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Hasenherz

Hasenherz

Titel: Hasenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
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hoch. Klagelaute steigen in den Sonnenschein auf. «Die dir gehorsam sind.» Er ist es gewesen, er fühlt sich voller Kraft. Der Himmel grüßt ihn. Es ist, als sei er lange in einer Höhle umhergekrochen und als habe er jetzt endlich hinter den dunkel zusammengerotteten Felsen einen Fetzen Licht erspäht. Er dreht sich um, und Janices Gesicht, taub vor Schmerz, blockiert das Sonnenlicht. «Warum siehst du mich an», sagt er. «Ich habe sie nicht umgebracht.»
    Das kommt ganz klar aus seinem Mund, im Takt mit der Einfachheit, die er jetzt in allem fühlt. Die Köpfe, die einander in leisem Gespräch zugekehrt waren, schnappen jäh herum, als diese Stimme sich plötzlich so grausam erhebt.
    Sie mißverstehen ihn. Er wollte dies nur endlich klargestellt haben. Er wendet sich erklärend den Köpfen zu: «Ihr tut alle so, als wäre ich es gewesen. Aber ich war überhaupt nicht in der Nähe. Sie ist es gewesen.» Er dreht sich zu ihr, und er sieht ihr Gesicht, das zusammensackt, als werde es geschlagen, und er sieht, daß auch sie ein Opfer ist, wie sie alle. Das Baby ist tot, das ist alles, was er sagen will, er hat ein Baby gehabt, und seine Frau hat es ertränkt. «He, ist schon wieder gut», sagt er zu ihr. «Du hast es nicht mit Absicht getan.» Er will ihre Hand nehmen, aber sie zieht sie so heftig zurück wie vor einer Falle und sieht ihre Eltern an, die auf sie zustürzen.
    Sein Gesicht brennt. Das Herz ist ihm weit gewesen im Wunsch zu verzeihen, jetzt ist es voller Haß. Er haßt ihr stumpfes Gesicht. Sie begreift nicht. Sie hat eine Chance gehabt, sich wieder mit ihm in Wahrheit zu vereinen, in der einfachsten, handgreiflichsten Wahrheit, aber sie hat sich voll Entsetzen abgewandt. Er sieht, daß inmitten all der Gesichter auch das seiner Mutter Entsetzen zeigt, daß es leergefegt ist vor Entsetzen, daß es ihm eine Wand entgegenstellt. Sie hat laut gerufen, was man ihm getan habe, und nun tut sie es ihm auch. Diese Ungerechtigkeit erstickt ihn und macht ihn blind. Er dreht sich um und läuft.
    Bergaufwärts, mit großer Kraft. Er duckt sich zwischen den Grabsteinen hindurch, berstend vor Triumph. Butterblumen blühen strah lend um die Gräber. Hinter ihm wird sein Name gerufen, Eccles’ Stimme ist es: «Harry! Harry!» Er spürt, daß Eccles ihm nachsetzt, aber er dreht sich nicht um. Er kürzt seinen Weg diagonal ab, rennt zwischen den Steinen hindurch, quer über den Rasen, auf den Wald zu. Die Entfernung bis zum dunklen Halbmond der Bäume ist größer, als es am Grab seiner Tochter geschienen hat. Die rasch schlingernde Bewegung seines Körpers wird schwer: das Land steigt steiler an. Aber das Gräbererdreich ist weich unter ihm und beflügelt seine Flucht, es hat eine sanfte, tragende Holprigkeit, die ihn schwellt mit der Erinne rung an die kurzen, spritzenden Läufe auf menschenumsäumtem Platz. Er erreicht die ausgreifenden Arme des Walds, aber er will weiter, er will ins Herz des Halbmonds. Als er dort angekommen ist, fühlt er sich weniger geschützt, als er gehofft hat. Er dreht sich um und sieht durch die Blätter den Friedhof da unten, die Menschen, vor denen er geflohen ist: sie drängen sich dicht aneinander neben dem kleinen grünen Zelt. Eccles ist auf halber Höhe zwischen denen da unten und ihm hier oben, seine schwarze Brust atmet heftig, seine weit auseinanderliegenden Augen spähen konzentriert zwischen die Baumstämme. Die andern, dicke dunkle Strünke, zappeln aufgeregt: wenden sich zum Gehen, überlegen sich’s anders, einer erprobt des andern Durchhaltevermögen, einer hält den andern auf. Die blaß verwischten Gesichter blitzen stum me Zeichen gegen die Bäume hin und wenden sich dann weg, in Abscheu oder in Verzweiflung, dann wieder leuchten sie gespannt in der sinkenden Sonne auf. Nur Eccles’ Blick geht unverwandt geradeaus. Vielleicht sammelt er Kraft, um die Verfolgung wiederaufzunehmen.
    Rabbit duckt sich und rennt im Zickzack. Hände und Gesicht sind ihm zerkratzt von den peitschenden Zweigen des Buschwerks und der Baumschößlinge, die den Wald ringsum säumen. Tiefer innen gibt es nicht so viel Unterholz. Die Kiefern ersticken alles andere Wachstum. Ihre braunen Nadeln bedecken den Boden mit einem schlüpfrigglatten Teppich. Und die Sonne stößt mit schmalen Lanzen auf diesen toten Boden. Dämmerig und heiß ist es hier, wie in einer Dachstube. Die unsichtbare Sonnenscheibe des Nachmittags sengt auf die dunklen Laubschindeln zu seinen Häupten nieder. Tote, unten aus den

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