Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hasturs Erbe - 15

Hasturs Erbe - 15

Titel: Hasturs Erbe - 15 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
Vom Netzwerk:
Berührung durch Sharra geistig gesund bleiben?
Ich wagte nicht einmal, in meine Matrix zu blicken, um nachzuprüfen, ob hinter der unverminderten Gewalt des Sturmes etwas anders lag. Wenn Sharra entfesselt war und raste, uns zu sich zurückziehen wollte, war meine Matrix nutzlos, ja, schlimmer als nutzlos, nämlich tödlich gefährlich.
Ich fütterte die Pferde. Als ich zurückkam, schlief Marjorie immer noch. Mit den letzten Holzvorräten versuchte ich, ein Feuer zu entfachen. Auch das Essen wurde knapp, doch ein paar Tage Fasten würde uns nicht schaden. Schlimmer war der Nahrungsmangel für die Pferde. Als ich ein paar Kömer für Haferbrei aufsetzte, fragte ich mich, ob ich Marjorie geschwängert hatte. Ich hoffte es natürlich, doch der Gedanke versetzte mich auch in Panik. Evanda und Avarra, nicht jetzt, nicht jetzt! Diese Reise war ohnehin schwer genug für sie. Ich fühlte mich wie zerrissen. Aus tiefem Instinkt heraus hoffte ich, sie trage bereits ein Kind von mir, und dennoch hatte ich vor dem, was ich mir am meisten wünschte, Angst. Ich wußte natürlich, was zu tun war. In den Turmzirkeln ist Keuschheit außer für die Bewahrerinnen eine Unmöglichkeit, und dies erfordert seinen Zoll. Aber Schwangerschaft ist für die Frauen dort gefährlich, und man kann die Unterbrechung ihrer Zeit dort nicht riskieren. Ich vermutete, Marjorie würde schockiert und unwillig sein, wenn ich sie auf diese Weise zu schützen versuchte. Anders wollte ich sie auch gar nicht haben. Aber was sollten wir tun? Immerhin würden wir ehrlich und offen darüber reden. Es war ohnehin ihre Wahl. Hinter mir wälzte sich Marjorie unruhig im Schlaf und rief:
„Nein! Nein! Thyra, nein…” Sie saß kerzengerade da und hielt in wildem Entsetzen die Hände an den Kopf gepreßt. Ich lief zu ihr. Sie schluchzte angstvoll, doch als sie richtig wach war, konnte sie sich nicht erinnern, was sie gesehen oder geträumt hatte.
Tat Thyra ihr etwas an? Ich hegte keinen Zweifel, daß sie dazu fähig war, und ich hatte kein Vertrauen in ihre Skrupel. Auch nicht bei Kadarin. Ich wappnete mich gegen dieses verletzende Gefühl. Wir waren Freunde gewesen. Was hatte sie so verändert? Sharra! Wenn die Feuer von Sharra die Disziplin von Jahren auf dem Arilinn durchbrechen konnten, was würden sie dann einem unausgebildeten, wilden Telepathen antun? Marjorie sagte ein wenig neckend: „Du warst auch ein bißchen in Thyra verliebt, nicht wahr?” „Ich habe sie begehrt”, antwortete ich ruhig. „So etwas ist in einem engen Zirkel unvermeidbar. Es hätte mit jeder Frau passieren können, die mit mir in Kontakt tritt. Aber sie wollte es nicht. Sie kämpfte dagegen an. Ich zumindest wußte, daß es geschehen konnte. Thyra hat unter Mühe versucht, es nicht zu bemerken.”
Wie stark hatte dieser Kampf gegen sich selbst sie zerstört und verletzt? Hatte ich auch bei Thyra versagt? Ich hätte versuchen sollen, ihr zu helfen, sich damit auseinanderzusetzen, sich voll dessen bewußt zu werden. Ich hätte dafür sorgen müssen, daß wir alle - alle - so aufrichtig zueinander gewesen wären, wie es die Ausbildung erforderte, besonders als ich merkte, wohin uns unsere undisziplinierten Gefühle trieben - zu Wut, Gewalt und Haß. Wir hätten die Sharra niemals kontrollieren können. Aber wenn ich früher gemerkt hätte, was sich zwischen uns abspielte, hätte ich erkennen können, wie wir alle verändert und zerstört wurden.
Ich hatte bei allen versagt, bei meinen Verwandten und meinen Freunden, indem ich sie zu sehr liebte, um zuzulassen, daß sie sich mit dem verletzten, was sie selber waren. Das Experiment lag in Trümmern, so edel Beltrans Träume auch gewesen sein mochten. Und jetzt mußte die Sharra-Matrix, koste es, was es wolle, abgeschirmt und anschließend zerstört werden. Aber noch einmal: Was wurde aus denen, die sich Sharra verschworen hatten? Der Schnee fiel den ganzen Tag hindurch und die darauffolgende Nacht, und am nächsten Morgen schneite es immer noch. Hohe Schneewehen häuften sich um die Steingebäude. Ich hatte das Gefühl, wir sollten versuchen weiterzureiten, doch ich wußte gleichzeitig, daß dies Wahnsinn wäre. Die Pferde würden niemals durch diese Schneewehen gelangen. Doch wenn wir hier noch länger gefangen saßen, ohne Futter für sie, würden wir sie auch nicht mehr reiten können.
Es muß am nächsten Nachmittag gewesen sein - einige Vorgänge in dieser Zeit sind meinem Gedächtnis entschwunden -, als ich aus dem Schlaf

Weitere Kostenlose Bücher