Hasturs Erbe - 15
meine Kiefer auf und flößte mir noch eine Dosis jener ätzenden roten Droge ein, und ich begann mich wieder in den Träumen zu verlieren, die keine Träume waren. Ich stand oben auf einer hohen Treppe, die immer weiter hinab in den flammenden Höllenschlund führte, und Marjorie stand mit der Sharra-Matrix in den Händen vor mir. Ihr Gesicht war leer und bleich, und die Matrix brannte wie Feuer in meinen Händen, brannte durch meine Hand hindurch. Unten wandten sich nur die Gesichter von Menschen zu, durchspülten mich wieder mit Wellen ungezügelter Emotionen, so daß ich auf ewig in einem Höllenfeuer aus Wut und Lust brannte, brannte, brannte …
Einmal hörte ich Thyra aufschreien: „Nein, nein, ich kann nicht! Ich will nicht!” Und dann war da ein schreckliches Weinen. Selbst am Totenbett ihres Vaters hatte sie nicht so geweint…
Und dann war ohne Übergang Marjorie in meinen Armen, und ich warf mich auf sie, wie zuvor schon einmal. Ich bedeckte sie mit verzweifelten, wahnsinnigen Küssen. Dankbar versenkte ich mich in ihre Wärme. Mein Körper und selbst mein Blut brannten, brannten; ich versuchte in einem einzigen Akt den Anfall von Wut und Lust, der mich quälte, abzuschütteln, der mich für Tage, Monate, Jahre, Ewigkeiten hilflos gemacht hatte … Ich versuchte, mich zu stoppen, merkte, daß eine Dimension von Realität hineingekommen war, die in den meisten anderen Träumen oder Halluzinationen nicht vorhanden gewesen war. Ich versuchte zu schreien. Wieder geschah es, diese Sache, die ich fürchtete und haßte, die ich begehrte… die ich nicht sehen wollte … ich war verantwortlich, persönlich verantwortlich für diese Grausamkeit und Gewalt! Es war mein eigener Haß, den ich nie zugelassen, nie zugegeben hatte. Diesen Haß benutzten sie und leiteten ihn durch mich hindurch! Ich war nicht mehr in der Lage, mich selbst aufzuhalten. Eine Welt des Wahnsinns erfaßte mich, riß unaufhörlich mit riesigen Klauen an mir. Marjorie weinte hilflos, und ich spürte ihre Furcht und ihren Schmerz in mir brennen, brennen … Blitze durchzuckten meinen Körper. Donner brüllte innerhalb und außerhalb einer Welt aus Lust und Wut in meinen Lenden… und es brannte, brannte …
Ich war allein. Erschöpft lag ich da, immer noch verstört von den Träumen. Ich war allein. Wo war Marjorie? Nicht hier. Dank den Göttern, nicht hier, nicht hier! Nichts davon war Wirklichkeit gewesen.
Geist und Körper ruhten sich aus, und ich schlief ein. Doch weit entfernt in der Dunkelheit weinte jemand…
23
„Dieses Mal ist es keine Schwellenkrankheit, Bredu”, sagte Regis und hob den Kopf über der Matrix. „Dieses Mal mache ich es richtig, aber ich kann nichts sehen außer… dem Bild, das mich schon auf dem Weg nach Norden überfiel. Das Feuer und das goldene Bild. Sharra.” Danilo sagte zitternd: „Ich weiß. Auch ich habe es gesehen.”
„Immerhin hat es mich dieses Mal nicht bewußtlos gemacht.” Regis bedeckte die Matrix. Jetzt überkam ihn dabei keine Übelkeit mehr, nur ein überwältigendes Gefühl geschärfter Wahrnehmung. Er könnte vielleicht auch Kennard erreichen oder jemand anders auf dem Arilinn, aber da war nichts, nichts außer dem großen, brennenden, geketteten Bild, das er als Sharra erkannte.
Irgend etwas Schreckliches ging in den Bergen vor sich.
Danilo sagte: „Ich glaube, jeder Telepath auf Darkover wird es inzwischen gemerkt haben, Regis. Unterhalten sie auf den Türmen nicht einen Wachdienst für so etwas? Du brauchst dich nicht schuldig zu fühlen, weil du es, allein und ohne Ausbildung, nicht schaffst.” „Ich fühle mich nicht eigentlich schuldig, aber ich mache mir entsetzliche Sorgen. Ich habe auch versucht, Lew zu erreichen. Und ich konnte es nicht.”
„Vielleicht ist er schon sicher auf dem Arilinn außerhalb ihres Machtbereichs.” Regis wünschte sich, er könnte es glauben. Seine Gedanken waren nun klar, und er wußte, die Krankheit würde nicht zurückkehren, doch das Wiedererscheinen von Sharras Bild machte ihm Sorgen. Er hatte Geschichten von außer Kontrolle geratenen Matrizes gehört, die meisten aus dem Zeitalter des Chaos, doch einige auch aus neueren Zeiten. Eine Wolke bedeckte die Sonne, und er zitterte vor Kälte.
Danilo sagte: „Ich denke, wir sollten weiterreiten, wenn du fertig bist.”
„Fertig? Ich habe noch nicht einmal angefangen”, sagte er kläglich und steckte die Matrix wieder in die Tasche. „Wir gehen weiter, aber laß mich erst etwas essen.” Er nahm
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