Hasturs Erbe - 15
vor Angst… In jener Nacht, erzählte ihm sein Großvater später, seien seine Schreie so furchtbar geworden, so angstvoll und hartnäckig, daß Kennard Alton, der selbst ernsthaft erkrankt war, zu ihm gekommen und bis zum Morgen geblieben sei und versucht habe, ihn mit Kontakt und Einfühlung zu beruhigen. Regis aber hatte weiter nach Lew gerufen, und Kennard konnte ihn nicht erreichen.
Regis schämte sich für sein kindisches Benehmen und hatte schließlich zugestimmt, nach Neskaya zu gehen. Die Schatten der Erinnerung und Gedankenbilder, die sich in ihm festgesetzt hatten, waren ihm peinlich, und er versuchte erst gar nicht, Wahrheiten von Drogenphantasien zu unterscheiden. Doch wie auch immer, er wußte, daß Lew dagewesen war und ihn wie ein Kind im Arm gehalten hatte. Als er es Kennard erzählte, nickte dieser nüchtern und sagte: „Das ist sehr wahrscheinlich. Vielleicht bist du in der Zeit umhergeschweift, oder vielleicht hat dich Lew von dort, wo er ist, gespürt und gefühlt, daß du ihn brauchst, und dich telepathisch berührt. Ich habe nicht gewußt, daß du ihm so nahestehst.” Regis fühlte sich hilflos und verletzlich, und als es ihm besser ging und er den Ritt wagen konnte, hatte er demütig zugestimmt, zum Neskaya-Turm zu gehen. So zu leben war unerträglich…
Jetzt weckte ihn Gabriels Stimme auf, der verärgert sagte: „Sieh mal, was ist das? Dom Felix …?”
Der alte Mann ritt ihnen aus dem Tal heraus entgegen, und zwar aufDanilos schwarzem Pferd, dem auf Armida gezogenen Hengst, dem einzigen guten Reittier auf Syrtis. Er ritt für einen Mann seines Alters in halsbrecherischem Tempo. Einige Minuten schien es, als galoppiere er in voller Geschwindigkeit in die Gesellschaft hinein, doch wenige Schritte vor ihnen zügelte er das Pferd und brachte es mit bebenden Flanken und steifbeinig zum Stillstand. Dom Felix starrte Regis an. „Wo ist mein Sohn? Was habt ihr diebischen Mörder mit ihm gemacht?”
Die Wut und der Schmerz des alten Mannes wirkten wie ein Schlag. Regis sagte verwirrt: „Euer Sohn? Danilo, Sir? Warum fragt Ihr mich?”
„Was habt ihr gemeinen, verachtenswerten Tyrannen mit ihm gemacht? Wie könnt ihr es wagen, eure Gesichter auf meinem Land zu zeigen, nachdem ihr mir meinen jüngsten …” Regis versuchte, ihn zu unterbrechen und den Wortschwall abzuschneiden. „Dom Felix, ich verstehe nicht. Ich habe Danilo vor einigen Tagen in Eurem eigenen Obstgarten zurückgelassen. Seitdem habe ich ihn nicht gesehen. Ich war krank …” Die Erinnerung an seinen Traum unter Drogen quälte ihn…, daß Danilo schlecht behandelt wurde, Angst hatte, Schmerzen…
„Lügner!” schrie Dom Felix. Sein Gesicht war rot angelaufen und sah vor Wut und Schmerz häßlich aus. „Wer außer dir…?”
„Jetzt reicht’s aber, Sir”, sagte Gabriel bestimmt und beherrscht. „Niemand redet so zu einem Erben der Hasturs. Ich gebe Euch mein Wort…”
„Das Wort eines speichelleckenden und kriecherischen Hasturs! Ich wage es, gegen diese schmutzigen Tyrannen meine Stimme zu erheben. Habt Ihr meinen Sohn als Euren …” Er schleuderte Regis ein Wort entgegen, gegenüber dem „Lustknabe” geradezu ein Kompliment war. Regis erbleichte unter der Wut des alten Mannes.
„Dom Felix… hört mich an …”
„Zuhören? Mein Sohn hat Euch zugehört. All Eure süßen Worte!”
Zwei Wachen ritten auf den alten Mann zu, ergriffen die Zügel seines Pferdes und hielten ihn fest.
„Laßt ihn los”, sagte Gabriel ruhig. „Dom Felix, wir wissen nichts von Eurem Sohn. Ich kam hierher mit einer Botschaft von Sir Kennard, die Danilo betrifft. Darf ich sie nun ausrichten?” Dom Felix gab sich solche Mühe, sich zu beherrschen, daß ihm fast die Augen herausquollen. „Sprecht, Kapitän Lanart, und die Götter mögen mit Euch umspringen, wie Ihr Comyn mit meinem Sohn umgesprungen seid.”
„Die Götter mögen dies tun und noch mehr, wenn ich oder die Meinen ihm Schaden zugefügt haben”, sagte Gabriel. „Hört die Botschaft von Kennard Lord Alton, Kommandeur der Wache:
,Sagt Dom Felix von Syrtis, es wurde bekannt, daß in diesem Jahr in der Wache ein schweres Unrecht geschehen ist, dessen vermutlich unschuldiges Opfer sein Sohn Danilo-Felix, Kadett Syrtis ist. Bittet ihn, seinen Sohn Danilo-Felix mit einer Begleitung seiner eigenen Wahl nach Thendara zu senden, um bei dem gründlichen Verhör von hochstehenden Personen, auch Comyn, die ihre Macht mißbraucht haben, als Zeuge aufzutreten.’” Gabriel hielt
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