Haschisch - Konsum, Wirkung, Abhängigkeit, Selbsthilfe, Therapie
völlig an die Wand drängte, andererseits in wachsendem Maße unter seiner Rolle als Zankapfel und Störenfried litt, entwickelte sich zum starken Kiffer. Es gab immer hässlichere Szenen im Familienalltag, da der Sohn als Platzhirsch über alle Grenzen ging. Zusammen mit seinen Drogenfreunden brachte er sich in immer größere Schwierigkeiten. Sein Geldbedarf wuchs und er drehte krumme Dinger. Da er nie ein männliches Gegenüber als Widerpart respektiert hatte, verlor er seinen Ausbildungsplatz, weil er sich keiner Anweisung seines Meisters zu fügen gedachte. Zu Hause trieb er die Eskalation voran, wurde tätlich gegenüber seiner Mutter, trat Türen ein, kam und ging, wie es ihm passte. Zwei Töchter der Familie, welche von Geburt an eher am Rande mitliefen, bekamen es mit der Angst zu tun. Selbst in diesem Stadium war es der Mutter nicht möglich, ihrem Sohn gegenüber Flagge zu zeigen. Für den Vater war es zu spät. Er hielt die Situation nicht mehr aus und stellte seine Frau vor die Wahl: »Du musst dich entscheiden. Entweder dein Sohn verlässt das Haus, oder ich ziehe aus.« Die Mutter machte keine Anstalten, das elterliche Bündnis mit dem Vater zu suchen, um gegenüber dem Sohn an einem Strang zu ziehen, obwohl dies zur Begrenzung der Probleme dringend erforderlich gewesen wäre. Der Sohn hatte das Paar von Beginn an gespalten und das »Spiel« während seiner Drogenphase weiter ausgereizt. Als der Vater tatsächlich auszog, brachen alle Illusionen der Mutter in sich zusammen und sie wandte sich in der für sie unerträglich gewordenen Situation an mich. Die Inkonsequenz der Mutter gegenüber ihrem Sohn, die Kämpfe des Elternpaares um die Definitionsmacht dessen, was richtig und falsch sei, sowie die Konkurrenz und die tiefen Verletzungen zwischen Vater und Sohn, die jeder für sich Vorbedingungen für einen neuen Kontakt stellen, sind die beziehungsdynamischen Baustellen, vom Cannabisgebrauch des inzwischen 18-jährigen Sohnes mit seinen eindeutig schädlichen Folgen gar nicht zu reden.
Wer als Eltern um die Eigenheiten der süchtigen Beziehungsdynamik weiß, kann vorbeugen und geht in den Gefühlsstürmen nicht so leicht unter. In »Drogen & Sucht« sowie »Sucht – Eine Herausforderung im therapeutischen Alltag« finden Betroffene wie helfende Dritte Orientierung, um klaren Kopf zu bewahren.
Kinder als Erfolgsobjekte,
oder: Eltern als »Ego-Fucker« …
Viele Eltern haben für ihre Kinder schon Pläne im Kopf, bevor Letztere überhaupt geboren sind. Manche Kinder bekommen von ihren Eltern Aufgaben und Ziele übergestülpt – in der Fachsprache spricht man von »Delegation« –, die nicht erreichten Lebenszielen der Eltern entstammen, dem Wesen der Kinder dagegen fremd sind. Töchter wie Söhne werden auf diesem Weg instrumentalisiert und benutzt. Sie dürfen nicht einfach nur Kinder sein, sondern werden als zu vermarktende Erfolgsobjekte behandelt. Mit dem Klischee der erfolgreichen »Eisprinzessin« als »Sinnbild« für eine entsprechende Karriere wusste früher jedermann etwas anzufangen. Heutzutage sind die ins Auge gefassten Erfolgsstorys meist vielfältiger und diffuser. Oft stehen Castingshows jedweder Art am Beginn.
Eine Mutter, die in ihrem persönlichen Umfeld begleitende Zeugin eines Cannabisdramas wurde, schrieb mir dazu folgende Zeilen:
»Erwachsene sehen in Kindern nur noch Erfolgsobjekte. Das fängt schon im Kleinkindalter an. Mit 3 Jahren müssen Kinder schon schwimmen, mit 7 Jahren schon Rad fahren können. Man hat in Kinder schon Erwartungen, bevor sie auf der Welt sind. Ich habe das Gefühl, dass dies das Problem der heutigen Zeit ist. Man verplant die Zeit der Kinder von Geburt an. Sobald sie laufen können, müssen sie montags schwimmen gehen, dienstags ins Ballett, mittwochs in den Musikunterricht, donnerstags in die Malschule usw.
Da geht das freie Spielen auf der Straße verloren. Heute haben schon Kleinkinder einen festen Terminplan, und das finde ich nicht gut. Bei einem Gespräch mit Eltern äußerte ich einmal: ›Wenn meine Tochter mal eine glückliche Verkäuferin wird, bin ich zufrieden.‹ Ich wurde nur ausgelacht. Denn viele Eltern hätten lieber einen unglücklichen Arzt anstatt einer glückliche Verkäuferin.«
»Glücklich sein« rangiert in der Werteskala hinter »Erfolg haben«. Ein sichtbares Ergebnis der karrierebetonten gesellschaftlichen Vorgaben sowie der entsprechenden elterlichen Bemühungen können wir bereits beobachten: Wir finden eine
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