Hasturs Erbe - 15
bis zu den Söhnen und der Pflegetochter. Er gab Zeiten, da hatte ich das Gefühl, Andres sei der einzige, der mich so wie ich war akzeptierte. Bastard. Halbblut Andres war das gleichgültig.
Jetzt fügte er hinzu: „Für die Disziplin ist es besser, zu spät zu kommen als pünktlich, aber unordentlich und ohne zu wissen, was zu tun ist. Bring dich in Ordnung, Lew, und ich meine nicht nur deine Uniform. Man gewinnt nichts, wenn man in mehrere Richtungen gleichzeitig loszurennen versucht.”
Ich ging ins Bad, nahm ein schnelles Frühstück ein und kleidete mich angemessen an, um den Blick von hundert und mehr Offizieren aushalten zu können, von denen jeder auf der Suche nach Fehlern war. Nun, sollten sie doch.
Andres fand die Stabslisten und die Dienstliste der Wache unter der Habe meines Vaters. Ich nahm sie und ging zur Wachhalle.
Die Haupthalle der Wache auf Schloß Comyn liegt auf der untersten Ebene. Dahinter liegen die Kasernen, Ställe, Waffenkammern und Paradeplätze. Davor führt ein verbarrikadiertes Tor hinab nach Thendara. Der Rest von Schloß Comyn läßt mich kalt, doch die großen Bogenfenster der Halle habe ich niemals ohne einen merkwürdigen Kloß im Hals ansehen können.
Als mein Vater mich zuerst hierherbrachte, war ich vierzehn Jahre alt und mir schon damals dessen bewußt, daß mein Leben aufgrund meiner Herkunft unsicher und zerrissen sein würde. Bevor er mich zu meinen Verwandten schickte oder jedenfalls zu denen, die er sich als meine Verwandten erhoffte - sie dachten darüber anders -, hatte er mir von einigen der Altons erzählt, die vor uns hierhergekommen waren. Zum ersten und fast zum letzten Mal hatte ich ein Zugehörigkeitsgefühl zu jenen alten Altons gespürt, deren Name einen gewichtigen Part in der Geschichte Darkovers gespielt hatte: Mein Großvater Valdir, der das erste Feuerlöschsystem in den Kilgard-Bergen organisiert hatte. Dom Esteban Lanart, der vor hundert Jahren die Katzenmenschen aus den Höhlen von Corresanti vertrieben hatte. Rafael Lanart-Alton, der als Regent eingesetzt wurde, als Stefan Hastur der Neunte in der Wiege gekrönt wurde, in jenen Tagen, bevor die Elhalyn Könige in Thendara waren. Die Wachhalle war ein riesiger gemauerter Raum mit Bogengängen und Steinboden, Rundsteine, die im Lauf der Jahrhunderte von den Füßen der Wachen abgewetzt worden waren. Das Licht drang merkwürdig gebrochen und in vielen Farben durch die Fenster, die von der Art und Weise waren wie man sie baute, bevor man Glasscheiben kannte. Ich zog die Liste, die Andres mir gegeben hatte, aus der Tasche und studierte sie. Auf dem obersten Blatt standen die Namen der Kadetten des ersten Jahrgangs. Der Name Regis Hastur stand als unterster darauf; offensichtlich war er später hinzugefügt worden. Verdammt, wo war Regis? Dann ging ich die Liste der Kadetten im zweiten Jahr durch. Man hatte den Namen von Oktavien Vallonde gestrichen. Ich hatte seinen Namen auch nicht erwartet, doch seine Anwesenheit hätte mich erleichtert.
Auf der Stabsliste hatte Vater seinen eigenen Namen als Kommandeur ausgestrichen und meinen eingesetzt, offensichtlich mit der rechten Hand und unter großen Schwierigkeiten. Ich wünschte, er hätte sich die Mühe erspart. Gabriel Lanart-Hastur, Javannes Mann und mein Cousin, hatte meine Stelle als zweiter Mann eingenommen. Er hätte den Kommandeursposten haben sollen. Ich war kein Soldat, nur ein Matrix-Techniker, und ich war entschlossen, am Ende dieses Dreijahres-Tumus, der nun vom Gesetz vorgeschrieben war, nach Arilinn zurückzukehren. Gabriel jedoch war der geborene Offizier. Er mochte den Dienst und war fähig. Auch war er ein Alton und hatte einen Sitz im Rat. Die meisten Comyn meinten, man hätte ihn als Kennards Erben einsetzen sollen. Doch wir waren auf irgendeine Weise Freunde, und ich wünschte, er wäre heute hier gewesen anstatt auf Edelweiß, wo er die Geburt von Javannes Kind erwartete.
Vater sah darin offensichtlich kein Problem. Er war in den alten Tagen über zehn Jahre lang Psi-Techniker in Arilinn gewesen, und doch war es ihm hinterher möglich, ohne irgendein schreckliches Gefühl von Dissonanz zurückzukehren und das Kommando der Wache zu übernehmen. Meine eigenen inneren Konflikte waren ihm offensichtlich nicht wichtig oder auch nur verständlich.
Waffenmeister war wieder der alte Domenic di Asturien, damals Kapitän, als mein Vater ein Kadett von vierzehn Jahren war. In meinem ersten Jahr war er Kadettenmeister gewesen und fast der einzige
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