an meine Schulter zu legen, sonst schlage ich.« Für seine Freunde spricht, dass sie versuchen wollen, den freundschaftlichen Kontakt zu ihrem 15-jährigen Kameraden nicht abreißen zu lassen. Aber sie wollen auf keinen Fall in den Geruch kommen, einem Schwulen zu nahe zu kommen. Das erlauben die unbarmherzigen Gesetze ihrer Jungenwelt nicht. Sie würden sich im Endeffekt selbst gemobbt sehen. Der Junge selbst hat noch panische Angst vor seiner Homosexualität, weswegen er im Moment mit einem Mädchen »rummacht«. Außerdem kifft er nicht zu knapp, weil er sich damit phasenweise leichter fühlt und sich »männlicher« zu geben glaubt. In den Gesprächen mit der Gruppe ist das Thema aber weniger der Cannabisgebrauch als vielmehr die überhöhte Angst vor der Homoerotik. Ich spreche mit dem Jungen und seinen Freunden so klar über »Schwul-« oder »Bi-Sein«, dass erst gar keine falsche Verschämtheit aufkommt. Für den Jungen ist es wichtig, von einem männlichen Gegenüber Wertschätzung und Anerkennung zu erfahren, damit eine Überzeugung in ihm wachsen kann, dass sein nicht zu verdrängendes »Anderssein« nichts »Aussätziges« hat. Sein Schwulsein mindert in keiner Weise seinen Wert und seine Würde als Mensch.
Nicht in jedem Fall wird das Gefühl des »Ich bin anders« zu einer Hypothek auf das Leben. Viele Menschen genießen gar eine bestimmte Form des »Nicht-wie-die-anderen-Seins«. Sie sind möglicherweise schöner oder erfolgreicher, klüger oder fantasievoller, künstlerisch begabter oder zeichnen sich durch sonst ein besonderes Merkmal aus. Ihre »Besonderheit«, die ungemein zur Stabilität ihres
Weitere Kostenlose Bücher