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Haschisch - Konsum, Wirkung, Abhängigkeit, Selbsthilfe, Therapie

Haschisch - Konsum, Wirkung, Abhängigkeit, Selbsthilfe, Therapie

Titel: Haschisch - Konsum, Wirkung, Abhängigkeit, Selbsthilfe, Therapie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: beltz Verlag
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»überlebensfähigen« Mann gab es in der Familie nicht. Der Ehemann der Frau spielte zwar die Rolle des Familienoberhauptes, hatte sie aber nicht wirklich inne. Dass seine Frau ihm vordergründig die traditionelle männliche Rolle überließ, entsprach einerseits ihrem Wunsch, er möge diese Position tatsächlich stärker besetzen, zum anderen war es als »weibliche Taktik« ein Zugeständnis an sein männliches Selbstwertgefühl.
    Die Mutter lebte einen beständigen inneren Konflikt. Zum einen wünschte sie sich einen Mann an ihrer Seite, dem sie mehr Verantwortung, Entscheidungen und alltägliche Verrichtungen überlassen könnte, zum anderen musste sie alle Fäden selbst in der Hand behalten. Sie managte alle Angelegenheiten der Familie bis in die Kleinigkeiten. Sogar »die Nägel schlug ich zu Hause selbst in die Wand. Mein Mann hätte das mit seinen beiden linken Händen gar nicht fertiggebracht«. Ihr Mann hatte es zwar im häuslichen Alltag bequem, verlor aber zunehmend an Boden und Einfluss. Manchmal wirkte er mehr wie ein drittes Kind. Nie strahlte er überzeugend so etwas wie Männlichkeit aus.
    Die beiden Söhne wurden von der Mutter von Geburt an gut behütet, damit sie nur ja durchkämen. Dabei schwankte die Erziehungshaltung der Mutter zwischen Verwöhnung und Strenge. Insgesamt wirkten die Söhne für ihr Alter über Gebühr an die Mutter gebunden. Ihren Vater nahmen sie zwar zur Kenntnis, brachten ihm aber wenig Respekt entgegen. Hinter der gut situierten Fassade der Familie schwelten die Konflikte. Seit mehreren Jahren rauchten die beiden Söhne Haschisch, mehr als Einzelgänger und zu Hause in den eigenen vier Wänden als mit Freunden außerhalb. Die Brüder wirkten aufeinander bezogen und sich gegenseitig stützend. Keiner der beiden jungen Männer hatte länger währende Beziehungen zum weiblichen Geschlecht erlebt. Ihre jeweiligen Freundinnen wandten sich frühzeitig von ihnen ab und anderen Männern zu. »Du bist zwar lieb und nett, aber mir fehlt die spürbare männliche Anziehungskraft an dir«, bekam der Ältere von einer Freundin einmal als Begründung für ihre Trennung von ihm zu hören.
    In der Tat machten beide Söhne einen wenig »männlich« identifizierten Eindruck. Der Jüngere versuchte zwar bisweilen, die Verunsicherung in seiner Geschlechtsidentität mit besonders markigen Sprüchen wettzumachen, aber das stand ihm überhaupt nicht zu Gesicht. Unterschwellig waren versteckte Aggressionen gegen die sie bindende Mutter wie gegen den Vater zu spüren, der sie nicht gegen die Mutter unterstützte. Die Söhne spürten diffus, dass in ihrer Beziehung zur Mutter etwas nicht stimmte. Sie waren zu wenig abgegrenzt, was sowohl männliche Versagensgefühle wie Schuldgefühle gegenüber der eigenen Person nährte.
    Mengenmäßig hatte das Haschischrauchen der Söhne noch keine wirklich bedenklichen Ausmaße angenommen. Es war vielmehr die Funktion des Stoffes für sie, die langfristig Anlass zur Besorgnis gab. Zum einen glaubten sie sich durch die von beiden bevorzugten milden Wirkungen des Haschischs »mehr wert« und in ihren Identitätsgefühlen gestärkt. Zum anderen hielt Haschisch die schwelende Aggression unter Kontrolle. Statt einen aggressiven Schub als psychische Energie für den notwendigen familiären Ablösungsprozess zu nutzen, blieben sie unselbstständig gebunden. Der Vater hatte eine zu schwache Position, um seine Söhne »aus dem Nest zu werfen«.
    In den stattfindenden Familiengesprächen gingen alle Familienmitglieder betont sittsam und vorsichtig miteinander um. Der Vater schaffte als Erster so etwas wie einen Durchbruch, als er seiner Frau seine tiefe Enttäuschung darüber offenbarte, dass sie ihm »die Kinder entfremdet« hatte:
    »Du hast mir die Kinder von Anfang an regelrecht vorenthalten. Bei jeder Gelegenheit hast du dich eingemischt, wenn ich mich um sie kümmerte, als hättest du mir nicht zugetraut, dass ich ihnen ein guter Vater sein könnte. Du wolltest es einfach nicht zulassen oder konntest es anscheinend nicht ertragen, dass die Kinder mit mir etwas haben konnten, woran du nicht beteiligt warst. Alles sollte immer unter deiner Kontrolle geschehen. Manchmal war ich richtig eifersüchtig auf die Kinder, weil du immer um sie rum warst. Du warst einfach nur noch Mutter. Mich hast du kaum noch beachtet. Ich glaube, ich habe es irgendwann aufgegeben, mich um die Kinder zu bemühen. Du hast mir keine Chance gelassen. Heute tut es mir sehr leid, dass ich es mir

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