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Hasturs Erbe - 15

Hasturs Erbe - 15

Titel: Hasturs Erbe - 15 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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bestimmt langer Zeit, in der er unter Halluzinationen herumwanderte und stolperte, wurde er sich bewußt, daß viel Zeit vergangen war, daß er eine Treppe hinabgefallen, daß die Flure lang waren, jedoch nicht Meilen lang, und daß sie nicht mehr mit geheimnisvollen Farben und stummen Tönen angefüllt waren. Als er schließlich auf einen hohen Balkon gelangte, wußte er endlich, wo er war.
Dämmerung lag über der Stadt vor ihm. Einmal im Verlauf der Nacht hatte er wie jetzt auf einem hohen Söller gestanden und gedacht, daß sein Leben niemandem nütze, weder den Hasturs noch ihm selbst, und daß er sich besser hinabstürzen solle, um es zu beenden. Dieses Mal kam ihm dieser Gedanke nur vage, wie ein Alptraum, wie einer jener schrecklichen Nachtmahre, aus deren Umarmung man schreiend und zitternd erwacht, die sich jedoch Sekunden später in Fragmente auflösen.
Er seufzte tief. Was nun?
Er sollte sich nun auf das Treffen mit seinem Großvater vorbereiten, der sicher bald nach ihm schicken würde. Er mußte etwas essen und schlafen. Kirian, hatte man ihm gesagt, verbrauchte so viel an physischer und psychischer Energie, daß man unbedingt mehr zu essen und mehr Schlaf benötigte. Er sollte zurückgehen und sich bei Lew Alton entschuldigen, der nur sehr zögernd getan hatte, worum Regis ihn angefleht hatte… Doch ihm wurde kreuzübel, wenn er daran dachte, was er tun sollte!
Er blickte über die Stadt, die sich vor ihm ausbreitete. Thendara, die alte Stadt, die Handelsstadt, das Hauptquartier der Terraner und der Raumhafen. Und die großen Schiffe, die dort warteten, bereit, zu einem unbekannten Ziel abzuheben. Was er wirklich tun wollte, war, zum Raumhafen gehen und die großen Schiffe aus der Nähe betrachten.
Schnell formte sich der Entschluß in ihm. Er war nicht für einen Gang nach draußen gekleidet, trug immer noch die Hausstiefel aus Filz, doch in seiner gegenwärtigen Stimmung spielte dies keine Rolle. Er war unbewaffnet. Na und? Terraner trugen keine Waffen. Er ging eine steile Treppe hinab und verlor die Orientierung, wußte aber nun, daß er bei Verstand war und nur weiter nach unten gehen mußte, um ins Erdgeschoß zu gelangen. Schloß Comyn war keine Festung. Es war eher für offizielle Zeremonien als für die Verteidigung gebaut worden. Das Gebäude hatte viele Tore, es war leicht, unbeobachtet hinauszuschlüpfen. Er fand sich wieder in einer dämmrigen Straße im Morgengrauen, die durch dichtgedrängte Häuser den Berg hinabführte. Er war hochgradig angespannt durch die Schlaflosigkeit nach dem langen Ritt gestern, doch der anregende Effekt des Kirian wirkte nach, und er fühlte sich nicht schläfrig. Hunger war schon etwas anderes, doch er hatte Geld dabei und war sicher, bald an einem der Gasthäuser vorbeizukommen, wo die Arbeiter vor Beginn ihrer Tätigkeit zu essen pflegten.
Dieser Gedanke erregte und reizte ihn wegen seiner Ungewöhnlichkeit. Er konnte sich nicht erinnern, jemals in seinem Leben vollständig allein gewesen zu sein. Immer war irgend jemand dagewesen, ihn zu bedienen, ihn zu schützen, ihm jeden Wunsch zu erfüllen: Kinderfrauen und Ammen, als er klein war, Diener und sorgfältig ausgesuchte Gespielen, als er älter wurde. Später gab es die Brüder im Kloster, wenn sie auch eher seine Wünsche verwarfen als erfüllten. Dies hier würde ein Abenteuer werden.
Er fand ein Gasthaus neben einer Schmiede und ging hinein. Der Raum war nur schwach mit Harzkerzen beleuchtet, doch es roch gut nach Essen. Kurz verspürte er Angst, daß man ihn erkennen könnte, doch was konnten sie schon mit ihm tun? Er war alt genug, allein umherzugehen. Außerdem würde man beim Anblick des blausilbernen Umhangs denken, er sei einer der Diener der Hasturs.
Die Männer an den Tischen waren Schmiede und Stallburschen, die heißes Bier, Jaco oder warme Milch tranken und Essen zu sich nahmen, das Regis noch nie weder gerochen noch probiert hatte. Eine Frau nahm Regis Bestellung entgegen. Sie blickte ihn nicht an. Er bestellte heißen Nußbrei und warme Gewürzmilch. Sein Großvater, dachte er mit Befriedigung, hätte einen Anfall bekommen.
Er bezahlte das Mahl und aß langsam, denn er spürte noch die Restwirkung der Droge, die beim Essen langsam verschwand. Als er hinausging, fühlte er sich besser. Jetzt war es heller, wenn auch die Sonne noch nicht aufgegangen war. Als er den Hügel hinabging, traf er auf wenig vertraute Häuser von fremdartiger Form und aus merkwürdigen Materialien. Er hatte

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