Haschisch - Konsum, Wirkung, Abhängigkeit, Selbsthilfe, Therapie
so bequem gemacht habe und mich nicht mehr um einen richtigen Kontakt zu den Kindern bemüht habe. Ich habe das Geld verdient und für die finanzielle Sicherheit gesorgt. Aber das hat mir meine Söhne nicht nähergebracht.«
Dieser Moment war für alle in der Familie sehr bewegend. Er löste einen Knoten. Der Vater nahm seinen Teil der Verantwortung für die kaum vorhandene Beziehung zu seinen Söhnen an und bemühte sich fortan um eine Veränderung. Die Mutter suchte die Bindung zu ihren Kindern zu lockern, was sie einerseits als schmerzhaft, andererseits als entlastend empfand, da sie nicht mehr alle Fäden in der kontrollierenden Hand behalten musste. Die Söhne »reiften nach«. Es wurde ein Zeitpunkt vereinbart, bis zu dem sie von zu Hause ausziehen und sich verselbstständigen sollten, was sie beide in innere Aufbruchsstimmung versetzte. Hinzu kam, dass sie sich von ihren bedrückenden Loyalitätskonflikten entbunden fühlten. So, wie sie sich aus der mütterlichen Umklammerung lösten, vollzogen sie parallel eine späte Wiederannäherung an ihren Vater, dessen Nähe sie so lange nicht suchen durften.
Nicht nur Söhne leiden unter der Abwesenheit ihrer Väter, sondern selbstverständlich auch die Töchter. Eine 16-jährige Gymnasiastin kam mit ihrer Mutter zu mir in die Drogenberatung, weil sie Haschisch konsumierte. Die Mutter sorgte sich zwar darum, fügte allerdings im gleichen Atemzug hinzu, dass dies ihrer Meinung nach nicht das eigentliche Problem sei. Ihre Tochter leide sehr unter der Abwesenheit ihres Vaters, weshalb jene selbst ausdrücklich befürworte, mit einer männlichen Bezugsperson zu arbeiten. Die 16-Jährige bestätigte die Aussagen der Mutter auf Anhieb.
Der Cannabiskonsum der jungen Frau war in der Tat nicht das Kernproblem. Er war für sie Mittel zum Zweck: Sie suchte auf diesem Weg die lang währenden Schmerzen einer tiefen inneren Wunde zu lindern, die ihr von ihrem Vater geschlagen worden war. Jener hatte die Familie wegen einer anderen Frau verlassen, als die Tochter 9 Jahre alt war. Die 9-Jährige, die ihren Vater nicht verlieren wollte, stellte ihn in kindlich hoffnungsvoller Verkennung der Realität vor die Wahl: »Du musst dich entscheiden, entweder für mich oder für die neue Frau.« Sie schien damals keinerlei Zweifel zu haben, dass ihr Vater bei ihr bleiben würde. Doch jener entschied sich selbstverständlich, mit »der neuen Frau« zusammenzuleben. Für die Tochter brach ihre gesamte »Vaterwelt« zusammen. Weder vermochte der Vater ihr seine Entscheidung erklärend zu vermitteln, noch vermochte sie richtig einzuordnen, dass die Veränderungen nicht direkt etwas mit ihrer Person zu tun hatten. Fortan fühlte sie: »Ich bin nicht genug wert. Mein Vater hat mich nicht mehr lieb. Er hat mich im Stich gelassen, weil er ›die neue Frau‹ lieber hat.« Über sechs Jahre hinweg weigerte sich das Mädchen strikt, den Vater zu sehen oder mit ihm zu sprechen. Die bis ins Mark empfundene Kränkung durch die erlittene Zurückweisung milderte das nicht. Das Mädchen verschloss sich und fing mit 13 Jahren an, zu kiffen. Der Kontakt zur Mutter blieb zwar stabil, aber die Mutter konnte ihr weder den Vater ersetzen noch ihr über ihren Schmerz hinweghelfen. Die Tochter erklärte den Vater zur »Unperson«, die ihr völlig gleichgültig sei. Sie wollte von ihm nichts mehr wissen. Innerlich kämpfte sie mit ihrer Entwertung durch den sie zurückstoßenden Vater. Als ihre Mutter einen neuen Partner lieben lernte, tat die Tochter sich anfangs damit sehr schwer. Lebenspraktisch führte das zu dem Problem, dass die Mutter ihre mittlerweile 15-jährige Tochter nicht gut allein lassen konnte, um vermehrt Zeit mit ihrem neuen Partner verbringen zu können. Sie drängte deshalb darauf, dass ihre Tochter einige Wochenenden bei ihrem Vater verbringen sollte. Außerdem sei es an der Zeit, dass sie ihr Verhältnis zu ihm bereinige.
Die 15-Jährige ließ sich auf diese Besuchskontakte ein, kehrte allerdings jedes Mal unglücklich nach Hause zurück, obwohl ihr Vater sich erkennbar um sie bemühte. Er wünschte den Kontakt. Die Besuche endeten in neuen »Katastrophen«, weil sich die beiden nicht miteinander zu verständigen wussten. Die Tochter fand sich vom Vater in ihrem Wesen nicht verstanden und in keiner Weise gewürdigt oder bestätigt. »Er akzeptiert einfach nicht, wie ich bin«, klagte sie. Dem Vater hingegen fehlten über 6 Jahre in der Beziehung zu seiner Tochter. Deren Entwicklung war
Weitere Kostenlose Bücher