Haschisch - Konsum, Wirkung, Abhängigkeit, Selbsthilfe, Therapie
konkrete Schritte erarbeitet, die unter anderem dazu führten, dass er vorübergehend wieder in Arbeit kam. Da damit allerdings der unmittelbare Druck der ihm eng auf die Pelle gerückten Realität gemildert war, versiegte augenblicklich seine Motivation zu weiteren Schritten. Für die nur noch möglichen frühen Morgentermine bekam er »den Hintern nicht rechtzeitig aus dem Bett«. So riss der Kontakt ab. Einer seiner Pläne war, sich im folgenden Sommer in sonnigere Gefilde abzusetzen, dort bei Freunden Unterschlupf zu suchen und sich in seinem Beruf anzubieten. Ich hoffe, dass ihm zumindest dieser Schritt gelungen ist. Die Lebensfrage, wo er eigentlich hingehört, wird ihn in jedem Falle weiter durch sein Leben begleiten. Dass er die »Heimat« in sich errichten muss, um sich weniger hin- und hergerissen zu fühlen, fand während unserer Gespräche noch keinen ausreichend motivierenden Widerhall. Vielleicht konnten wir wenigstens ein Samenkorn dazu legen.
Hin- und hergerissen, zerrissen, zutiefst lebensunwert fühlte sich auch ein 15-jähriger Schüler, der seit einem Jahr täglich intensiv kiffte. Er wurde nach seiner Geburt von seiner leiblichen Mutter zur Adoption freigegeben, weil sein Vater nichts von einem Kind wissen wollte. Als das ihn adoptierende Elternpaar sich nach einigen Jahren trennte, verlor er auch seine Adoptivmutter, die bislang »für ihn zuständig war«. Da er sich als nicht so pflegeleicht erwiesen hatte, wollte sie ihr neues Leben nicht länger mit einem Adoptivkind verkomplizieren, das ihrem neuen Partner ohnehin nicht willkommen war. Folglich wohnte er weiter bei seinem Adoptivvater, der ihm gefühlsmäßig aber nie ein Vater oder eine männliche Bezugsperson war. Er versorgte seinen Sohn zwar mit materieller Sicherheit, war aber unfähig zu einer förderlichen Vater-Sohn-Beziehung. Sein inkonsequentes Laisser-faire ließ dem 15-Jährigen Freiheiten, mit denen er in keiner Weise umzugehen wusste. Der Weg zu Drogenexperimenten war nicht weit. Als der Adoptivvater seinerseits wieder mit einer neuen Frau zusammenleben wollte, wurde diese von dem Sohn aufs Heftigste abgelehnt und bekämpft. Er wollte nicht noch eine dritte Mutter, nachdem er schon zwei verloren hatte. Die Situation zu Hause eskalierte. Der Cannabisumsatz des jungen Mannes steigerte sich rapide. In seiner Not fand er den Weg zu mir in die Drogenberatung. Der 15-Jährige war ein ausgesprochen gut aussehender Junge, nach dem sich viele Mädchen umdrehten. Außerdem entdeckte ich schnell wertvolle Ressourcen und Talente in ihm, für die er in seiner empfundenen Minderwertigkeit jedoch selber blind war. Als wir die Dramen seines Lebens und das Übermaß an zu früh erlittenen Verlusten durcharbeiteten, klärte sich so manches Gefühlschaos für ihn. Ich unterstützte ihn zudem in seinem Wunsch, sich auf die Suche nach seinen Wurzeln zu machen. Über das Internet machte er in der Tat seine leibliche Mutter ausfindig, die sich bereiterklärte, ihr Kind kennenzulernen. Die Begegnungen mit ihr und einem Halbbruder nahmen ihn innerlich so in Beschlag, dass der Cannabisspuk von heute auf morgen ein Ende hatte. Ganz aktuell ist sein Problem die Ordnung seiner Beziehungen im Hier und Heute, zumal sein Adoptivvater sowie dessen Partnerin die Beziehung zur leiblichen Mutter voller Misstrauen und Ablehnung beäugen und zu boykottieren suchen, statt die Freude des Jungen zu teilen. So fühlt er sich aufs Neue und Heftigste hin- und hergerissen zwischen allen in ihm angelegten Beziehungsbanden.
Ich fühle mich so anders …
Mitten unter uns gibt es viele Menschen, Jugendliche wie Erwachsene, die sich innerlich von Empfindungen bedrängt sehen, welche es ihnen erschweren, sich »heimisch«, »zugehörig« oder »angekommen« zu fühlen. Sie fühlen sich vor allem »anders« in ihrer Haut. Manchmal als heimliche innere Bürde, bisweilen offen ersichtlich.
Was es bedeutet, sich in seinem innersten Kern zutiefst »anders« zu fühlen, verdeutlichte mir sehr anschaulich eine 16-jährige Schülerin, die seit 2 Jahren regelmäßig Haschisch und Marihuana benutzte.
Das Mädchen war indischer Herkunft und im Alter von drei Jahren von einem deutschen Paar adoptiert worden, welches noch drei weitere leibliche Kinder hatte. Sie war die Jüngste. Die Familie war recht wohlhabend. Überdurchschnittliche Konflikte gab es nicht, sodass das Mädchen »in geordneten Verhältnissen« aufwuchs. Niemand in der Familie hatte das Gefühl, es würde der
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